iZombie 01: Tote leben länger
Gwendolyn “Gwen” Dylan ist eine ganz normale junge Frau. Sie arbeitet auf dem Friedhof im Örtchen Eugene als Totengräberin. Nach der Arbeit schlägt sie das Feierabend-Bierchen mit den Kollegen lieber aus, um noch ein bisschen mit ihrer Geister-Freundin Ellie in der Gruft abzuhängen, den tagsüber beerdigten Leichnam wieder auszubuddeln und genüsslich dessen Gehirn zu verspeisen.
Oh, und dann wäre da auch noch Kumpel Scott, der sich bei Vollmond in einen Werterrier (daher auch sein Hunde-Spitzname “Spot”) verwandelt und sich dann nur noch mit Kaputzenpulli in der Öffentlichkeit zeigen kann. Aber wenn man den Job, die Freunde und die kulinarischen Vorlieben mal außer Acht lässt, ist Gwen tatsächlich eine ganz normale… ach, was soll’s… sie ist ein Zombie! So, jetzt ist es raus.
Und es kommt noch dicker. Nicht einmal ein normaler Zombie ist Gwen. Schließlich schlurft sie nicht sabbernd und röchelnd durch die Straßen und fällt wahllos über lebendiges Fleisch her. Allerdings muss dann einmal pro Monat doch ein saftiges Gehirn her – eben um diesen Halb-Zustand zu erhalten.
Der Verzehr hat jedoch Nebenwirkungen: mit den grauen Zellen der Verstorbenen nimmt Gwen auch deren Erinnerungen auf und hat immer wieder ziemlich lebendige Flashbacks, die dann erst mit der Zeit wieder abnehmen. “Du bist was du isst”, also. Quasi als moralische Gegenleistung für die leckere Mahlzeit klärt Gwen mit Hilfe dieser “Gabe” die ungeklärten Todesumstände, sprich: Mordfälle, auf.
Von den insgesamt 28 Original-Ausgaben umfasst dieses Buch zunächst fünf Stück plus den “House of Mystery”-Prolog. In den USA wurden die (Vertigo-)Comics um Gwen schon vor ein paar Jahren veröffentlicht.
Dass wir sie hierzulande gerade jetzt auch kennenlernen dürfen, haben wir wohl der gleichnamigen Dramedy-Fernsehserie zu verdanken, deren erste Staffel unlängst im deutschen Free-TV ausgestrahlt wurde. Tatsächlich diente der Comic der Fernsehproduktion als Vorlage.
Dabei ist aber zu beachten, dass die Idee ziemlich frei adaptiert wurde. Gwen ist darin Liv und nicht Totengräberin sondern (ebenfalls der Situation geschuldet) quereingestiegene Assistentin in der Gerichtsmedizin, von Ellie und Spot keine Spur und die Handlung ist eine eigene.
Roberson geht im Comic sogar noch weiter. Auf Basis der Theorie von Ober- und Unterseelen, und vor allem körperlosen Seelen und andererseits Körpern, denen ein Seelenteil fehlt, rückt er auch Poltergeister, Besessene und andere Wertiere in den Bereich des Möglichen – und Vampire sind tatsächlich sogar schon Teil der Geschichte. Der Comic ist also definitiv einiges phantasievoller als der TV-Ableger.
Die Zeichnungen von Michael Allred sind sicher für den einen oder anderen gewöhnungsbedürftig. Zusammen mit der Farbgebung von Ehefrau Laura hat das Ergebnis meist großen Kontrast und nicht zuletzt durch den häufigen Einsatz von Punktrastern eine Art Pop-Art-Stil. An einigen Stellen, ein paar Seiten, schien mir die grafische Umsetzung etwas arg “einfach” und nicht ganz so gelungen. Im Großen und Ganzen wirkte sie aber gerade durch eine gewisse Eigenwilligkeit und Verrücktheit stimmig.
Während sich die Fernsehserie stark auf den kriminalistischen Hilfsjob und die familiäre Situation der zentralen Figur konzentriert, spannt der Comic irgendwie einen größeren Bogen und bietet einen viel größeren Kosmos mit verschiedensten Kreaturen. “iZombie 01: Tote leben länger” wirkt insgesamt noch sehr wie eine Einführung in diesen Kosmos. Mit den nächsten Büchern dürfte das Ganze gerne mehr vertieft werden. Appetit auf mehr (Gehirn?!) habe ich durch dieses erste Buch jedenfalls bekommen.
Eine Leseprobe mit ein paar Seiten findet ihr bei mycomics.de.Viele weitere Comic-Reviews findest Du übrigens in unserem alphabetischen Index…