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Garbage, Richard Ashcroft, The Subways, Death By Chocolate und The Drops
River Nights 2016 im Z7 in Pratteln

Der zweite Tag der River Nights 2016 stand ganz im Zeichen der Gitarren. Besseres Wetter hätte es für das Festival, das von Rheinfelden in den Hof und den Konzertraum des Z7 in Pratteln verlegt wurde, gar nicht geben können, zumindest nicht für die Zuschauer vor der zur Nachmittagssonne hin gewandten Bühne. Der Himmel nahezu wolkenlos, bei angenehmen 26 Grad ließ es sich gut aushalten, hatte man sich einen schattigen Platz unter den blauen Brauereischirmen gesichert. Oder man hatte eben auf der kleinen, für diese Tageszeit absurd gut beleuchteten Bühne zu tun, wie etwa die Baseler Band The Drops, die diesen Konzertabend schon nachmittags in praller Sonne eröffnete.

Mit gefühltem und gefühligem Stadionrock, die Stimme von Sänger Noah Kaiser erinnerte ein wenig an die von Chris Martin von Coldplay. Die dauerpräsenten Fills von Gitarrist Ruben Bachmann taten ihr Übriges. Stadionrock für die etwa 80 Zuschauer, die sich zu solch früher Stunde schon einfanden, von der Kulisse her also eher Kreisklasse. Herr Kaiser und Co. nahmen’s aber sportlich und versprühten ihre herzerwärmenden Melodien, stellten in der großzügig bemessenen Stagetime ihr neues Album ‚Adios‘ vor, inklusive der Single ‚Ko Samui‘, versorgten den Fanclub, der die Band mit Bier versorgte aber auch mit Songs vom letzten Album ‚Flying Dutchmen‘, wie ‚Eleanor‘.

Auf der Zugangsstrasse zum Z7 war der heranbrausende, mit Aufklebern gepflasterte Bandbus kaum zu übersehen. Ähnliches Temperament entwickelten Death By Chocolate aus Bern dann auch auf der Bühne. Allmählich füllten sich die Reihen. Noch bezirzt vom schwerelosen Tropical Dream Pop von The Drops wurde das Publikum erst einmal mit brachialem Bluesrock geerdet. Die Show des Quintetts um Sänger Mathias Schenk wurde beherrscht von mächtigen Riffs und kernigen Keyboards, vom knarzigen Synthiesound bis zur Hammondorgel. Gitarrist Thomas Schläppi, ein Lockenkopf, ebenfalls markant der Bassist Daniel Schläppi mit Nickelbrille und zementiertem Grinsen, dazu der manisch in die Tasten hämmernde Keyboarder Daniel Wyttenbach und der Sänger, der spätestens ab dem zweiten Stück von der schweißtreibenden Show bereits triefte und dabei noch einen regen verbalen Austausch mit dem Publikum betrieb, auf berndeutsch. Immerhin kapierten alle im Publikum ihren Mitsingpart beim Stück ‚Tell Me What You See‘, die Rückmeldung an die Band auf der Bühne war dementsprechend stattlich. Um diese Zeit hatte sich das Außengelände des Z7 auch immer weiter gefüllt. Auch die Berner hatten über eine Stunde Zeit, ihr aktuelles Album ‚Among Sirens‘ vorzustellen; ein iPhone verloren, neue Freunde gefunden, so könnte sich die Bilanz von Death By Chocolate an diesem Abend lesen.

Wenn es so etwas wie einen Headliner im Außenbereich gab, so war er mit der britischen Formation The Subways exzellent besetzt. Das Dreiergespann Billy Lunn (Gesang, Gitarre), Charlotte Cooper (Bass, Gesang) und Josh Morgan (Schlagzeug) bot zwar die Minimalausstattung, was die typische Rockbesetzung angeht, die Band haute nach einem verschmitzten ‚Grüezi mitenand‘ aber von der ersten Sekunde an auf die Kacke. ‚Merci vielmol‘ auf den Applaus, Lunn gab ganz den Entertainer, keine Frage, dass der 30. Geburtstag von Drummer Josh mit einem Ständchen von Band und Publikum bedacht wurde, insgesamt bekam der kleine Bruder von Sänger Billy verbal aber meist volle Breitseiten. Das Publikum wurde mit ‚Gump! Gump!‘ und diversen Mätzchen vortrefflich unterhalten. Death By Chocolate kamen noch mal zu Ehren, die Bassistin Charlotte ein Arbeitsgerät liehen, das eigene kann man wohl irgendwann bei einer Fluglinie ersteigern. Wer den Auftritt gesehen hatte, wurde Zeuge einer Punkrock Show, die sich gewaschen hat, kennt die Story hinter dem Hit ‚We Don’t Need Money to Have a Good Time‘ und hörte Teile von ‚Rock & Roll Queen‘ in Schwizerdütsch (‚Du bisch so cool‘). Ihr sin scho geile Sieche! Merci Vielmol!

