Day Men 01: Lux in Tenebris
Gute Erfindungen basieren bekanntlich oftmals auf ganz simplen Ideen. Und eben solche simple Ideen helfen immer wieder dabei, in einem gängigen Genre die breit ausgetrampelten Pfade zu verlassen und sie durch kleine Modifikationen in andere Richtungen zu lenken. Eines dieser ausgetrampelten Genres ist mit Sicherheit das der blutsaugenden Vampire und ein gutes Beispiel, das Vampir-Thema um neue Ansätze zu bereichern, ist das erst vor kurzem hier besprochene V-Wars.
Auch “Day Men” beschäftigt sich mit Vampiren, basiert aber wiederum auf einem ganz eigenen Gedanken. Hier gibt es 50 Vampir-Clans, die im Laufe der Zeit ihre Reviere untereinander ausgemacht haben und nun in mafiösen Strukturen ihren Geschäften nachgehen: Polizisten schmieren, Herrschaftsgebiet verteidigen, Schutzgelder eintreiben – so etwas eben. Der Kern der Idee ist aber die Frage: Wer kümmert sich dann um die Angelegenheiten des Clans, wenn die Sonne aufgeht und sich die verbrecherischen Langzähne in ihre Särge verkrümeln müssen?
An dieser Stelle kommen die menschlichen Day Men ins Spiel, die mit bester Kampfausbildung irgend etwas zwischen Prügelknaben, Bodyguards und Mädchen für alles sind.
David Reid ist einer dieser “Sonnenköter” (im Original “Sun Dogs”), wie die Day Men auch liebevoll genannt werden. Er trägt schicke Anzüge und einen cool geschnittenen roten Schopf mit markantem weißen Streifen an der Seite – und schließlich die traditionelle Waffe der Day Men stets mit sich herum: einen Gehstock.
Auch wenn Reid bei seinen Einsätzen eine ziemlich souveräne Figur macht, lange hat er den Job im Kreise des von der geheimnisvollen Matriarchin Azalea Virgo angeführten Virgo-Familienclans noch nicht. Die besten Gelegenheiten, sich zu beweisen, scheinen aber erst noch zu kommen. Denn nur kurz später findet er sich an vorderster Front in einem heftigen Krieg zwischen den Virgos und den Ramses.
Angefacht wird das Ganze durch geschickt gelegte Fallen, durch die der Eindruck entsteht, ein Mitglied der Virgos würde Verrat an der Gattung der Vampire begehen, indem es mit Fängen, den Fangzähnen, der Artgenossen handelt. Die Wahrheit sieht allerdings anders aus. Die gefürchtete „Plage“ – vereinfacht gesagt: selbst geschaffene Vampire, die auch Sonnenlicht vertragen – existiert nämlich tatsächlich und will sich in der Nahrungskette noch über den Vampiren platzieren.
Der Protagonist fungiert nebenbei als Erzähler der Geschichte, wodurch sich in den Panels einige Textkästen zur Schilderung oder näheren Erläuterung der Geschehnisse finden. Sicherlich Geschmackssache.
Bei den Zeichnungen fällt zunächst auf, dass Reid einerseits noch recht jung sein dürfte, andererseits mit seinem weißen/grauen Streifen in den ansonsten roten Haaren unweigerlich einen wesentlich älteren Eindruck macht. Außerdem meint man aufgrund verschiedener Darstellungen immer wieder andere Eindrücke vom Charakter zu bekommen – ähnlich der “James Bond”-Figur im Laufe der Zeit. Mal sieht er (mal von der Haarfärbung abgesehen) tatsächlich sportlich und hart, sagen wir “Daniel Craig”-mäßig aus, in einer anderen Szene dann eher smart und charmant, also mehr wie Pierce Brosnan beim Flirt mit Moneypenny.
Man muss aber auch sagen: das fällt zwar auf, tut aber der insgesamt gut gelungenen Bebilderung keinen Abbruch. Und die Story macht das Buch ohnehin schon zu einem Page-turner.
Als packender Auftakt zur Serie vereinigt “Day Men 01: Lux in Tenebris” die ersten vier Hefte der US-Ausgabe. Angesichts der vielversprechenden Szenerie dürfte es an Ideen zur Fortsetzung aber kaum mangeln.
Freunde der Day Men dürfen sich außerdem auf eine Adaption für die Leinwand freuen. Universal Pictures hat nämlich, so wird gemunkelt, für einen siebenstelligen Dollar-Betrag die Film-Rechte von BOOM! Studios gekauft.
Auf der Seite zum Buch bei Cross Cult findet ihr ein paar Seiten als Leseprobe.Viele weitere Comic-Reviews findest Du übrigens in unserem alphabetischen Index…