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Ezio (Duo), Support: Marcel Grein
19.12.2015 im Jazzhaus Freiburg

Für den vergangenen Samstag (19. Dezember 2015) hatten sich mal wieder Ezio Lunedei und Mark “Booga” Fowell für ein Konzert im Freiburger Jazzhaus angekündigt. Wer die zwei kennt weiß welche ansteckende Mischung aus Gitarren-Virtuosität, großartiger Beinahe-Hits und schließlich feinster Stand-Up-Comedy ihre Auftritte bieten.
Wer sie nicht kennt wurde dagegen vermutlich einfach immer noch nicht von der Mund-Propaganda erfasst, die das selbsternannte “No-Hit-Wonder” aus Cambridge letztendlich seit mittlerweile gut zwei Jahrzehnten regelmäßig durch gut gefüllte Venues in Europa (hauptsächlich England und Deutschland) touren lässt. Mit “The Angel Song” und etwas Airplay klopfte Ezio zwar mal an der Pforte, die sie zu einem wesentlich größeren Publikum bringen sollte, einen wirklichen Durchbruch gab es aber nie – was zumindest für ihre Fans vermutlich auch besser so war.

Auch der Gewölbekeller des Jazzhaus wurde immer wieder gerne im Tourplan berücksichtigt. Dass Bands auf ihren Konzerten ihre Verbundenheit zur jeweiligen Stadt bekunden, ist natürlich ganz normal. Bei Ezios “ich denke, es ist nicht übertrieben, wenn ich sage, dass dieser Ort einer unserer liebsten ist” kann man aber wohl von etwas mehr Ehrlichkeit als gewöhnlich ausgehen, auch wenn gleich darauf gescherzt wurde: “Wir kommen seit 20 Jahren hierher… was für einen 27-Jährigen wie mich beachtlich ist.”.
Jedenfalls hatte ich selbst schon einige tolle Konzerte mit Ezio erlebt. Mal mit der gesamten Band (mit Lidia am Bass, Alex am Schlagzeug und dem “Reverent” am Keyboard), mal wie nun als Gitarren-Duo. Vier oder fünf Abende dürften im Jazzhaus so zusammengekommen sein, mit beständigen Elementen wie Ezios Unterhalter-Qualitäten, einigen Stücken zum Mitsingen und Mitmachen (allen voran sicher “The Further We Stretch”), wilden Jams und “Booooogaaaa”-Rufen zu irrsinnigen Soli. Nun wollte ich mal sehen, was davon die Jahre überdauert hatte…

Zu hören gab es zunächst den Hamburger Musiker Marcel Grein, Marke Singer/Songwriter, der, wie er sagte, auch mal eine Zeit lang in seiner zweitliebsten Stadt Freiburg gewohnt hat. Nur mit einer Akustikgitarre und einer großartigen Stimme ausgestattet, spielte er das rund halbstündige Vorprogramm im schon gut gefüllten Saal. Ein durchweg sehr ruhiges und gefühlvolles Set aus einem Repertoire mit sowohl englischsprachigem als auch deutschsprachigem Anteil. Zusätzlich mit einer Harp am Mund gab der große Fan von Ryan Adams außerdem eine wunderschöne Coverversion von “Come Pick Me Up” zum Besten.

Da ein großer Umbau verständlicherweise nicht notwendig war, kamen Ezio und Booga nur kurz nach Marcel Grein auf die Bühne. Und wie man das erwarten konnte, führte die Setlist zu einem großen Teil Songs des 1995er-Debütalbums “Black Boots On Latin Feet”. “Wild Side” und “Steal Away” wurden genauso gespielt wie “Thousand Years”, “30 And Confused” und “Just To Talk To You Again”.
Die alten Songs kommen beim Publikum eben immer noch am besten an, wie Ezio auf der Straße selbst erfahren musste, als ihn ein Fan ansprach und ihm ziemlich direkt mitteilte, dass er die alten Sachen einfach besser fand. “Well, that was… helpful?!”. Zu erkennen war das aber besonders auch, als das Publikum sich von den ersten Tönen zu “Everybody Forgets Sometimes” hat aufs Glatteis führen lassen und losjubelte – weil das Gezupfe einfach ziemlich arg nach “The Angel Song” klingt.

Being famous on Facebook is like being rich in Monopoly.Weisheit des Abends

Auf “The Further We Stretch” mussten die Fans natürlich noch etwas länger warten. Schließlich war das, wie Ezio flachste, einer der Songs, der eigentlich ein unglaublich lukrativer Hit für die Band hätten werden sollen, so dass sie hätten an anderen Orten auftreten können. Die Freiburger quittierten das zunächst mit liebevoll-neckischen “Buh”-Rufen, freuten sich aber insgeheim schon auf das Mitsingen und das Mittanzen des “special dance” zum eingängigen Refrain des Stücks.

