Baden in Blut 2018 – 21.07.2018 Weil am Rhein
Baden in Blut: Endlich wieder Metal im Markgräflerland und das auch noch an dem gefühlt einzigen Tag in diesen Sommer, an dem nicht akute Sonnenstichgefahr besteht. Überpünktlich sind wir auf dem Festivalgelände und freuen uns wie Bolle über die günstigen Bier- und Getränkepreise, coole Second-Hand Plattenläden und das entspannte Verzehrkartensystem. Doch eigentlich sind wir deswegen nicht hier! Wir sind hier um das Haupthaar zu polternder Double Bass und drückenden Riffs zu schwingen.
Ersten Anlass hierfür lieferten die selbsternannten Black Forest Rednecks von KYLER, die den Blood Battle Contest 2018 gewannen und somit ganz traditionell das Baden in Blut musikalisch eröffneten.
Galerie: Kyler
Ihr Statement ist eindeutig: solide Pantera-Imitation badisch serviert! Es bleibt hierbei aber eines festzuhalten: Der Opener hat leider selten die Möglichkeit, sofort für Partystimmung zu sorgen, genau so wenig wie die melancholisch anmutenden PILLORIAN um Ex-Agalloch Frontmann John Haughm.
Galerie: Pillorian
Doch unverhofft kommt oft! Wer hätte schließlich vor Beginn des Festivals gedacht, dass bereits die dritte Band das Highlight des Festivals auf die Bühne bringt. DESERTED FEAR lieben das was sie tun offensichtlich. Schließlich ist den Mitgliedern die Grinsekatze ins Gesicht tätowiert. Hier wird Old-School Death Metal zelebriert, der so früh am Tag die Massen ins Infield zieht und das obwohl die sympathischen Zonis teilweise klingen wie eine True Version der beim Baden-In-Blut-Klientel so verhassten Heaven Shall Burn.
Galerie: Deserted Fear
Die Pits und das Meer aus fliegenden Haaren werden allerdings umgehend von HELHEIM aufgehalten, da die beiden Sänger so enorme Probleme mit der Intonation haben, dass man sich an klägliche Gesangsdarbietungen bei DSDS-Castings erinnert fühlt. Schade!
Galerie: Helheim
Obwohl SKELETONWITCH im Anschluss eine wirklich tolle Show liefern, bleibt das Stimmungstief leider weiterhin bestehen. Man bemerkte deutlich, dass die meisten hier auf ASPHYX warten.
Galerie: Skeletonwitch
30 Jahre gibt es die Death-Doom-Holländer schon in wechselnder Besetzung. Während Frontmann Roberto Blanco (als dieser hat sich Martin van Drunen zumindest vorgestellt) über die Bühne tigert, als wäre er in seinen Zwanzigern, fragt man sich, wie diese Urgesteine es möglich machen, immer wieder solch motivierte Shows abzuliefern.
Galerie: Asphyx
Die selbe Frage stellt sich auch bei Kultfigur Gerre: Ob „The Morning After“ zu Beginn oder gegen Ende des Sets „A Girl Called Cerveza“ oder „(Empty) Tankard“, gefühlt ist hier jeder Song ein Hit! Auch wenn das Gefühl für Hits unter dem steigenden Bierkonsum während einer TANKARD Show zugegebenermaßen enorm leidet. Die Stimmung ist somit bereitet für die absolute Reitermania.
Galerie: Tankard
Während anschließend DIE APOKALYPTISCHEN REITER spielen, kommt sogar die Abendsonne etwas durch den sonst ganztäglich wolkenverhangenen Himmel. Mit riesigen Luftballons, Gummibooten, einer großen Bühnendeko und Lichtshow ist hier einiges geboten. Das Set bietet überraschenderweise eine enorme Dichte an blastbeatgetränkten Stücken aus den alten Prügelzeiten der Reiter, was den ein oder anderen sicher sehr erfreut haben mag. Schade nur, dass der Brecher-Song „Es wird schlimmer“ bereits schon so früh im Set abgefeuert wird.
Galerie: Die Apocalyptischen Reiter
Fast eine Stunde wartet man nun auf ICED EARTH und bekommt dafür musikalische Perfektion mit extrem viel Potenzial für herabfallende Mundklappen. Wenn man die Augen schließt taucht man ein in tolle Atmosphären, Harmonien und Chöre aus der Feder John Schaffers, dargeboten von dem unglaublich starken neuen Leadgitarrist Jake Dreyer … und dennoch bleibt ein fader Beigeschmack bestehen. Die Genialität ist zu routiniert, zu glatt, zu professionell – es fehlt ein wenig die Leidenschaft. Die kann auch Sänger Stu mit seinen aufgetragen anmutenden Ansagen über die „Metal-Family“ nicht ins Spiel bringen. Iced Earth wirken – neben allem Lob für ein tolles Konzert – als hätten sie ein wenig mit Rockstar-Allüren zu kämpfen.
Galerie: Iced Earth
Man verlässt das Festivalgelände natürlich trotzdem erneut mit einem Gefühl von allumfassender Zufriedenheit. Das Billing und die Organisation (hier gibt es sogar Seife an den Dixies) sind für die begrenzten Mittel, die ein ehrenamtlicher Verein wie die Metal Maniacs zur Verfügung hat, einfach nur toll. Hier wird Metal mit jeder Zelle gelebt und kommerziellen Entartungen des Genres wird kein Raum gegeben. Es geht bei diesem Festival wirklich noch vorrangig um eins: Die Liebe zur extremen verzerrten Gitarrenmusik!
Galerie: Festival Impressionen
Bericht: Murphy | Fotos: Raphi