Sherlock Holmes & das Necronomicon
Bei seinem “letzten Problem” kam es am 4. Mai 1891 zwischen dem berühmten Sherlock Holmes und seinem größten Widersacher, dem ebenso kriminellen wie genialen Professor Moriarty, zum großen Finale. Bei der kämpferischen Auseinandersetzung stürzten beide die Schweizer Reichenbachfälle hinab und waren tot. Der eine mehr, der andere weniger. Während Moriarty tatsächlich besiegt war, täuschte Holmes mit diesem Manöver seinen eigenen Tod nur vor…
So weit die Geschichte aus dem Kanon, also aus dem Teil des Holmes-Kosmos, der aus Sir Arthur Conan Doyles eigener Feder stammt. Zu dieser gesellten sich im Laufe der Zeit unzählige Pastiches verschiedenster Autoren, die sich mal fester mal loser in diesen Kosmos einfügen.
Ein solcher Pastiche ist “Sherlock Holmes & das Necronomicon”, der den 2010 mit “Sherlock Holmes & die Vampire von London” vom gleichen Autoren-/Zeichner-Team Cordurié/Laci begonnenen Kosmos-Ableger fortführt.
Holmes ist unter dem Namen Sigerson (sein Deckname, um nach dem vorgetäuschten Tod unbehelligt weiterleben zu können) gerade auf einem Forschungsschiff in der Antarktis unterwegs, als er auf einer Insel plötzlich eine Vision seines Kampfes mit Moriarty hat. Im Gegensatz zu den damaligen Geschehnissen, schafft es Moriarty diesmal allerdings, ihn in den Abgrund zu stoßen.
Durch diese merkwürdige Erscheinung fühlt sich Holmes nach London zurückgerufen. Dort angekommen, gerät er auch gleich wieder an Moriarty.
Moment! War der nicht tot? War er! Und zwar im Gegensatz zu Holmes tatsächlich! Allerdings schaffte er es mit Hilfe schwarzer Magie zurück zu den Lebenden.
Nur ein letzter Schritt fehlt noch, um seine Rückkehr perfekt zu machen. Und dazu soll ihm das Necronomicon behilflich sein. Um in dessen Besitz zu kommen, setzt Moriarty die Bürger Londons, Königin Victoria, deren Leute und natürlich Holmes ordentlich unter Druck und demonstriert eindrucksvoll seine neu erlangte Macht…
Cordurié lässt mit seinem zweiten Holmes-Comic zwei äußerst bekannte Welten aufeinander prallen: die des klugen Kopfes aus der Baker Street und die des Cthulu-Mythos von H. P. Lovecraft. Die eine ist bekannt für überlegene Detektiv-Arbeit, die andere für Horror, Fantasy und schwarze Magie – und letztlich eben für das uralte Necronomicon-Buch.
In der Geschichte sind zwar auch Referenzen auf den Vorgänger “Sherlock Holmes & die Vampire von London” untergebracht. Zum Verständnis muss man diesen aber nicht gelesen haben. Da gerade auf den ersten Seiten auf dem finalen Kampf an den Reichenbachfällen und dem auf Weltreise untergetauchten Holmes aufgebaut wird, sind diese “Fakten” natürlich wichtig für den leichteren Einstieg.
Im französischen Original besteht die Geschichte aus zwei Teilen. Als Teil der “Splitter Double”-Reihe vereint die deutsche Ausgabe diese beiden Teile in einem Buch. Die Geschichte ist somit in diesem einem Band abgeschlossen.
Die letzten Seiten zeigen ein paar Seiten aus seinem Skizzenbuch von Laci, dessen Zeichenstil ich zwar zunächst etwas gewöhnungsbedürftig fand, der die Story letztendlich aber doch sehr gut transportierte. Außerdem finden sich dort Kurzporträts der beiden (hauptsächlichen) Macher und ein Interview mit dem Autoren.
Holmes trifft also auf Zombie-Moriarty und Cthulu-Magie. Dabei richtet sich das Buch eher an Lovecraft-Fans als an die des Detektivs. Denn während das lovecraft’sche Thema ausgiebig eingeflossen ist, bleiben die sonst so bedeutenden und beeindruckenden, detektivischen Fähigkeiten Holmes’ nahezu unberücksichtigt und die Figur dadurch eher blass. Wäre nicht die Vorgeschichte, die immer wieder auch Erwähnung findet, könnte der “Holmes” genannte Herr tatsächlich ein beliebiger sein.
Nichtsdestotrotz erzählt “Sherlock Holmes & das Necronomicon” in ansprechenden Bildern eine spannende Geschichte, in der der Held schließlich nicht weniger als die Menschheit retten muss…
Eine Leseprobe findet ihr, wie immer, auf der Verlagsseite zum Buch bei Splitter.Viele weitere Comic-Reviews findest Du übrigens in unserem alphabetischen Index…