Ansonsten bot das Comedy-Programm eine Elvis-Imitation (Ozzy Osbourne kann er auch sehr gut, passt aber nicht so gut bei “Deeper”), eine Abhandlung über mangelhaft verarbeitete deutsche Autos, die wahren Qualitäten der Deutschen (“see, this is what you’re good at: being organized” als Reaktion auf eine Gedankenstütze aus dem Publikum) und Ezios Fortschritte beim Erlernen der deutschen Sprache per einfachem Klick mit einer Sprach-App. Da er immer das Klicken vergäße, wäre er aber noch nicht sonderlich weit gekommen. Für die wirklich wichtigen Wörter wie “Sauerstoff”, “Wasserstoff” und vor allem “Grippe” und “Tripper” reichte es aber durchaus schon.

Ich werde euch ein Geheimnis des Show-Business erzählen: wir tun nachher so, als wären wir fertig und gehen. Dann grölen die Leute und wir müssen wieder zurückkommen – ihr schaut dann irgendwie überrascht. Und das ist dann der Zeitpunkt an dem wir “Saxon Street” spielen… Ihr tut so als ob ihr applaudiert und wir tun so, als würden wir uns backstage schon umziehen und auf den Bus warten… und dann kommen wir wieder und spielen “Saxon Street”.Ezio, nachdem wiederholt eines der beliebtesten Stücke gefordert wurde…

“Saxon Street” wurde wie versprochen zur ersten Zugabe. Den Schlusspunkt setzte dann aber wieder keiner der Publikumslieblinge aus dem Repertoire, sondern das ruhige “One More Walk Round The Dancefloor”.

Aus Sicht eines “Ezio-Veterans” gab es während der rund zwei Stunden durchaus ein bisschen Veränderung zu sehen. Das Angebot an Tischen und Stühlen an den Bars links und rechts und den Bar-Tischen an den Säulen verriet zunächst, dass das Publikum wohl ein wenig mit der Band gealtert ist und während des Konzerts eben gerne mal ein Gläschen Weißwein trinkt. Vor allem fiel aber natürlich auf, dass der vom Publikum am sehnlichsten erwartete “Angel Song” nicht mehr im Programm war, ebenso wenig wie “Alex” oder das rockige Liveerlebnis “59 Yards”. Schon fast erschrocken hat mich schließlich, dass Booga nicht ganz so präsent wirkte wie einst.
Das alles ist aber natürlich nicht wirklich ein Minuspunkt für den wundervollen Konzertabend und letzteres eher Ausdruck der Besorgnis eines Fans. Unter dem Strich steht einfach nur: ganz große Musiker, die völlig unabgehoben mehr als nur ein einfaches Konzert bieten – und immer noch zwei Minuten nach dem Konzert schon geduldig am Merchandising-Tisch Goodies verkaufen und signieren. Manches ändert sich eben nie.

Setlist des Abends:
  1. ?
  2. ?
  3. ?
  4. Wild Side 1)
  5. Steal Away 1)
  6. Not Hard To Find 2)
  7. ?
  8. Deeper 3)
  9. ?
  10. Everybody Forgets Sometimes 4)
  1. Hotel Motel 5)
  2. ?
  3. Thousand Years 1)
  4. 30 And Confused 1)
  5. A Small Dream 6)
  6. Just To Talk To You Again 1)
  7. The Further We Stretch 1)
  8. Zugabe 1: Saxon Street 1)
  9. Zugabe 2: One More Walk Round The Dancefloor 3)
1) vom Album “Black Boots On Latin Feet”
2) vom Album “Adam And The Snake”
3) vom Album “Diesel Vanilla”
4) vom Album “The Making Of Mr. Spoons”
5) vom Album “Ten Thousand Bars”
6) vom Album “This Is The Day”

(Habt ihr Hinweise zur Vervollständigung der Liste? Dann schreibt uns einen Kommentar!)

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Über den Autor des Beitrags

Gerald

Hört so ziemlich alle Genres querbeet, von Heavy bis Electro, von Folk-Pop über World und Rock bis Hip-Hop. Ehrliche, handgemachte Musik ist aber noch die beste und Radio-Rotation ist evil. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Ist zudem hauptsächlich für unsere Comic-Abteilung verantwortlich und spielt hin und wieder auch gerne mal an der (Nintendo-)Konsole.

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19.12.2015 im Jazzhaus Freiburg”

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