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A Walk Through Hell 01: Das verlassene Lagerhaus

Der mehrfach Eisner Award-nominierte und -prämierte Comic-Autor Garth Ennis ist bekannt für zynischen Horror, ausufernde Gewalt und viel Blut. Zu den erfolgreichsten Serien des in Nordirland geborenen US-Amerikaners zählen zum Beispiel “Crossed”, “Preacher” und “The Boys”. Seine gesamte Bibliographie gibt aber noch zahlreiche andere Reihen, Miniserien und Bücher her: “Stitched”, “Rover Red Charlie” und viele weitere. Mit “A Walk Through Hell” ist nun ein etwas anderer Ennis via Cross Cult erschienen.

Zwei FBI-Agenten sind die Protagonisten der Geschichte: Der junge McGregor ist voller Tatendrang, während seine schon etwas erfahrenere Partnerin Shaw dem Burnout nahe ist und psychisch immer noch an ihrem letzten Fall um den mutmaßlichen Pädophilen Carnahan zu Knabbern hat. Nun kümmern sich die beiden daher erst einmal um etwas kleinere Fische.
Am Tag vor Weihnachten bekommen sie die Nachricht, dass zwei ihrer Kollegen — Hunzikker und Goss –, mit denen sie zusammen an einem Schmuggler-Fall arbeiten, in einer Lagerhalle in Long Beach verschollen sind. Als sie dort ankommen, hat das SWAT-Team die Halle schon gestürmt, sie aber nach nur wenigen Sekunden verstört wieder verlassen und von “Grauen” und “starkem Unbehagen” berichtet.
Schließlich gehen Shaw und McGregor trotz der Warnungen selbst in das Lagerhaus, um nach ihren Kollegen zu suchen. Kurz darauf finden sie sich auf einem surrealen Horror-Trip wieder, bei dem scheinbar auch der Carnahan-Fall wieder eine Rolle spielt…

© Cross Cult“Horror” meint in diesem Fall weniger das Blutige und Brutale, obwohl es schon auch die eine oder andere entsprechende Szene gibt. Vielmehr geht es hier aber um Psycho-Horror: Man wacht nach (vermutlich) kurzer Abwesenheit in der Dunkelheit auf, weiß nicht, ob man Drogen eingeflößt bekommen hat und (gemeinsam dasselbe?!) halluziniert. Bestimmte Naturgesetze scheinen jedenfalls nicht zu gelten, Totgeglaubte werden gesichtet, es plagen einen die Geister der Vergangenheit und die verstörende Gegenwart.
Der Comic kommt ohne Erklärungen aus und enthält daher kaum Off-Texte. Stattdessen setzt man als Leser immer wieder mitten in laufenden Szenen auf, Dialoge in die man sich dann zuerst hineinfinden muss. Das macht das Buch zu einem, das man schon sehr aufmerksam lesen muss. Das zeitweilige Gefühl, nicht ganz durchzublicken, muss man immer wieder zur Seite schieben und darauf vertrauen, dass sich die Fragezeichen im Verlauf auflösen — was aber auch tatsächlich passiert, zumindest, soweit das Ganze bis hierher klar sein soll.
Auf der anderen Seite gewinnt die Story durch diese Erzählweise einiges an Lebendigkeit und Realität. Übrigens wechselt die Geschichte immer wieder zwischen zwei Zeitebenen: Zum einen natürlich die Gegenwart im Lagerhaus, zum anderen wird Stück für Stück immer wieder gezeigt, was damals im Carnahan-Fall passiert ist.

© Cross Cult

Im Buch enthalten sind die ersten sechs Ausgaben der originalen Heft-Reihe, die in den USA auf dem Independent-Verlag AfterShock Comics veröffentlicht wurde — und gerade noch wird. “A Walk Through Hell” ist auf insgesamt 12 Ausgaben ausgelegt, von denen das letzte Heft demnächst erscheinen wird. In Deutschland wird das von Cross Cult für den Herbst angekündigte zweite Buch das Kapitel-Dutzend voll machen und somit die Serie abschließen.
Als Bonusmaterial gibt es einige (Variant-)Covers der ersten US-Heftausgabe, einige Skizzen des Zeichners — dem Kroaten Goran Sudzuka (“Y: The Last Man”, “Ghosted” u.a.) — und drei “vom Skript zur fertigen Seite”-Beispiele.

So ganz ist nach dieser ersten Hälfte noch nicht klar, wohin sich das Drama um die beiden FBI-Agenten entwickeln wird. Doch auch wenn eingefleischte Ennis-Fans enttäuscht sein mögen, das Buch macht definitiv Lust auf den Rest: Die Charaktere werden ordentlich entwickelt und passen, die Szenen wirken sehr filmisch, die Zeichnungen und die Kolorierung treffen den richtigen Ton. Klare Leseempfehlung für alle, die Horror-, Mystery-, Thriller-Titel mögen! — und mindestens 16 sind, wie es auf dem Buchdeckel heißt…

Eine Leseprobe findet ihr auf der Verlagsseite zum Buch bei Cross Cult.Viele weitere Comic-Reviews findest Du übrigens in unserem alphabetischen Index

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Über den Autor des Beitrags

Gerald

Hört so ziemlich alle Genres querbeet, von Heavy bis Electro, von Folk-Pop über World und Rock bis Hip-Hop. Ehrliche, handgemachte Musik ist aber noch die beste und Radio-Rotation ist evil. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Ist zudem hauptsächlich für unsere Comic-Abteilung verantwortlich und spielt hin und wieder auch gerne mal an der (Nintendo-)Konsole.

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