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Lordi Interview: Mr. Lordi über die neue Härte, Kiss und seinen brutalen Splatter-Film

Nach dem Konzert von Lordi in der Musichall in Geiselwind am 4. April 2013 traf ich Mr. Lordi zum Interview. Der durchgeschwitzte Band-Gründer musste erst mal eine Zigarettenpause einlegen, zeigte sich dann aber alles andere als ausgepowert oder müde. Gut gelaunt und engagiert sprach Mr. Lordi über das aktuelle Album, die Zukunft der Band und seine Pläne für einen neuen Horrorfilm.

Lordi Interview - Musichall Geiselwind - 04-04-2013-03
Mr. Lordi, vielen Dank, dass du dir nach eurer fast zweistündigen Show die Zeit nimmst, meine Fragen zu beantworten.

Kein Problem, es ist tatsächlich nach der Show viel besser.

Das neue Album, das ihr auf der „Tour Beast or not Tour Beast“ vorstellt, ist härter, moderner und metallischer als seine Vorgänger. Wolltet ihr bewusst diese Richtung einschlagen?

Lordi Interview - Musichall Geiselwind - 04-04-2013-04Ja und nein. Ich meine, bis zu einem gewissen Punkt war es das. Aber am Anfang wollten wir eher wieder in die AOR-Richtung [Adult Oriented Rock, also Rockmusik für Erwachsene] gehen, aber damals war Kita noch in der Band und bevor Otus in die Band kam, unser verstorbener Drummer. Und als Otus unsere neuen Songs, also die damals neuen Songs spielte, und seine Energie und Aggressivität einbrachte, und wir dann mit den wirklichen Arbeiten am neuen Album begannen, da wurde uns klar, dass es doch kein AOR-Album oder 80er-Hair-Metal-Album werden sollte. Zu dem Zeitpunkt hatten wir auch schon beschlossen, wieder mit Michael Wagener zu arbeiten. Ich rief ihn an und sagte „Weißt du was, wir wollen unser Painkiller-Album machen“, wenn du weißt was ich meine. Wir hatten 50 oder 60 Songs als Demos, und nahmen die passenden für ein Album, das echter Fucking Metal ist, und ließen alle Hair-Metal-Songs weg. Wir nahmen die Songs aus der Mitte: Weißt du, wenn AC/DC ein Disco-Album machen würden, dann würden ihre Fans es nicht mögen. Natürlich haben wir loyale Fans, es gibt einen Grund warum sie uns mögen. Würden wir uns zu sehr ändern, wäre das wie ein „Fuck you!“ an die Fans. Also nahmen wir nicht die allerhärtesten Songs und wollten sehen, wie sie darauf reagieren. Wie es bisher aussieht, mögen die meisten Fans die neue Ausrichtung. Natürlich gibt es Leute, die halten Babez for Breakfast für das beste Album. Sehe ich übrigens auch so. Es war am  erfolgreichsten in dem, was wir erreichen wollten. Es war genau das, was wir versucht haben. Und jetzt sind wir aus dem System ausgebrochen und versuchen etwas neues.

Wie war die Arbeit mit Michael Wagener und wie viel Einfluss hatte er?

Er ist ein toller Typ, er ist wirklich kindisch, auf eine gute Art, wirklich wie ein großer Junge. Wie ich auch. Er ist fast so kindisch wie ich. Er mag Spielzeug, Süßigkeiten und Schokolade und macht immer gerne Scherze, darum wollten wir gerne wieder mit ihm arbeiten. Weißt du, wenn er auch noch Kiss und Twisted Sister produziert hätte, dann hätte er alle meine Lieblingsbands produziert!

Lordi sind wieder zu fünft, mit Hella und Mana als neuen Mitgliedern. Am aktuellen Album „To Beast or not to Beast“ haben sie wohl kaum mitgeschrieben. Wie entstanden die Songs  für die aktuelle CD?

Ich habe alles geschrieben. Ich schreibe immer, ich schreibe immer zu viel. Ich kann mich selber nicht kritisieren, denn wer zum Teufel bin ich denn zu sagen, ob ein Song gut oder schlecht ist? Weißt du, was ich meine? Oft habe ich Songs geschrieben, von denen ich dachte, sie seien Wegwerfkandidaten. Aber dann wird einer davon plötzlich eine Scheiß-Single oder sowas. Wir haben immer das positive Problem, dass wir so viele Songs haben, denn alle anderen schreiben ja auch. Auch wenn bei diesem Album Mana und Hella nichts geschrieben haben, weil sie zu knapp vor der Fertigstellung in die Band kamen. Beim nächsten Album werden sie sicher dafür schreiben, denn Mana ist ein exzellenter Songwriter. Auf dem nächsten Album werden ziemlich sicher Mana-Songs drauf sein.

Als du die Band vor rund 21 Jahren gestartet hast, hattest du riesige Probleme, ein Label zu finden. Es dauert etwa 10 Jahre, bis das Debüt-Album erschien. Glaubst du, dass es heute einfacher wäre für eine Band wie Lordi, einen Plattenvertrag zu bekommen?

Hell no! Hell nooo!!! Absolut nicht! Ich glaube, man bekäme genau die gleichen Antworten, die wir 10 Jahre lang bekommen haben. Die Labels würden sagen „Hey, wir mögen das Image, aber ihr müsst Death Metal oder Black Metal oder so spielen“, oder sie würden sagen „Hey, werdet dieses bescheuerte Image los und wechselt den Sänger aus und spielt Hair Metal“. „Und ihr solltet jünger sein“… der gleiche Bullshit wie damals also.

Heute Abend habt ihr in der Musichall in Geiselwind gespielt, einer kleineren Halle. Spielt ihr lieber auf Festivals mit großer Bühne oder in Clubs, wo ihr nahe an euren Fans seid?

