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Farm der Tiere – Die Graphic Novel

Der britische Autor George Orwell ist vor allem für zwei Dystopien bekannt: Zum einen natürlich für “1984”, seine bis heute vielzitierte Beschreibung eines totalitären Überwachungsstaates, und zum anderen für seine Fabel “Die Farm der Tiere” (Originaltitel: “Animal Farm”).
Da ich diese beiden zeitlosen Geschichten erst letztes Jahr im englischsprachigen Original (erneut) gelesen habe, habe ich mich natürlich über die Ankündigung der zwei Graphic Novel-Adaptionen besonders gefreut. “1984” wird bei Splitter noch folgen. Hier geht es nun zunächst um eine von Odyr illustrierte Version von “Die Farm der Tiere”, die von Panini verlegt wird.

In der gerne auch von Lehrern im Schulunterricht thematisierten Geschichte geht es, kurz gefasst, um eine zunächst erfolgreiche Revolution, die die Situation der Revolutionäre aber nur kurzfristig verbessert und schließlich sogar zum Schlechteren verändert.

Deutsche Ausgabe: © Panini Verlags-GmbH

Angeführt von den klugen Schweinen lehnen sich die Tiere einer englischen Farm eines Tages gegen den Farmer auf und vertreiben ihn vom Hof. Begeistert von der geglückten Befreiung von der menschlichen Herrschaft, leben die Tiere fortan nach einer Handvoll Grundsatzregeln, wie zum Beispiel: “Alles, was auf zwei Beinen geht ist ein Feind.”, “Alles, was auf vier Beinen geht, oder Flügel hat, ist ein Freund.” und “Alle Tiere sind gleich.”.
Langsam aber sicher stellt sich dann allerdings heraus, dass es den Tieren nach dem Umsturz, trotz der gewonnenen Freiheit, nicht unbedingt besser geht. Vor allem aber nutzen die Schweine ihre geistige Überlegenheit immer mehr aus, erweitern ihren Einfluss und ihre Macht immer weiter und werden so schleichend zum neuen Unterdrücker der eher ungebildeten Arbeiterklasse.

Inspiriert wurde Orwell zu der Geschichte durch eine Situation, in der er einen kleinen Jungen sah, der mit seiner Peitsche ein Zugpferd zur Arbeit antrieb. Wären sich die Tiere nur ihrer Kraft bewusst, so sein Gedanke, hätten wir nicht derart viel Macht über sie. Und eigentlich ist doch das Verhältnis zwischen den Reichen und dem Proletariat vergleichbar.
Allerdings hat “Animal Farm” nicht nur diesen universellen gesellschaftskritischen Hintergrund. Vielmehr schrieb Orwell das Buch 1943/44 als spitze Satire auf die noch junge Geschichte der Sowjetunion, wo man mit der Februarrevolution von 1917 zwar die Zarenherrschaft beenden konnte, nur um dann aber in der Diktatur Stalins zu landen.

Deutsche Ausgabe: © Panini Verlags-GmbH

Die vorliegende Version wurde vom Brasilianer Odyr Bernardi, oder einfach Odyr, illustriert. Und zwar nicht etwa mit Zeichnungen, sondern mit kleinen Gemälden (mit Aquarell- oder Ölfarben, vermute ich). Die Malereien sind mal etwas grober und gehen ein anderes Mal etwas mehr ins Detail, haben mal einen Hintergrund und zeigen die Figuren manchmal auch auf der blanken weißen Seite. Auch wenn das Ganze dadurch fast wie ein Bilderbuch für Kinder wirkt, gefällt mir das auch durch die Augen eines Erwachsenen betrachtet sehr gut.
Odyr hält sich inhaltlich, und auch was die Kapitelaufteilung angeht, strikt an die Vorlage. Natürlich musste die Geschichte durch das grafische Format aber etwas eingedampft werden. Nicht alle Details können hier wiedergegeben werden. Schade, allerdings, dass ausgerechnet das stückweise Umschreiben der goldenen Regeln des tierischen Zusammenlebens nicht so richtig dargestellt wurde. Immerhin ist das einer zentralen Punkte der Geschichte — so wird schließlich aus “Alle Tiere sind gleich.” das auch heuer immer wieder zitierte “Alle Tiere sind gleich. Aber manche sind gleicher als die anderen.”.

Orwells Erzählung ist selbst schon eine recht kurze Lektüre. Im Format einer Graphic Novel, die natürlich auch ein Stück weit wortlos durch die Bebilderung erzählt, wird das Ganze aber noch niederschwelliger konsumierbar. So wird das Buch im Klappentext auch “für alle Altersgruppen” beworben. Was Kinder als Teil der Zielgruppe angeht, da bin ich allerdings etwas skeptisch. Die große Mehrheit der Seiten wären sicher geeignet und das eigentlich ernste Thema durchaus so verpackt, dass auch Kinder es im Kern begreifen können. Andererseits sind schon auch für Kinderaugen ziemlich blutige Seiten enthalten (wobei so mancher Märchen-Klassiker ja auch ziemlich brutal ist).
Ich sehe das Buch schließlich als eine schön gestaltete Ausgabe eines zeitlosen Klassikers aus der Feder des “Gewissens seiner Generation”, wie Orwell auch genannt wird. Eine Ausgabe, die besonders geeignet ist, um die Erinnerungen an das schon gelesene Buch wieder aufzufrischen, oder um jüngeres Publikum (wobei ich weniger an Kinder denke, sondern eher an Teenager) an das Thema heranzuführen.Viele weitere Comic-Reviews findest Du übrigens in unserem alphabetischen Index

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Über den Autor des Beitrags

Gerald

Hört so ziemlich alle Genres querbeet, von Heavy bis Electro, von Folk-Pop über World und Rock bis Hip-Hop. Ehrliche, handgemachte Musik ist aber noch die beste und Radio-Rotation ist evil. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Ist zudem hauptsächlich für unsere Comic-Abteilung verantwortlich und spielt hin und wieder auch gerne mal an der (Nintendo-)Konsole.

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