Alpen Flair Open Air 2019 – Südtirol
„In Natz regnet es NIE!“ – Mit diesem Motto der Südtiroler Gemeinde Natz stieg auch dieses Jahr wieder das Alpen Flair Festival. Leider war auch dieses Jahr mit „nur Sonnenschein“ recht wenig. Zwischen Wolkenbruch, Feierlaune und abwechslungsreicher Musik wurde erneut auf dem Ex-Nato Gelände genügend Bier und Pizza vernichtet und dabei lautstark mitgesungen.
Ja, dieses Festival ist sicherlich nicht für den reinen Heavy-Metal-Fan gedacht. Zwischen Schlager, (Deutsch-)Rock und Melodic-Death-Metal wurde auch bei dieser Ausgabe des größten Volksfestes Südtirols freilich nicht gespart. Welches Festival bietet schon auf der gleichen Bühne und am gleichen Tag Amigos und In Flames? Wacken, dass Summer Breeze oder Rock am Ring?
Das ist wohl genau das, was das Alpen Flair so einzigartig macht. Diese musikalische Abwechslung, die wahrlich einen Fick auf krasse Genre-Wechsel gibt. Ja, der ein oder andere Fan musste sicherlich stark sein, aber vermutlich schmunzelt jeder anschließend über die Kombi der Künstler, die nicht unterschiedlicher sein können.
Warm-Up-Party und Rahmenprogramm
Wer nur auf das Festival geht, um Bands zu sehen, der ist wohl in Südtirol falsch! Auch dieses Jahr wurde wieder einiges rund um das Festival geboten. Traditionell natürlich die in aller Munde stehende Warm-Up-Party in Natz. Ein ganzes Dorf, das mit den Besuchern des Festivals das Spektakel traditionell am Mittwochabend eröffnet.
Es wurde auf dem Dorfplatz eine Bühne aufgebaut, an dem an diesem Abend Cover-Songs aus allen Bereichen des Pop/Rock und Punk zum Besten gegeben wurde. Nachdem mit Blasmusik das Bierfass angezapft wurde hatten die Festivalbesucher die Qual der Wahl. Zwischen Cover-Live-Musik, gemütliches Beisammensein und lecker Pizza essen im Goldenen-Apfel/Gasthaus Anich oder einigen Scheunenpartys wurde genug Abwechslung geboten.
Ja, langweilig sollte es keinem an diesem Abend geworden sein, auch wenn gegen später Stunde der erste Regenschauer einen Ausblick auf die kommenden Tage bot. Regen war ab Mittwochabend (leider) an der Tagesordnung…
Als Rahmenprogramm abseits des Festivals wurde auch die Tage zuvor vom Rookies&Kings Store in Brixen einige Freizeitangebote angeboten. Zwischen Bunker-, Sonnenaufgangs-Wanderungen oder Canyoning-Touren wurde die wunderschöne Landschaft den Besuchern präsentiert.
An dieser Stelle Werbung in fremder Sache: Die Canyoing Tour war der Hammer und kann nur wärmstens empfohlen werden, auch wenn es im Wasser alles andere als warm ist ;)
Aber auch Abseits des Festival-Rahmenprogramms konnte man das Festival wunderbar mit einem kleinen Urlaub verbinden. Das Land der 1000 Berge macht seinem Namen alle Ehre und auch die Running-Order bietet genügend Möglichkeiten, vor den ersten Bands in die Berge zu gehen. Kann man das bei Wacken eigentlich auch?
Donnerstag
Der Donnerstag stand im Zeichen der Heavy-Metal-Musik, wären da nicht die Amigos. Zwischen Hangar X und Equilibrium gaben die beiden Schlager-Brüder mit ihren „Hits“ alles und landeten zu 100% beim Publikum. Kaum zu glauben, dass so ein extremer Genre-Wechsel funktionieren kann. Und ja, das Alpen Flair zeigt es jedes Jahr wieder, dass es funktioniert und dieses einzigartige Konzept aufgeht. Von Schunkeln zu Headbangen und Wall of Death. Der Wahnsinn!
Gefolgt wurde von den Bad Wolves aus Kalifornien. Eine Band, die mit ihrem aktuellen Album „Disobey”gezeigt haben, was in ihnen steckt. Die Bühne sowie die Masse verwandelte sich in ein Schlachtfeld. Hits wie „Officer Down“,“Hear me Now“ oder einem Medley aus verschiedenem Rock/Metal Songs (System of a Down, Nirvana, Rage Against The Maschine) und natürlich ihrem The Cranberries Cover “Zombie” machten die junge Truppe zum verfrühten Headliner.
Deutlich schwieriger hatten es dann die eigentlichen beiden Highlights des Abends. Pünktlich zum ersten Riff von Three Days Grace verschlossen die Wolken den Himmel und es fing an wie aus Eimern zu schütten. Trotz Hits wie „The Mountain“ hatten die Kanadier kein leichtes Spiel – Dieses Dilemma ging an diesem Abend leider auch bei In Flames weiter. Statt in Flammen gab es die erste leichte Schlammschlacht und Dusche. Dennoch standen einige begeisterte Zuhörer den Schweden bis zum bitteren Ende bei. In Flames sind ein Highlight das man gesehen und gehört haben muss.