Natürlich hat man auf Festivals mehr Luft zum Atmen, weil sie meistens draußen sind. Das ist für mich als Sänger gut, auch wenn man oft keine Zeit für einen Soundcheck bekommt. Und man kann eine gute Show bieten, mit Pyros und allem. Aber in den Clubs ist man den Fans nahe, man kann sie nachher treffen und all der coole Scheiß. Da kann man sein eigenes Ding durchziehen. Ich weiß nicht, was besser ist.

Kiss ist ja eine der Lieblingsbands…

…nööööö…

… aha? Also nur ein Gerücht wie das, dass du Lehrer sein sollst? [Hintergrund: Auf der deutschen Wikipedia-Seite über die Band stand, dass Mr. Lordi Lehrer war. Und alle Journalisten fragten ihn danach, was ihn allmählich nervte.]

Ich bin keiner.

Eben. Zurück zu Kiss: Welches ist dein Lieblingsalbum? Ich muss dich das fragen, denn ich bin selbst riesiger Kiss-Fan.

Lordi Interview - Musichall Geiselwind - 04-04-2013-01Mein Lieblingsalbum ist Destroyer, das sage ich immer, denn es war mein erstes Album. Und „God of Thunder“ ist drauf, das unser Intro-Song ist. Also kein richtiger Intro-Song, aber unsere Die-Hard-Fans wissen, dass es dann gleich los geht. Ich mag eine Menge Kiss-Songs, „God of Thunder“ ist mein Allzeit-Favorit, aber auch „Almost human“ und Not for the innocent“. Ich mag die meisten Songs von Gene [Simmons], aber natürlich ist Paul [Stanley] der viel bessere Songschreiber. Aber wenn Gene den Punkt trifft, dann ist er wirklich super, wie zum Beispiel bei „Unholy“. Er braucht jemand, der das Gute aus ihm herauszieht. Er selber ist ein Diamant, aber kein geschliffener, sondern ein Rohdiamant. Mit einem coolen Co-Writer, wie Paul zum Beispiel, oder mit Vinnie Vincent oder Bruce Kulick, ist er super.

Kiss sind mittlerweile sind über 40 Jahren auf der Bühne. Siehst du dich selber auch in 20 Jahren noch auf der Bühne, in diesem oder einem ähnlichen Kostüm?

Ja. Hell yeah! Warum nicht? In 20 Jahren wäre ich… wie alt? Lass mich nachdenken… ich bin echt schlecht in Mathe. Oh Gott, dann wäre ich SO alt? Dann wäre ich 59. Also jünger als Gene und Paul heute. Also ja.

Wie siehst du generell die Zukunft von Lordi?

Weißt du, das ganze läuft zyklisch ab. Ein Zyklus startet mit der Notwendigkeit, etwas neues zu tun. Das Neue ist oft, dass ich viele neue Songs habe, viel neue Musik, die ich schreibe und veröffentliche. Das ist der Beginn. Heute war die zweite Show der Tour und ich weiß, dass wir ungefähr ein Jahr lang touren werden. Und das ist der letzte Teil des Zyklus‘. Zuerst das Schreiben, dann das Aufnehmen, und dann das Touren. Ich weiß, dass wir nach der Tour ein neues Album machen werden. Und noch eines. Und noch eines. Solange es noch jemanden gibt, der noch Alben kauft!

Du hast bereits am Film „Dark Floors“ mitgearbeitet. Gibt es Pläne für einen neuen Film?

Als Band eher nicht. Aber wir drehen gerade eine Doku über die Band.

Jetzt verstehe ich, warum ich im Fotograben dauernd über ein Stativ gestolpert bin… 

Lordi Interview - Musichall Geiselwind - 04-04-2013-02Siehst du da hinten, da drehen sie auch gerade. Das ist ein Film, aber eine andere Art Film als du meinst. Ich weiß nicht wann, aber bevor ich sterbe, werde ich einen wirklich erschreckenden Scheiß Splatter-Film drehen. Das will ich. Denn als wir „Dark Floors“ machten, bei dem mein bester Freund Regie führte und auch die meisten unserer Musik-Videos drehte, rannten wir gegen eine Steinmauer. Du rennst gegen eine Steinmauer, wenn du merkst, dass die Kapitalgeber – nicht die Produzenten – aus dem Ausland, die auf dem Scheiß Geld sitzen, dein Drehbuch zu hoffnungslos und zu beängstigend finden. Wir haben den Scheiß Eurovision-Contest gewonnen, also wollten sie einen Scheiß Horrorfilm für Kinder haben! Was verfickt irrsinnig ist! Also mussten wir das ganze gute Zeug rausschneiden, wir mussten sogar das Ende ändern. Wenn ich also meinen eigenen Film mache, dann wird der Scheiße brutal. Ich werde mich nicht zurückhalten. Ich habe schon mit einigen Produzenten gesprochen, aber dafür muss die Band eine Pause einlegen. Und ich möchte kein Signal aussenden, dass die Band sich auflöst oder so!

[In diesem Moment verlassen die Mitglieder des Fan-Clubs den Backstage-Bereich, weswegen Mr. Lordi losstürmt, um alle noch mal monstermäßig zu knuddeln. Und freut sich wie ein kleines Kind, als ein Fan ihm eine limitierte Doppel-LP des Kiss-Albums „Psycho Circus“ als Geschenk überreicht.]

Wahnsinn… diese LP-Edition kannte ich noch gar nicht. Sorry, dass ich weg musste, aber die Fans kommen immer zuerst.

Völlig klar, ich bin ohnehin mit meinen Fragen durch. Und dein Essen steht auch schon hier. Also vielen Dank für das Interview und guten Hunger!

 

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