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Moonshine 01: Familiengeheimnisse

Mit “Moonshine” bringt das Erfolgsduo der (zum Teil) Eisner-prämierten Comic-Serie “100 Bullets” New Yorker Mafiosi, Hinterwäldler und Werwölfe in der Zeit der Prohibition in den Appalachen West Virginias zusammen.

Zentrale Figur ist Lou Pirlo, ein geschniegelter Städter in Anzug, Krawatte und Hut, der vom New Yorker Gangsterboss Joe Masseria den Auftrag bekommt, einen besonders guten schwarzgebrannten Schnaps aus dem Mountain State West Virginia für das Nachtleben der Metropole zu “importieren” beziehungsweise die Geschäfte dafür klarzumachen. Dem Schwarzbrenner Hiram Holt soll dafür eine große Abnahme gewährt werden. Die Nachfrage in den zahlreichen Clubs der Stadt ist schließlich groß.

© Cross Cult

Nun spielt die Geschichte im Jahr 1929. Sowohl Herstellung von Alkohol als auch der Handel damit ist per Verfassung verboten, und tatsächlich sind auch ein paar Agents in den Wäldern der Appalachen unterwegs, die Holts Schwarzbrennerei auf der Spur sind.
Diese bereiten Pirlo allerdings weniger Sorgen. Stattdessen unterschätzt Pirlo seinen Wunsch-Geschäftspartner offenbar zunächst und muss schon bald zusehen, dass er seine eigene Haut rettet — weil sein Boss schlicht kein “Nein” akzeptiert, aber auch, weil wilde Kreaturen wohl ein Geheimnis bewahren wollen…

Der Autor Brian Azzarello (siehe auch “Before Watchmen: Comedian” und “Before Watchmen: Rorschach”) hat hier einen eindeutig zweideutigen Titel gewählt. Er spielt natürlich auf das Werwolf-Thema an, zumal auch das Cover einen großen, vollen Mond zeigt. Zudem ist “moonshine” aber auch der amerikanische Begriff für das Erzeugnis einer illegalen Brennerei.
Möglicherweise war der Begriff also der Ursprung der Idee, auch Werwölfe (und übrigens auch ein bisschen Voodoo-Flair) einzufügen. So richtig rund wirkt die Verbindung aber, wie ich finde, nicht. Es ist nicht so, dass die Geschichte langweilig wäre, allerdings dauert es schon ein bisschen, bis sie Fahrt aufnimmt, und dann sorgen eher die Mafiosi für Action rund um das Örtchen Spine Ridge.

© Cross Cult

Die Figuren bedienen dabei reihenweise Stereotypen — zum Beispiel sind hier die Namen und Erscheinungen der Mafiosi zu nennen oder deren Verhaltensweise, und die der Hillbillies. Ob das stört oder nicht, ist sicher Geschmackssache. Der ein Stück weit auch ins Deutsche übertragene Landei-Slang oder das ständige “capisce” der Gangster ist dabei tatsächlich nett und einiges passt auch insofern, dass die Geschichte nunmal vor fast einem Jahrhundert spielt.
Optisch hat mir der Comic sehr gut gefallen. Die Charaktere sind hier zwar teilweise auch etwas überzeichnet, insgesamt wirken die Zeichnungen vom Argentinier Eduardo Risso aber großartig — und vor allem mit den Farben wurde hier richtig gute Arbeit geleistet.

So richtig gepackt hat mich “Moonshine” insgesamt nicht. Dass die Elemente Potenzial für eine spannende Fortsetzung bieten, kann ich mir durchaus vorstellen. Allerdings bleibt der Cliffhanger und eine Vorahnung dazu, was man hier in einem kommenden Band konkret herausholt, irgendwie unklar. Im Herbst soll es mit zweiten Buch (“Zug ins Unglück”) weitergehen. Dann wird man mehr erfahren.

Eine Leseprobe mit ein paar Seiten findet ihr auf der Verlagsseite zum Buch bei Cross Cult.Viele weitere Comic-Reviews findest Du übrigens in unserem alphabetischen Index

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Über den Autor des Beitrags

Gerald

Hört so ziemlich alle Genres querbeet, von Heavy bis Electro, von Folk-Pop über World und Rock bis Hip-Hop. Ehrliche, handgemachte Musik ist aber noch die beste und Radio-Rotation ist evil. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Ist zudem hauptsächlich für unsere Comic-Abteilung verantwortlich und spielt hin und wieder auch gerne mal an der (Nintendo-)Konsole.

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