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Tell 'Em All – James Hetfield: Die Biografie des Frontmanns von Metallica

Metallica ist — auch heute noch und wohl unbestritten — eine der bedeutendsten Metal- und Rock-Bands der Musikgeschichte. Ihre Alben legendär, und das, obwohl es immer wieder auch Kritik gehagelt hat: So gab es z.B. ein Album ohne Bass (“… And Justice For All”), eines mit einer grauenhaft klingenden, penetranten Snare (“St. Anger”) und eines mit einem gnadenlos komprimierten Sound (“Death Magnetic”), aber auch drei Alben, die einen ganz ungewohnten Stil zeigten (“Load”, “Reload” und die Kooperation mit Lou Reed). Trotzdem verehren alte Fans Metallica für “… And Justice For All” und vor allem für “Master Of Puppets” als Thrash-Helden, während eine andere Generation mehr das Black Album (“Metallica”) als Meilenstein feierte.
Alles zu recht! Metallica haben den Spagat von fast dilettantisch vorgehenden Thrash-Pionieren einer kleinen Untergrund-Szene zu familienfreundlichem, Stadien füllendem Mainstream-Metal (und wieder ein Stück zurück) gemeistert, irgendwie immer so ziemlich alle Fans mitgenommen und dabei auch noch Basser-Krisen (der Unfalltod von Cliff Burton und das Drama um Jason Newsted), Suchtprobleme und diverse Streitigkeiten überstanden. Kein Wunder also, dass auch die Karriere und die persönlichen Hintergründe um den mit der Zeit beeindruckend gereiften Frontmann James Hetfield überaus interessant sind.

Das Buch “Tell ‘Em All – James Hetfield: Die Biografie des Frontmanns von Metallica” von Mark Eglinton nähert sich auf 224 Seiten und 18 Kapiteln Schritt für Schritt der Person Hetfield. Angefangen bei “Jamies” Kindheit und Jugend in Downey, einem Vorort von Los Angeles, über die musikalische Entwicklung und die Freundschaften, die aus demselben Interesse für harte Musik entstanden, bis zunächst hin zum Anfang von Metallica.
Ab diesem Punkt geraten allerdings eher die Band, ihre Live-Auftritte und ihre Alben in den Mittelpunkt der Chronologie. Viele Ereignisse rund um die Band muss man wohl betrachten, wenn man Hetfield als Person und vor allem dessen Reifung vom schüchternen Jungen zum streitbaren Bandleader, vom Hobbyklampfer zum präzisen Thrash-Schraddler, vom Sänger wider Willen zu einem der größten Frontmänner mit unverwechselbarer Stimme verstehen will. Und das ist letztlich die Idee des Buches: Es wird die Geschichte der Band und ihrer Alben erzählt und an den geeigneten Stellen auf Hetfield Bezug genommen. Wobei die meisten “internen” Informationen aus Interviews mit alten Wegbegleitern wie z.B. den Freunden aus der Schulzeit Hugh Tanner, Ron McGovney oder Dave Marr, oder auch Kollegen anderer Bands wie Rex Brown (Pantera) und Jeff Waters (Annihilator) u.a. stammen.

Genau das dürfte aber das größte Problem des Buches sein. James Hetfield selbst hat eben keinen direkten Input geliefert — und ebenso wenig Ulrich, Hammett, Trujillo oder Newsted. Eglinton hat also kein Gespräch mit dem Musiker selbst geführt, sondern stattdessen hauptsächlich frei verfügbare Fakten über die Band in einer Chronologie aufbereitet und diese mit Statements einiger Leute aus dem Umfeld angereichert.
Für große Fans, die bisher alle irgendwo aufzutreibenden Informationen über die Band aufgesogen haben, wird das Buch also kaum wirklich Neues bieten können. Hauptsächlich die eingestreuten Erzählungen der frühen Wegbegleiter über Hetfield als Person oder Treffen mit ihm dürften da die Ausnahme sein — vor allem die von Hugh Tanner, denn der hat mit Eglinton erstmals öffentlich zum Thema gesprochen.

Das englischsprachige Original, das übrigens anders als die deutsche Ausgabe “So Let It Be Written” heißt, erschien schon im April 2017. Dabei handelt es sich um eine neue Ausgabe des bereits 2010 von Eglinton veröffentlichten Buches “James Hetfield – The Wolf At Metallica’s Door”, das offenbar — ich kenne die beiden englischen Bücher nicht, sondern habe nur die Kapitelnamen verglichen — nun um ein Kapitel verlängert wurde, um damit auch die Zeit nach “Death Magnetic” und um “Hardwired… To Self-Destruct” herum noch abzudecken.

Ob die Kritikpunkte letztlich ins Gewicht fallen oder nicht, hängt natürlich vom Leser ab: “Tell ‘Em All” ist eine durchaus lesenswerte Zusammenstellung der Bandgeschichte von Metallica. Diese will auch den Hauptaugenmerk auf Hetfield legen und erklären, wie er zu demjenigen wurde, der er heute ist — schafft das aber nur zum Teil. Die Beschreibung als “erste, definitive Biografie über James Hetfield” erscheint mir daher übertrieben oder zumindest irritierend. Dazu fehlte, dass der Meister aus dem Nähkästchen plaudert und mit einem Autor zusammen seine Geschichte selbst erzählt.

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Über den Autor des Beitrags

Gerald

Hört so ziemlich alle Genres querbeet, von Heavy bis Electro, von Folk-Pop über World und Rock bis Hip-Hop. Ehrliche, handgemachte Musik ist aber noch die beste und Radio-Rotation ist evil. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Ist zudem hauptsächlich für unsere Comic-Abteilung verantwortlich und spielt hin und wieder auch gerne mal an der (Nintendo-)Konsole.

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