Sherlock Holmes: Crime Alleys
Mit seinen ersten beiden Holmes-Pastiches “Sherlock Holmes & die Vampire von London” und “Sherlock Holmes & das Necronomicon” hatte sich Cordurié sozusagen um das hintere Ende des Holmes-Kosmos gekümmert. Die Geschichten setzten auf, nachdem Sir Arthur Conan Doyles Held in den Reichenbachfällen eigentlich seinen Tod gefunden hatte.
Mit dem Untertitel “Crime Alleys” lässt derselbe Autor nun darauf eine Geschichte folgen, die am anderen Ende ansetzt und folglich von den Anfängen des Meisterdetektivs erzählt.
1876 lebt Holmes in einer Londoner Wohngemeinschaft. Allerdings noch nicht mit seinem späteren Freund Dr. Watson, sondern mit dem österreichischen Violinisten Ron Jantscher, der auf seinem Gebiet ähnlich begabt ist, wie Holmes auf seinem. Zum Zeitvertreib beschäftigt sich Holmes damit, Hinweis-Briefe zu aktuellen Fällen an Scotland Yard zu schreiben – allerdings ohne mit seinem richtigen Namen zu unterzeichnen.
Als aber nach einer Reihe von Entführungen aus dem elitären Teil der Gesellschaft – Künstler, Mediziner, usw. – vor Holmes’ Augen auch Ron gekidnappt wird, kommt er über Inspektor Colin Pike, seinen Kontakt bei der Metropolitan Police, dann doch ganz plötzlich an einen offiziellen Job als Polizei-Berater.
In den immer wieder eingestreuten Szenen aus der Unterwelt, wird derweil immer klarer, dass (natürlich) der Name Moriarty hinter den Entführungen steckt – allerdings gleich im Doppelpack, mit den Brüdern James und Henry. Doch welchen perfiden Plan schmieden die beiden? Und wie können sie aufgehalten werden?
Vor allem entfliehe ich gern der Langeweile und dazu ist mir beinah jedes Mittel recht.Holmes zum Angebot des Berater-Jobs bei Scotland Yard
Wie schon in den Vorgänger-Bänden wird auch in dieser Geschichte das reine Detektiv- und Krimi-Genre durch weitere Einflüsse angereichert. Im Vergleich zu den Vampiren und zum Necronomicon ist diesmal allerdings nicht so sehr das Mystische zu spüren (auch wenn der düstere High Lord auch hier seinen Auftritt hat), sondern eher ein bisschen Science-Fiction.
Inhaltlich ist zu beachten, dass Cordurié auch in diesem Buch Holmes nicht so sehr detektivisch und analytisch definiert, wie das z.B. in der TV-Adaption der BBC (“Sherlock”) der letzten Jahre ganz extrem der Fall war. Stattdessen werden hier und da einige actionreiche oder auch etwas grausigere Szenen gezeigt, und Holmes muss sich schon auch mal im Nahkampf beweisen.
Während Cordurié bei seinen Holmes-Büchern bisher mit Zeichner Krstić-Laci zusammengearbeitet hatte, stammt dieses aktuelle Werk aus der Feder von Alessandro Nespolino. Im direkten Vergleich sind stilistische Unterschiede zu erkennen. Insgesamt ist die Bebilderung aber recht ähnlich – und somit ebenso gut – gelungen.
Bei “Sherlock Holmes: Crime Alleys”, das als Splitter-Double die beiden Bände “Le premier problem” und “Vocations forcées” des französischen Originals vereint und in dieser Ausgabe somit eine abgeschlossene Geschichte bietet, dürfen Holmes-Fans erneut keinen allzu großen Wert auf die geistige Arbeit des Protagonisten legen.
Wer die vorigen Bücher des Autoren mochte, wird aber ganz klar auch dieses gerne lesen. Durch den klugen und sehr spannenden Aufbau der Story sollte außerdem jeder Freund guter Krimi-Geschichten seinen Spaß daran finden.
Eine Leseprobe mit den ersten paar Seiten findet ihr auf der Verlagsseite zum Buch bei Splitter.Viele weitere Comic-Reviews findest Du übrigens in unserem alphabetischen Index…