Outcast 01: Im Reich der Finsternis
Nach der (seit 2011 und immer noch laufenden) für Kinder konzipierten Comic-Serie “Super Dinosaur” und der (ebenfalls noch laufenden) Ganoven-Serie “Dieb der Diebe”, kümmert sich “The Walking Dead”-Schöpfer Robert Kirkman mit seiner neuen Reihe “Outcast” nun um Hölle und Dämonen und landet, soviel gleich vorweg, wohl wieder einen Volltreffer.
Im Mittelpunkt der Geschichte steht Kyle Barnes. Seit Jahren vegetiert er schon zurückgezogen in seinem vermüllten Haus vor sich hin und will von nichts und niemandem etwas wissen. Immer wieder plagen ihn Erinnerungen an Erlebnisse, die sein ganzes Leben veränderten: Zuerst war seine Mutter von einem Dämon besessen, später dann auch seine Ehefrau.
Als Kyle seine Halbschwester ausnahmsweise und auch nur widerwillig zum Einkaufen begleitet, begegnet er zufällig Reverend Anderson. Der Pfarrer ist sehr um die kleine Gemeinde bemüht, arbeitet aber nicht gerade auf alltägliche Weise. Die Kirchenkasse wird schon mal beim Pokerspiel im verrauchten Kämmerlein aufpoliert, und wo nötig werden Schäfchen der Gemeinde mit Bibel und Weihwasser Dämonen ausgetrieben.
Anderson kann gerade dringend Hilfe in einem Fall mit einem Besessenen gebrauchen und Kyle plagen zunehmend Fragen, warum gerade in seiner Umgebung so viele Menschen vom Teufel vereinnahmt werden. Nach all den Jahren, möchte er endlich Antworten und schließt sich daher mit dem Reverend zum Exorzisten-Duo zusammen.
Nun ist das Thema natürlich nicht neu. Klassiker wie “Der Exorzist” und “Das Omen” lassen grüßen. Aber auch moderne Varianten – z.B. die TV-Serie “Supernatural”, in der es die Winchester-Brüder immer wieder mit Dämonen zu tun haben, die, wie hier auch, den “Patienten” nach erfolgreicher Behandlung schließlich in Form einer schwarzen Wolke durch den Mund verlassen.
Als richtiges Argument auf der Negativseite zählt das aber nicht. Schließlich wurden Zombies auch nicht erst mit “The Walking Dead” erfunden. Wenn die Erzählweise, die Charaktere und das Drumherum stimmen und das Ganze irgendwie einen neuen Ansatz oder eine neue Perspektive oder ähnliches bietet, fühlt sich so eine Geschichte schließlich nicht wie ein Abklatsch an.
Das Tolle ist, dass einen “Outcast” gleich mit den ersten Seiten packt. Und das, obwohl – oder womöglich gerade weil – Kirkman nicht mit heftiger Horror-Action ködert, sondern sich massig Zeit lässt, die Szenerie und die Personen vorzustellen – zur Kleinstadt-Umgebung passendes Erzähltempo also. Nur wenige Schocker-Szenen sind zu sehen. Und ich bin mir noch nicht einmal sicher, ob der Begriff überhaupt passt. Vieles bleibt schließlich der Phantasie des Lesers überlassen.
Einen nicht unerheblichen Anteil an der großartigen Wirkung haben natürlich auch die von Zeichner Paul Azaceta zu Papier gebrachten Bilder mit viel Schwarz und spannenden Perspektiven. Auch die Farben – mit eingeschränkter, aber immer perfekt zur Szenerie passender Palette – von Elizabeth Breitweiser machen das Buch optisch zu einem Leckerbissen.
Was Kyle Barnes zum Ausgestoßenen – zum Outcast – macht und was das bedeutet, ist noch nicht ganz klar. Deutlich scheint dagegen, dass mit “Outcast 01: Im Reich der Finsternis” wieder eine starke Kirkman-Serie begonnen hat.
Auch das US-Fernsehen ist wieder darauf angesprungen: der Pay-TV-Sender Cinemax hat für 2016 eine 10-teilige Serie angekündigt. Bei uns geht es aber im Dezember zunächst einmal mit dem zweiten Comic-Band weiter. Wir dürfen – auf beides, denke ich – sowas von gespannt sein!
Eine Leseprobe mit ein paar Seiten findet ihr auf der Verlagsseite zum Buch bei Cross Cult.Viele weitere Comic-Reviews findest Du übrigens in unserem alphabetischen Index…