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Nimona

Während ihrer Zeit an einer Kunst-Hochschule begann die Amerikanerin Noelle Stevenson 2012 ihren Webcomic “Nimona”. Zunächst experimentell und als Tumblr-Blog, später auf einer eigenen Website — zwei Updates pro Woche. Und obwohl der Erfolg zu Beginn nicht absehbar war, sei ihr von Anfang an klar gewesen, wo die Geschichte einmal enden sollte, so Stevenson in einem Interview mit einem Comic-Magazin.
Was unter Erfolg zu verstehen ist? Nun, für einen Webcomic sind zahlreiche begeisterte “Follower” sicher schon ein guter Maßstab, und getoppt wird das Ganze dann mit einer gedruckten Buch-Ausgabe. “Nimona” hat beides geschafft. Stevenson konnte darüber hinaus aber sogar die Rechte für eine Animationsfilm-Adaption an 20th Century Fox verkaufen. “Läuft bei ihr!”, könnte man also sagen.
Nun ist die gesamte Geschichte als “Mini-Splitt” (Imprint des Bielefelder Splitter-Verlags) auch bei uns erschienen — als 272 Seiten starkes Buch in Tradepaperback-Ausführung.

• Man kann nicht einfach Leute umbringen. Es gibt Regeln, Nimona.
• Geht es nicht genau darum, wenn man Schurke wird? Dass man sich nicht an Regeln hält?Blackheart muss der impulsiven Nimona etwas Zurückhaltung beibringen…

© für die deutsche Ausgabe: Splitter Verlag

Ritter, Drachen, Video-Konferenzen — die Geschichte von “Nimona” ist in einer Mash-Up-Welt aus mittelalterlicher Fantasy und Science-Fiction angesiedelt und dreht sich im Kern um einen Schurken namens Ballister Blackheart und dessen früheren Freund und heutigen Erzfeind Ambrosius Goldenloin, der wiederum auf der Seite der Guten steht und für das Institut für Strafverfolgung und Heldentum arbeitet. Oh klar, und natürlich vor allem um Nimona, das (schon etwas anstrengende) Waisen-Mädchen, das sich Blackheart als Sidekick aufdrängt, um ein bisschen Spaß mit listigen Plänen, fiesem Morden und allem was das Dasein als Bösewicht sonst so an aufregenden Abenteuern bietet, zu erleben.
Blackheart ist von der Idee eines lästigen Schurken-Praktikanten zunächst gar nicht angetan, allerdings hat Nimona noch einen Trumpf im Ärmel: sie ist nämlich Gestaltwandlerin, kann sich in Nullkommanichts praktisch in jedes beliebige Wesen verwandeln und somit — ob als Undercover-Spitzel oder als Waffe, ob als Mäuschen oder als feuerspeiender Drache — einem Bösewicht damit natürlich äußerst nützlich sein.

• Das war erst Phase eins.
• Ja! Phasen!Nimona freut sich, wenn in Blackheart der richtige Schurke hervorkommt…

Zugegebenermaßen hatte ich das Buch zunächst mit einiger Skepsis beäugt. Das lag nicht nur am recht eigenwilligen, einfachen Zeichenstil. Ich hatte den Verdacht, dass es sich eher um eine “Mädchen-Geschichte” handelt und/oder um eine Parodie mit unzähligen kurzen, mehr oder weniger zusammenhangslosen Episoden. Und tatsächlich wirken die ersten Seiten, auf denen sich Nimona Blackheart als vom Arbeitsamt geschickte Sidekick-Bewerberin vorstellt, auch ziemlich parodistisch.
Wie eingangs schon erwähnt, bestätigt die Autorin selbst, dass das Ende inhaltlich schon immer feststand. Der Weg dorthin aber vermutlich nicht. Nach den ersten paar Kapiteln bekommt man bald das Gefühl, dass Stevensons Ideen mit der Zeit immer ausgefeilter wurden. Ein roter Faden wird sichtbar, und das Ganze verliert auch schnell den Beigeschmack einer bloßen, albernen Parodie.

© für die deutsche Ausgabe: Splitter Verlag

Der schwarzhaarige Schuft — übrigens gleichzeitig so etwas wie ein “verrückter Wissenschaftler” — und das freche Mädchen, das mal richtig auf den Putz hauen will, auf der “böse”-Seite. Auf der Seite der Guten das Institut und der heldenhafte Ritter mit güldener Mähne (und Lende) in königlicher Mission. Stevenson lässt diese zu Beginn aufgestellten, etwas klischeehaften Grundregeln mit der Zeit aufweichen: Ist Blackheart wirklich eindeutig der Böse? Und sind Goldenloin und das Institut wirklich gut? Und was ist mit Nimona? Ist sie nun ein Mädchen, das sich in ein Monster verwandeln kann, oder ist sie ein Monster, das sich, wenn nötig, in ein Mädchen verwandelt?
Mit Spannung und Humor geht es in der kurzweiligen Geschichte aber eigentlich vor allem um eins: das Thema Freundschaft.

Schließlich hat mich “Nimona” also doch noch rumgekriegt. Ab irgendeiner Stelle, vielleicht ungefähr nach dem ersten Fünftel der Seiten, entwickelte sich die Geschichte für mich tatsächlich immer mehr zu so etwas wie einem Pageturner, und das Schurken-Duo wurde mir immer sympathischer. Und mit der Optik hatte ich mich bis dahin außerdem auch angefreundet.

Eine Leseprobe mit ein paar Seiten findet ihr auf der Seite zum Buch bei Splitter.Viele weitere Comic-Reviews findest Du übrigens in unserem alphabetischen Index

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Über den Autor des Beitrags

Gerald

Hört so ziemlich alle Genres querbeet, von Heavy bis Electro, von Folk-Pop über World und Rock bis Hip-Hop. Ehrliche, handgemachte Musik ist aber noch die beste und Radio-Rotation ist evil. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Ist zudem hauptsächlich für unsere Comic-Abteilung verantwortlich und spielt hin und wieder auch gerne mal an der (Nintendo-)Konsole.

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