21:00 Uhr, das Geschehen hatte sich auf die Indoor-Bühne im Z7 verlagert. Richard Ashcroft übernahm sie mit seiner beeindruckenden Präsenz, eröffnete druckvoll mit ‚Out of My Body‘. Der Bühnenhintergrund und die Seitenteile der Halle wurden mit projezierten Mustern verziert, der Meister perfekt ausgeleuchtet in Szene gesetzt. ‚Sonnet‘ und ‚Lucky Man‘ waren die Songs, die von The Verve zum Besten gegeben wurden, ansonsten beschränkte er sich auf das Solo-Material. An Leidenschaft fehlte es an diesem Abend nicht, da wurde die Gitarre malträtiert, mit der Sonnenbrille geshreddet und an den Wirbeln gedreht, zur Freude des Guitar-Tech, der zusammen mit dem Drum-Tech an diesem Abend genug zu tun hatte. Die Stimmung war insgesamt etwas heikel, so musste dem Bandleader von Seiten der Band und des Publikums gehuldigt werden. Spontan reagierte er auf einen Zuruf aus dem Publikum mit einer Solo-Version von ‚They Don’t Own Me‘ mit Akustik-Gitarre, der Beginn von New York wurde aber erst einmal ungnädig abgebrochen, als der Schlagzeuger dem Sänger ins Wort viel, um die Nummer dann auf gut 10 Minuten auszudehnen. Der ulktimative Verve-Hit ‚Bitter Sweet Symphony‘ erklang an diesem Abend nicht, nachdem Ashcroft scheinbar vorzeitig nach ‚Hold On‘ die Bühne verließ.

Garbage waren leider ohne Schlagzeuger und Produzentenikone Butch Vig angereist, was Frontfrau Shirley Manson wortreich zu entschuldigen versuchte. Am mit Plexiglas beschirmten Schlagzeug saß dafür Matt Chamberlain. Mit den Gitarristen Duke Erikson und Steve Marker war aber genug Kultpotential auf der Bühne versammelt, um dem Headlinerset einen würdigen Rahmen zu geben. Die Frontfrau gab die Diva, den Vamp, die Furie, aber auch die Rotzgöre, tigerte im Kreis, bewegte sich auf allen Vieren. Gewohnt markant auch der Part von Gitarrist Erikson. Der Song ‚Stupid Girl‘ wurde recht früh gezündet, allerdings haben Garbage in ihrer 21-jährigen Karriere genügend Hits angesammelt, das Pulver war damit also nicht verschossen. Neben Stücken vom neuen Album ‚Strange Little Birds‘ gab es eine Best-Of Show, die alle Albumveröffentlichungen streifte und mit ‚Only Happy When It Rains‘ und ‚Cherry Lips‘ ohne Zugabe ihr Ende fand. Die Band um Shirley Manson präsentierte sich an diesem Abend als am coolsten und kaltschnäuzig-routiniertesten.

Der 6. August war wirklich kein Tag der Zugaben, man hatte den Eindruck, dass Ashcroft und Co. noch kurz diskutierten, sich dann aber für das Ende der Show entschieden. Der Zuschauerzuspruch war für das gebotene Line-Up zu gering, was Schade ist, gerade Performances von Künstler und Bands des Kalibers von Richard Ashcroft und Garbage sind in unserer Gegend eher selten. Kompliment an den Veranstalter, dass er die Veranstaltung trotzdem durchgezogen hat. Auch, dass die Bands im Vorprogramm auf eine stattliche Stagetime kamen sei hier noch einmal lobend erwähnt.

Fotos: Gerald Backmeister

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Über den Autor des Beitrags

Chris

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