Die packende Geschichte um das Pelikan-Protokoll geht in die zweite Phase. Während in Band 1 zunächst gezeigt wurde, wie überall auf der Welt Leute gefangen genommen und für ein groß angelegtes Experiment in ein Hochsicherheitsgefängnis gebracht wurden, startet der zweite Teil nun mit Szenen von deren Freunden, Verwandten, Bekannten und Nachbarn, die das plötzliche Verschwinden bemerken und erleben.
Besonderer Fokus liegt dabei auf dem Bruder der rebellischen Isabel (“Einheit 4”). Er befürchtet immer mehr, dass seine kriminellen Freunde Recht und seine Schwester ihn im Stich gelassen haben könnte. So droht ihm immer mehr ein erneutes Abrutschen in das Milieu und den Drogenkonsum.

Durch die Erzählung dieser Nebenhandlung wird immer wieder verdeutlicht, in welcher verzweifelten Lage sich die Gefangenen befinden – Isabel beispielsweise ahnt ja, dass ihr Bruder ohne sie Probleme bekommt. Aber natürlich wird auch das Protokoll weiter fortgeführt – die zweite Phase beginnt.

Es werden weiter psychologische Versuche an den Gefangenen durchgeführt. Beispielsweise das nach Solomon Asch benannte “Asch-Experiment”: es wird geprüft, wer sich dazu verleiten lässt, bei einem Test offensichtlich falsche Antworten zu geben, weil das Forscherteam diese falsche Antwort als die von der Mehrheit gewählte ausgibt. Die Frage dahinter also: wer unterwirft sich der vorherrschenden Meinung, auch wenn der gesunde Menschenverstand sie eigentlich sofort als falsch erkennt? Wer hat Angst vor Abweichung?
Ebenso im Blickpunkt ist dabei der Effekt der “kognitiven Dissonanz” (ein Begriff, der von Leon Festinger geprägt wurde). Die Versuchsperson verteidigt dabei, auch vor sich selbst, eine falsch getroffene Entscheidung, um damit die Entscheidung innerlich zu rechtfertigen.

© für die deutsche Ausgabe: Splitter Verlag

© für die deutsche Ausgabe: Splitter Verlag

Was die Hintergründe dieser Tests sind? Wofür die detaililerte Kartografie der Psyche dieser sehr unterschiedlichen Personen gut sein soll? Ist es vielleicht so wie Phillip, einer der Gefangenen sagt, dass sie eingesperrt sind, weil man Angst vor ihnen hat? Über das alles kann man weiterhin nur mutmaßen. Immer noch ist undeutlich, wohin sich die Geschichte in den beiden noch ausstehenden Bänden entwickeln wird.

Neben dem ganzen “Psycho-Kram” kommt es zu einer überraschenden Entwicklung: als Isabel in ihrer Zelle aufwacht, bemerkt sie, dass ihre Zellentür offen ist. Ein technischer Defekt? Jedenfalls eine gute Gelegenheit! Zumal auch alle anderen Zellen geöffnet sind und weit und breit kein “Kamerad” (zur Erinnerung: so werden die Wärter genannt) zu sehen ist…
Vom weiteren Verlauf dieser Geschichte darf ich hier natürlich nichts schreiben, um euch den Lesespaß nicht zu verderben. Es sei zum Schluss noch erwähnt, dass auch der zweite Band mit einem Cliffhanger, überraschender und stärker als der vom ersten Band, endet.

Mit “Pelikan Protokoll 02: Zweite Phase” wird die Story also spannend weitergeführt. Mir gefällt die Serie außerordentlich gut, wobei das Thema bei mir auch direkt einen Nerv trifft. Nach wie vor gibt es viele Fragezeichen – und jetzt müssen wir schon wieder auf den nächsten Band warten, in der Hoffnung, wieder etwas mehr zu erfahren. Aber genau das macht doch den Reiz einer solchen Serie aus, oder?

Eine Leseprobe mit mehreren Seiten und größeren Grafiken gibt es beim Splitter Verlag:
http://www.splitter-verlag.eu/pelikan-protokoll-bd-2-band-2.htmlViele weitere Comic-Reviews findest Du übrigens in unserem alphabetischen Index…

Über den Autor des Beitrags

Gerald

Hört so ziemlich alle Genres querbeet, von Heavy bis Electro, von Folk-Pop über World und Rock bis Hip-Hop. Ehrliche, handgemachte Musik ist aber noch die beste und Radio-Rotation ist evil. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Ist zudem hauptsächlich für unsere Comic-Abteilung verantwortlich und spielt hin und wieder auch gerne mal an der (Nintendo-)Konsole.

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