Freitag
Strahlender Sonnenschein und zum Himmel ragende Alpen begrüßten die Besucher am Freitag. Beste Voraussetzung für ein abwechslungsreiches Programm mit Ballermann-Flair in den Bergen. „Bist du braun, kriegst du Fraun“. Dieses Motto stand mit Headliner Mickie Krause auch auf dem Programm.
Mit den Dorfrockern wurde die Party-Meile an diesem Tag feierlich eröffnet und direkt danach mit Kärbholz in Ekstase gebracht. Die Stimmung war perfekt. Ausgelassene Chöre und feiernde Menschen zwischen Schlager und Deutschrock.
Doch Thor hatte für diesen Tag anderes vor mit den Zuschauern. Gefühlt pünktlich zum ersten Ton bei Lacuna Coil begann es mit Regnen und im Publikum entstanden immer mehr Lücken. Für die Band schlug an diesem Tag wohl keine goldene Stunde. Das Karma hielt auch bei Ugly Kid Joe weiter an, die es trotz ihres Bekanntheitsgrades schwer hatten, die Stimmung aufrecht zu erhalten.
Selbst der „gute Laune“ Meister Mickie Krause musste an diesem Abend kämpfen. Die Stimmung wurde bei ihm zwar deutlich besser, kam aber nicht an das Highlight von 2016 heran, als Krause den Ballermann in die Alpen holte. Sehr schade, aber wenn das Wetter nicht mitspielt, haben selbst die größten Entertainer ihre Schwierigkeiten. Es gibt freilich auch deutlich schöneres als durchnässt in einem matschigen Infield zu feiern. Respekt an alle die es bis zum Ende durchgehalten hatten.
Finale: Samstag
Das Festival steht jährlich im Zeichen einer in Deutschland umstrittenen Band. Doch Reisen jedes Jahr tausende begeisterte Fans aus ganz Deutschland nach Natz um genau diese Band zu sehen: Frei.Wild!
Dieses Mal pilgerten 15.000! Fans nach Natz, um ihre Lieblingsband zu sehen. Spannend ist hier wirklich die unterschiedliche Wahrnehmung der Band. In Deutschland kritisiert, in Südtirol, vor allem in Brixen, gefeierte Helden. Frei.Wild ist hier gefühlt überall. Ein Ausflug auf die Plose (Hausberg Brixen) machte dies auch wieder deutlich. Zum einen ein sehr freundlicher Verkäufer von Tickets an der Gondel mit einem F.W Tattoo und zum anderen gab es mehrere Frei.Wild Gondeln, die Berg- und Talfahrten machen. Welche deutsche Band hat denn sowas?
Nichts desto trotz wachte man am Samstag auf und dachte sich nur, wann hört es jetzt endlich auf mit Regnen? Und ja, das Publikum hat an diesem Tag tatsächlich etwas gebraucht, um in Stimmung zu kommen. Glücklicherweise verabschiedete sich am Mittag der Regen endgültig, doch man merkte, dass viele Festivalbesucher wahrlich geschlaucht waren von diesen feuchten Ergüssen.
Alles mit Stil und Artefuckt mussten das auch spüren. Viel los war bei diesen beiden Acts nicht. Erst die Trogelauer schafften es, die Massen in Bewegung zu setzen und die Crowd von vorne bis hinten zu füllen. Ab jetzt hieß es wieder „Feuer frei“ und die Party war im vollen Gange. Feuer frei war auch das Motto bei den Jungs von Powerwolf. Die Heilige Messe zog in Natz ein und zelebrierte ein episches Power-Metal-Spektakel. Powerwolf sind eine Hausnummer für sich und ein würdiger Co-Headliner. Die „Messe“ mitzuerleben ist immer ein Ereignis, das es zu sehen lohnt.
Doch das eigentliche Highlight folge danach: Die Gastgeber Frei.Wild gaben 110% und verwandelten das Festival in ein Schlachtfeld der Gefühle. Heimspiel! Das schlechte Wetter war von einer Sekunde auf die nächste quasi bei allen Fans vergessen und der Abend wurde zur Superlative und das Festival erneut zu einem vollen Erfolg. Von den Clubs zum Heimspiel und jetzt in Kürze ins Frankfurter Stadion. Die vier Südtiroler wissen wie sie die Herzen ihrer Fans höherschlagen lassen, trotz der ganzen Neider und Kritiker, die es in Deutschland gibt. Ein Zusammenhalt, den man selten zwischen Band und Fans sieht! Respekt.
Fazit
Schlechtes Wetter gibt es nicht, nur schlechte Kleidung. Das Alpen Flair war auch dieses Jahr wieder ein voller Erfolg. Ein abwechslungsreiches Line-Up, das es sonst so nirgends im deutschsprachigen Raum gibt. Vielen Dank an die Veranstalter und natürlich an das freundliche und hilfsbereite Dorf Natz. Man merkte, dass in diesem Dorf wirklich jeder willkommen ist. Soviel Herzlichkeit findet man sonst nur selten. Doch der Slogan des Dorfs sollte dringend überarbeitet werden: In Natz regnet es nämlich IMMER! :)
Weitere Fotos gibt es auf SailerWatchBlog.