Urban 01: Die Spielregeln
Die Technik im Jahr 2059 ist weit fortgeschritten, aber das Leben scheint eher grau und trist zu sein. Damit die Leute dem Alltag entfliehen können, hat Springy Fool – ein ziemlich aufgedrehter Typ im Hasenkostüm – die 300.000 ha riesige Stadt “Myjoy” als eine Art Vergnügungspark für 18 Millionen Besucher pro Tag aufgebaut. Zusammen mit dem Kontrollsystem A.L.I.C.E., das an seiner Seite in einer virtuellen, weiblichen Gestalt gezeigt wird, leitet und moderiert Springy das Geschehen in Myjoy praktisch allgegenwärtig.
Ihr merkt schon: eine Spaßwelt mit einem Hasen und A.L.I.C.E. an der Spitze? Ganz klar eine Anspielung auf Alice im Wunderland…
Myjoy, der letzte Ort in der Galaxie, an dem man Spaß hat!
Zachary “Zach” Buzz lebt eigentlich mit seiner Familie auf dem Land. Sein Beschluss steht aber fest: er möchte nach Myjoy gehen und dort der Polizei beitreten und gefährliche Verbrecher schnappen (Klein-Kriminelle werden indes von Robo-Bullen, gesteuert von A.L.I.C.E. gestellt). Beim Training zieht der sanfte Riese aber den Kürzeren gegen den großmäuligen Isham El Ghellab, der so seinem Traum in den Weg kommt, der nächste Urban Interceptor zu werden.
Stattdessen wird es also Isham. Und kaum steht der als tapferer Held in Uniform fest, wird ein gewisser “Al Bungy” ermordet. Der Urban Interceptor nimmt unter den Augen von ganz Myjoy die Verfolgung auf. Die Ermittlungen und die Jagd werden als mediales Event mit Springy als Showmaster zelebriert und auf zahlreichen Bildschirmen überall in der Stadt live mitverfolgt. Wetten werden abgeschlossen.
Während dessen spricht Protagonist Zach immer wieder mit seinem imaginären Freund “Overtime” (ein Held aus seiner Kindheit). Von seinem Traum, als Urban Interceptor gegen das Verbrechen zu kämpfen, scheint er meilenweit entfernt zu sein. Also schmollt er in seinem Zimmer im “Heart Queen Hotel” (Alice!) und freudet sich dort mit einer Bediensteten an – eine Verbindung, die im weiteren Geschehen scheinbar noch von Bedeutung sein wird.
Luc Brunschwig erzählt eine irre, wirre Science-Fiction-Story aus einer düsteren Zukunft, die sich wohl niemand wünschen dürfte. Myjoy steht zwar einerseits für das grenzenlose Vergnügen, auf der anderen Seite zeichnen die Geschehnisse aus der verruchten Megapole die Vision einer verkorksten Gesellschaft. Auf diese Weise werden Fragen über Recht und Gerechtigkeit und quasi über Gut und Böse gestellt.
Dementsprechend sind auch die Grafiken von Zeichner Roberto Ricci in keinster Weise bunt und vergnügt, sondern unterstreichen in Stil und Farben die Verdorbenheit der Stadt. Zwischen den blinkenden Neon-Schildern und dem Dreck der Stadt und dem Gewusel sind viele Details zu entdecken.
“Urban 01: Die Spielregeln” scheint für sich alleine betrachtet noch etwas unklar und verwirrend. Nur schwer und nur in Teilen versteht man nach und nach die Funktionsweise von Myjoy und die Bedeutung der Stadt und der wichtigen Figur “Overtime”. Der zweite Band “Die zum Sterben Verdammten” wird sich das hoffentlich beheben bzw. verbessern. Trotzdem ist ein toller, spannender Anfang gemacht und “Urban” gut zu empfehlen.
Ein paar Seiten als Leseprobe findet ihr beim Splitter-Verlag:
http://www.splitter-verlag.eu/urban-bd-1-die-spielregeln.htmlViele weitere Comic-Reviews findest Du übrigens in unserem alphabetischen Index…