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Sex 01: Ein steifer Sommer

Ob der für einen Comic ziemlich direkte Titel (und der Untertitel erst!) verkaufsfördernd ist, oder vielleicht doch eher das Gegenteil bewirkt, da bin ich mir nicht ganz sicher. Schließlich wurde ich auch erst an der Stelle hellhörig, als ich im Promotext “Brillant! Für alle Fans von Watchmen!” las.

Sex 01 - Ein steifer Sommer - Seite X - Tribe Online MagazinSchließlich gibt es eine Rahmenhandlung, die in sofern an Alan Moores Klassiker erinnert, weil auch hier der Superheld gar nicht so superheldenhaft dargestellt wird. In diesem Fall liegt das daran, dass Simon Cooke seine Helden-Karriere an den Nagel gehängt hat. Früher hat er als “Der Kettenheilige” die Schurken in Saturn City aufgemischt – darunter so interessante Namen wie “Der Possenreißer” oder “Der Knochensammler”. Nach seinem Entschluss ein anderes Leben zu führen und einem Sabbatjahr kommt er nun zurück in die Stadt und versucht, sich wieder als Geschäftsführer der Cooke Company, seines eigenen Groß-Unternehmens, einzubringen.
Das gelingt ihm nur mäßig und zudem hat er auch Probleme, sein privates Leben einfach ganz normal zu führen – schließlich war er die vergangenen zwölf Jahre nicht in der Situation, ein normales Leben führen zu “müssen”.
Während sein Freund und früherer rechtlicher Beistand, der Anwalt Warren Azoff, versucht, Cooke die Vorzüge des ausgelassenen Privatlebens schmackhaft zu machen, läuft dieser immer wieder der schönen Annabelle Lagravenese, früher als “Schattenluchs” Kontrahentin des Kettenheiligen, jetzt Leiterin eines Nachtclubs im Freiheit-Distrikt der Stadt, über den Weg. Und es knistert natürlich zwischen den beiden.

Die übrig gebliebenen kriminellen Oberelemente von Saturn City breiten sich derweil vor allem im Stadtteil Suffer Town aus und schmieden dort ihre dunklen Pläne. Unter ihnen z.B. die geschniegelten “Alpha-Brüder” und der komplett entstellte und gewissenlose und abgründig böse “Alte Herr”.

Klingt ein bisschen nach ‘nem Alkoholiker, der trocken werden will, während er in seiner Lieblingsbar abhängt…Im geheimnisvollen 13. Stock des Firmenhochhauses schwelgt der Ex-Held in Erinnerungen.

An der Story gibt es natürlich einige Dinge, die an andere Comic- und Literatur-Vorlagen erinnern. Cooke hat durch seinen Status als Reicher Unternehmer, der aber an der Firma gar nicht so sehr interessiert ist, etwas von Batman. Und im 13. Stock des Firmen-Gebäudes gibt es auch so etwas wie seine ehemalige Batcave. Zudem hat Lagravenese alleine durch ihre Art etwas von Batwoman, und im früheren Helden-Leben von Cooke schien es mit der Figur Quinn (über die man hier noch nicht so viel erfährt) eine Art “M” (Vgl. Bond) gegeben zu haben.

Sex 01 - Ein steifer Sommer - Seiten X Y - Tribe Online MagazinDie optische Gestaltung mit den eigenwilligen Farben ist rundum gelungen, die Action-Szenen sind effektvoll mit Motion-Blur versehen. Zudem hat mir die Umgebung, in der die Geschichte angelegt wurde, sehr gut gefallen: eine moderne aber verkorkste Stadt mit Helden und Schurken im Ruhestand und anderen Kriminellen, die die dadurch entstandenen Lücken mit Freude auffüllen.
Besondere Spannung bringt schließlich ein Handlungsstrang hinein, in dem ein junger Nacheiferer des Kettenheiligen, nun enttäuscht von seinem pensionierten Vorbild, mit seinen Hacker-Fähigkeiten versucht, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen.

Tja, und daneben gibt es dann natürlich auch die Sex-Komponente, die zwar, wie ich finde, zum Glück, nicht allzu ausgiebig eingestreut ist, die aber doch einen entscheidenden Teil ausmacht und dabei irgendwie fast aufgesetzt wirkt. Es wäre einfach nicht notwendig gewesen, diesem Teil (harhar!) so viel Bedeutung zuzumessen, dass er sogar titelgebend ist.

“Sex 01: Ein steifer Sommer” ist also ein durchaus sehr unterhaltsamer und spannender Post-Kostümhelden-Comic im Stile zwischen Watchmen und Batman, der auch Lust (hoho!) auf eine Fortsetzung macht. Die Story zwischen pensionierten, einstigen Gegnern, sich nun austobenden Bösewichten und aufsteigendem Erben des früheren Helden funktioniert prima! Befremdlich wirken nur die sehr expliziten Szenen, die den Comic zu seinem Titel bringen – auch einfach weil die Story darauf ersatzlos hätte verzichten können.

Eine Leseprobe mit ein paar Seiten findet ihr bei mycomics.de – die angesprochenen, expliziten Szenen sind da nicht enthalten.Viele weitere Comic-Reviews findest Du übrigens in unserem alphabetischen Index

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Über den Autor des Beitrags

Gerald

Hört so ziemlich alle Genres querbeet, von Heavy bis Electro, von Folk-Pop über World und Rock bis Hip-Hop. Ehrliche, handgemachte Musik ist aber noch die beste und Radio-Rotation ist evil. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Ist zudem hauptsächlich für unsere Comic-Abteilung verantwortlich und spielt hin und wieder auch gerne mal an der (Nintendo-)Konsole.

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