Secret Service 01
Die Geschichte beginnt mit Mark Hamill (“Luke Skywalker”), der in einer Berghütte bei Zermatt festgehalten wird. Über die Hintergründe erfährt weder der Leser noch der Gefangene etwas. Stattdessen muss sich Hamill von den bis an die Zähne bewaffneten Gangstern auch noch in eine Diskussion über die Sinnhaftigkeit der “Star Wars”-Prequals verwickeln lassen…
Plötzlich geht alles ganz schnell. Ein Agent des MI6 befreit den Star und flüchtet mit ihm per Schneemobil vor den Ski fahrenden, ballernden Verfolgern. Die beiden springen schließlich mit samt dem fahrbaren Untersatz über eine Klippe in die Tiefe. Das ist dann die Szene, in der eigentlich – wer erinnert sich nicht an den spektakulären Stunt in “Der Spion der mich liebte” – der mit dem Union Jack verzierte Fallschirm aufgehen sollte. Leider funktioniert das nicht ganz wie geplant und… Krck!… Mission gescheitert – Jedi (und Geheimdienstler) verloren.
Wie gesagt, ich bin auch in diesem Viertel aufgewachsen. Das heißt nicht, dass ich mich wie ein Clown anziehen und mein Vokabular auf acht sexuelle Kraftausdrücke reduzieren muss.Jack zu seinem erstaunten Neffen Gary nach einer Kneipenschlägerei
Das ist nur eine Vorgeschichte, aber sie hängt natürlich mit der Rahmen-Story zusammen. Denn überall auf der Welt werden berühmte Persönlichkeiten, Bestseller-Autoren, Ex-Wrestler, Kino- und TV-Helden oder auch ehemalige Hanna-Barbera-Trickfilmzeichner, entführt.
Der Geheimdienst vermutet zunächst, die Chinesen hätten etwas damit zu tun. Die Parallelen zum einem früheren CIA-Plan namens “Operation Starkiller”, bei dem durch ähnliche Aktionen die Moral des Feindes gebrochen werden sollte, scheinen groß. In Wahrheit steht aber, wie in alter Bond-Manier, einfach nur ein einzelner, größenwahnsinniger Bösewicht mit Weltherrschafts-Plänen dahinter. Ein klarer Fall also für… nein, nicht “Bond, James Bond”, sondern “Jack, Onkel Jack”, der beste Mann im Stalle des MI6.
Dessen Neffe Gary wächst im südlichen London, in Peckham, zusammen mit seiner Mutter Sharon und seinem kleinen Bruder Ryan auf. Immer wieder landet er wegen irgendwelchen dummen Delikten auf dem Polizeirevier, wo ihn Onkel Jack mit seiner Dienstausweis-Karte abholen muss.
Jack sieht in Gary allerdings nicht nur den kleinkriminellen Verlierer, sondern auch viel Potenzial. Also erzählt er Gary von seinem wirklichen Job und macht ihm das Angebot, ihn in die Agenten-Ausbildung zu bringen, damit er sein bisheriges, verkorkstes Leben hinter sich lassen kann.
Gary willigt ein und nimmt am harten und vielseitigen Training für angehende Agenten teil – und er schlägt sich dort erstaunlich gut. Beim Überwachungstest bringt er Fotos von ranghohen Scientologen beim Sex, beim Autodiebstahl-Test zum Erstaunen der Kollegen den Rolls-Royce der Queen. Und mit Waffen kennt er sich sowieso aus – schließlich hat er ausgiebig “Medal of Honor” gezockt. Da seine Herkunft aber auch Probleme mit sich bringt, dauert es ein bisschen, bis sich Onkel und Neffe dann schließlich gemeinsam an den Fall machen…
Außerdem hatte ich immer den Eindruck, dass er ein ausgesprochen rationales Individuum ist. Ich bin sicher, dass er über den Völkermord hinwegsieht und die Logik zu schätzen weiß, wenn ich ihm erkläre, was wir vorhaben.Bösewicht Dr. Arnold über Ridley Scott, der auch entführt werden soll
Wie bei Ian Flemings „007“ wird auch bei “Secret Service” gerne mit allerlei technischen Spielereien übertrieben. Londons Turner GT hat beispielsweise jede Menge “Extras”, die nicht gerade sehr realistisch sind: Raketen-Antrieb, Flügel, usw. Mit seiner Ausweiskarte kommt er in jedes Gebäude und kann jedes Auto starten. Und mit seiner Brille betreibt er Videotelefonie am Picadilly Circus auf einer riesigen Videotafel – für alle anderen natürlich unsichtbar (Stichwort „Augmented Reality“).
Mark Millar hat sich ein Thema ausgewählt, bei dem er sich so richtig austoben kann. Dabei bleibt das Ganze immer spannend, zumal auch ansprechend erzählt, und rutscht nicht ins Lächerliche ab (was man ja durchaus befürchten könnte). Etwas gemeinsam mit Millars „Kick-Ass“ hat die Story in dem Sinne, dass auch hier ein Normalo in die Haut eines „Superhelden“ schlüpft – wenn auch ohne Spandex-Outfit. Der für die Kick-Ass-Verfilmung verantwortliche (Regie, Drehbuch, Produktion) wirkte hier übrigens auch als Co-Autor mit.
Die Bilder-Basis zu dem Spektakel liefert niemand geringeres als Dave Gibbons, der durch seine Zusammenarbeit mit Alan Moore bei Watchmen großes Ansehen genießt. Neben ihm waren Andy Lanning (für das Tuschen, außer in Episode 1 von 6 insgesamt) und Angus McKie (für die Farben) an der optischen Erscheinung beteiligt. Insgesamt ist diese sehr gelungen, wenn auch die Promis ohne Hinweis wohl nicht so recht zu erkennen wären.
Mit Secret Service 01 startet eine Serie für alle Fans von Crime- und Agenten-Stories à la Bond, die optisch und sprachlich eher weniger oft brutal wird oder arg unter die Gürtellinie geht und stattdessen mit einer spannenden (wenn auch nicht neuen) Story punktet.
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