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Long John Silver – Gesamtausgabe

Ende des 19. Jahrhunderts ließ der schottische Autor Robert Louis Stevenson eine bunt gemischte Mannschaft auf einem Segelschiff namens “Hispaniola” dem Schatz des Piraten Captain Flint hinterherjagen — mittendrin der jugendliche Schiffsjunge und Erzähler der Geschichte Jim Hawkins. Der Roman “Die Schatzinsel” (im Original: “Treasure Island”) wurde zur Piraten-Story schlechthin und schließlich auch zigmal verfilmt.
Die Franzosen Xavier Dorison (Autor) und Mathieu Lauffray (Zeichner) waren von der Geschichte wohl ebenfalls sehr angetan und schufen zwischen 2007 und 2013 mit “Long John Silver” eine vierteilige Comic-Reihe, in deren Zentrum natürlich der gleichnamige Pirat und Schiffskoch steht. Die deutsche Übersetzung der Einzelbände wurde bei Carlsen zwar schon einmal (zwischen 2009 und 2013) veröffentlicht, damals allerdings im Softcover und (wie beim französischen Original) mit einem großen zeitlichen Abstand zwischen den letzten beiden Büchern. So macht es durchaus Sinn, dass der Verlag den Comic nun noch einmal als schicke Gesamtausgabe mit Hardcover und zahlreichen Bonus-Zeichnungen und -Gemälden in den Handel bringt.

© DARGAUD 2015

Dorison und Lauffray wollen ihre Story, wie einleitend klargestellt wird, nicht als Fortsetzung zu Stevensons Roman verstanden wissen, sondern vielmehr als Hommage darauf. Alles andere wäre wohl auch vermessen gewesen. Dennoch setzt die Handlung zeitlich nach der Expedition der Hispaniola auf…

Lord Byron Hastings ist schon vor langer Zeit zu einer Expedition in die neue Welt, genauer gesagt nach Südamerika, aufgebrochen. Seine Gemahlin, Lady Vivian Hastings, rechnet derweil nicht mehr mit seiner Rückkehr und vertreibt sich die Zeit mit Liebhabern. Eines Tages erscheint allerdings Vivians Schwager Edward, der ihr erzählt, Byron hätte sein Ziel im Amazonas-Gebiet erreicht bzw. gefunden: das sagenumwobene Guyanacapac, eine Stadt voller Gold, “El Dorado” — der von dort zurückgekehrte Indio Moxtechica könnte das schließlich bezeugen.
Nun soll Edward ihm nach Südamerika folgen und — zu Vivians Erschrecken — dafür zuvor all den Besitz der Hastings, inklusive des großen Hauses, verkaufen. Anstatt, wie von Edward vorgesehen, ins Kloster umzuziehen, gedenkt Vivian aber vielmehr, sich der Expedition selbst auch anzuschließen. Sie will unbemerkterweise sogar einige Piraten um den berüchtigten Schiffskoch Long John Silver anheuern und mit deren Hilfe ihre ganz eigenen Pläne während der langen Reise verfolgen. Und als “Die Schatzinsel”-Veteran ist außerdem Doktor Livesey auch wieder an Bord.

© DARGAUD 2015

So wird in vier Kapiteln eine Piratengeschichte erzählt, die alle dafür notwendigen Eigenschaften mitbringt: Geheimnisse, Härte und Blutigkeit (nicht zuletzt deswegen übrigens nicht für Kinder geeignet), aber auch Humor, Fantasie und Mystik.
Dorison gelingt es sehr gut, Silver mit seinen verschiedenen Gesichtern zu zeigen: Er ist sowohl charismatischer Anführer eines wilden Piratenhaufens, als auch hinterhältiger Intrigant, kaltblütiger Über-Leichen-Geher und sicher noch einiges mehr — er hat aber eben hier und da auch seine ehrenwerten Momente.

Das große Buch im A4-Format ist für eine Bettlektüre zwar etwas unhandlich schwer, dafür ist es aber umfassend. Im ersten Band (bzw. hier im ersten Kapitel) geht es zunächst um Vivian Hastings und das Zusammenstellen der Crew und die sonstigen Vorbereitungen der Expedition. Während man also nach Erscheinen des ersten Einzelbandes ein Dreivierteljahr auf den eigentlichen Start des Abenteuers mit dem zweiten Band warten musste, kann man in der Gesamtausgabe nun direkt weiterlesen.
Wer ohnehin schon die einzelnen Ausgaben sein Eigen nennt, wird außerdem durch die ansprechende Hardcover-Aufmachung mit kleinen Spotlack-Elementen und einem Bonus-Teil angesprochen, in dem über 100 weitere Zeichnungen und (Öl-)Gemälde — auch von anderen Künstlern — mit den Figuren der Geschichte zu bestaunen sind.

Die “Long John Silver”-Gesamtausgabe ist schließlich ein tolles Buch für alle Freunde von Piratengeschichten im Allgemeinen oder “Die Schatzinsel” im Speziellen.Viele weitere Comic-Reviews findest Du übrigens in unserem alphabetischen Index

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Über den Autor des Beitrags

Gerald

Hört so ziemlich alle Genres querbeet, von Heavy bis Electro, von Folk-Pop über World und Rock bis Hip-Hop. Ehrliche, handgemachte Musik ist aber noch die beste und Radio-Rotation ist evil. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Ist zudem hauptsächlich für unsere Comic-Abteilung verantwortlich und spielt hin und wieder auch gerne mal an der (Nintendo-)Konsole.

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