Dubioza Kolektiv
Jazzhaus Freiburg, 13.10.2014
Der Name der bosnischen Band sagte mir bis letzte Woche überhaupt nichts. Am vergangenen Montag Abend (13.10.2014) brannte sich der Name dann aber zusammen mit einer so intensiven wie positiven Erinnerung in mein Gehirn ein. Doch der Reihe nach…
Die acht Mannen von Dubioza Kolektiv spielen eine Mischung aus Balkan, Rock, Punk, Reggae und Dub – mal zur puren Unterhaltung, mal ziemlich politisch, kritisch, provokant. Ihr aktuelles Album wurde vom Faith No More-Bassisten herausgebracht und 2011 gab es eine Nominierung für die MTV European Music Awards. Das war so ziemlich mein gesamtes Promotext-Halbwissen, als ich zum Konzert fuhr. Während dessen ging mir eine Frage nicht aus dem Kopf: Wie zur Hölle passen acht Musiker, die ja sicher nicht nur fröhlich schunkeln wollen, auf die Jazzhaus-Bühne?
our music is for free / you can download MP3 / keep it playing on repeat / if you hate it press ‘delete’Zitat aus dem Pro-Sharing-Song “Free”
Im Gewölbekeller angekommen, schien sich dieses Rätsel aber zumindest teilweise schnell zu lösen. Die Abstands-Tische vor der Bühne waren verschwunden. Stattdessen gab es dort nun einen festen Bühnen-Vorbau, auf dem auch die Monitor-Boxen (vorher auf der Bühne) platziert waren. Die Bühne wirkte direkt größer… Leider bekam ich beim Blick auf das Bühnen-Equipment gleich die nächste Denksport-Aufgabe: Warum muss der Arme Drummer hinter eine Plexiglas-Wand sitzen?… Egal, ich war ja nicht zum Grübeln hier.
Eine weibliche Computer-Stimme leitete dann um 20:30 Uhr in gebrochenem Deutsch das Konzert ein: “Sie haben zu springen, zu tanzen, mit dem Kopf nicken im Takt” – was wir übrigens alles den europäischen Normen zu verdanken hätten. Die dringende Empfehlung der Stimme, das Konzert mit Marijuana-Konsum zu verbinden, dürfte dagegen weniger mit der Politik in Brüssel zu tun gehabt haben. Mit dem dezenten Hinweis “Applause erforderlich!” kam das Intro schließlich zum Schluss, und die Band stürmte die Bühne…
Please, people, respect the german minority tonight!Frontmann Almir Hasanbegović, nachdem klar ist, dass wohl viele die Ansprachen in seiner Heimatsprache verstehen.
Ich zählte nochmal durch – rechts außen einer an einer Art Mischpult, etwas zentraler der Bassist und der Schlagzeuger in seiner “Hannibal Lecter”-Zelle. Das Mittelfeld bestand aus den beiden Vokalisten und dem Saxophonisten. Dann auf dem linken Flügel noch DJ und Gitarrist. Tatsächlich, sie waren zu acht! Aber sorry, ich bin zwischenzeitlich ins Fußball-Deutsch verfallen – muss daran liegen, dass die Herren praktisch uniformiert in schwarz-gelben Trikot-ähnlichen Outfits ankamen (natürlich ohne BVB-Zusammenhang).
Dann ging die Show richtig los. Hauptsächlich die beiden Sänger und der Mann am Saxophon machten ordentlich Wirbel. Die Musik und die lockere Stimmung waren extrem ansteckend, so dass auch das Publikum schnell Fahrt aufnahm – zumal viele wohl das Material der Band kannten. Für den Fall, dass das Publikum mal vergessen könnte, Lärm zu machen, hatte die Combo auch ein großes “Applause”-Schild dabei, das zwischen den Stücken mal ab und an über die Bühne getragen wurde.
Neben viel Fan-Nähe zeigte die Truppe mit ihrem Song “Free” (von der gerade erschienenen EP “Happy Machine”, die von der Band-Website gratis heruntergeladen werden kann) und einer “Support Pirate Bay”-Fahne auch ihre Verbundenheit mit den Musik-Sharern.
Mal abgesehen von einer Goldschnipsel-Kanone wurde auf Effekte eher verzichtet. Dafür setzte man auf ein bewegliches Publikum. Eines der Highlights war, als die Menge aufgefordert wurde, sich komplett auf die eine Seite des Saales zu begeben, nur um dann zusammen mit der Band beim nächsten Song immer wieder von links nach rechts und wieder zurück zu hoppeln.
Danke schön. Bitte schön. Gern gescheh’n. Nach ausgiebigen Programm von knapp zwei Stunden war die Party aus. Fazit: Dubioza Kolektiv sind eine richtig gute Live-Band! Macho-Gehabe? Geldgier? Ego-Posen? Gangster-Gehabe? Nein, da hat die Promo wirklich recht, all das findet man bei Dubioza nicht. Stattdessen aber einen sympathischen Haufen zum ordentlich Abfeiern. Die Tatsache, dass man am Merch-Stand keine CDs gefunden hat, stellte auch klar, dass sie ihre Musik auch am liebsten auf diesem Weg unter’s Volk bringen wollen.
Also, frei nach der Robo-Dame aus dem Konzert-Intro: Der Besuch eines Dubioza-Euronorm-Rockkonzertes wird dringend empfohlen!
Für das Rätsel um den Plexiglas-Käfig des Drummers habe ich im Netz übrigens im Nachhinein die Erklärung gefunden, dass das für eine bessere Akustik sorgen soll… ;)