Browse By

Bilderbuch (Support: Kässy) ZMF Freiburg | 03.08.2024

Die Ausgangslage

15 lange Jahre mussten Bilderbuch-Fans in Freiburg seit dem letzten Auftritt in der Breisgau-Metropole warten. Am vorletzten Abend der 40-Jahre-Jubiläums-Ausgabe des Zelt-Musik-Festivals durften sie die österreichische Band aber nun endlich wieder in der Region, genauer gesagt im ZMF-Zirkuszelt, begrüßen und feiern. Umso verwunderlicher — und schade, dass Südbaden nicht das ganze Kartenkontingent für das Zelt ratzeputz leer gekauft hatte.

Der Support

Den Konzertabend eröffnen durfte die Wienerin Katrin Paucz, die man als Gitarristin und Sängerin von Sharktank kennen könnte und für ihre Solo-Karriere unter dem Namen Kässy auftritt.
Lediglich von einem DJ begleitet, performte sie mit Gitarre und Gesang ihr 30-minütiges Set (Setlist: siehe unten). Während sich ihre Studiomusik (bei Spotify sind bislang nur zwei Songs zu hören) sehr elektronisch anhört, geriet auf der Bühne die rockige Gitarre doch wesentlich mehr in den Vordergrund. Zumal auch die ganze Erscheinung sehr nach Rock aussah.
Definitiv sind aber beide Varianten sehr interessant, und der Name ist notiert!

Galerie: Kässy

Der Stil

Schrill, schräg, herzlich. Sänger Maurice kommt in Camouflage-Hose mit Handschellen und einer langen Fellpuschel-Kette am Bund und knallroten Ballerinas an den Füßen ans Mikro. Die Krawatte wurde dann nach kürzester Zeit an den Mikroständer gehängt, das weiße Hemd nach oben und vom Leib gerissen. Später dann ein bauchfreies Top und silber glitzernde Unterarm-Bekleidung.

Wir schauen nicht so aus, aber in uns drin verbergen sich Jazz-Universistätsprofessoren. Jazz ist eine Entscheidung. Es ist kein Stil. Dementsprechend ist alles Jazz.

Band & Bühne

Die Band kam zu fünft auf die Bühne. Neben Maurice standen Gitarrist Michael Krammer und Bassist Peter Horazdovsky in der vorderen Reihe. Dahinter Schlagzeuger Philipp Scheibl und ein weiterer, mir namentlich leider nicht bekannter Musiker, der sich um Keyboard und Percussion bzw. ein reduziertes zweites Schlagzeug kümmerte.
Acht hohe LED-Panels bildeten in Halbkreis-Formation den Hintergrund des Bühnenbildes, zeigten mal Videosequenzen von schneebedeckten Bergen im Sonnenschein oder glitzernd spiegelnde Wolkenkratzer, mal effektvolle Grafiken und selten auch mal energievoll wirkende Live-Videoaufnahmen der Musiker in Schwarz-Weiß.

Musik & Show

Im Zentrum der Bühne stand zudem ein kleines verschnörkeltes Podest, auf dem Maurice vor allem zu Beginn der Show, zum kraftvollen Opener „Softpower“, Position bezog und gleich ab der ersten Sekunde mit dem Energieregler am Anschlag tanzte, zappelte und posierte.

Das letzte Mal waren wir in Freiburg vor 15 fucking Jahren. Wir wollten immer nach Freiburg, aber niemand wollte uns in Freiburg. Freiburg wir sind hiiiier! Damals haben wir im Swamp gespielt. Beim Chico. Hoch lebe Chico! Ich kann mich noch erinnern, wir haben ein Schnitzel gegessen, mit Soße. Nach dem Auftritt war ich verantwortlich fürs Fahren. Ich stieg in den Sprinter und fuhr über die Freiburger Stadtautobahn. Ohne Licht, komplett dunkel. Nach 10 Minuten sagt der Peter: Oh mein Gott, kannst du denn überhaupt irgend etwas sehen, Maurice? Und ich sag: Ja, I’m shining. Freiburg, ich habe ein Verbrechen begangen in dir! Es war finster und ich hatte kein Licht an. Doch heute steh ich vor dir. Let’s go, Freiburg!

Neben dem Frontmann, der das Publikum auch immer wieder durch Ansagen anheizte, belustigte und mitnahm, war Gitarrist der größte Aktivposten der Show, verbog sich, kniete in das Spiel vertieft vor der Batterie an Effektgeräten, spielte das Instrument mit beiden Händen am Hals haltend und ließ sich auch mal die Doubleneck reichen, die alleine schon optisch was hermacht.

Etwas anstrengend war zugegebenermaßen das arg in die Länge gestreckte „Aber Airbags“, das irgendwann zu einem insgesamt 17-minütigen rockigen Jam mutierte und, während auf den LED-Wänden hypnotisierend ein Clip einer Landebahn loopte, dabei stellenweise etwas eintönig wurde. Das auf rund zehn Minuten verlängerte „Spliff“ war dagegen unterhaltsamer. Letztendlich hätte ich mir stattdessen aber eher noch einen weiteren Song gewünscht. Ich persönlich habe zum Beispiel „Schick Schock“ schmerzlich vermisst (auch wenn schon abzusehen war, dass es nicht zu hören sein sollte).

Das Publikum

Wie zu Beginn schon erwähnt, war das Zirkuszelt leider nicht ausverkauft. Trotzdem war das Konzert gut besucht, gut genug jedenfalls, um richtig gute Stimmung aufkommen zu lassen. Nur im hinteren Bereich war die Manege eher locker gefüllt und dafür noch die Ränge belegt.
Vor allem die Songs „Maschin“ und „Nahuel Huapi“ sangen die Freiburger Fans lauthals mit. Der Aufforderung „Lasst uns miteinander nass werden, okay?“ kam das Publikum nur allzu gerne nach.

Schlager zum Abschied

Spürst du die Hitze des Zeltes, Freiburg?!“ — Nach ca. 85 Minuten verhallten die letzten Gitarre-Rückkopplungen von „Bluezone“ und das Quintett verließ die Bühne. Jetzt drehte das Freiburger Publikum auf und bedankte sich bis hier schon einmal lautstark mit Applaus, Pfiffen, Trampeln und „Zugabe“-Rufen. Seit dem Auftritt im Swamp war eben schon viel Wasser die Dreisam hinunter geflossen. Knapp zwei lange Minuten ging das so. Dann kamen die Musiker zurück und spielten — vielleicht ihrerseits als „Dankeschön“ –, nicht nur die beiden Songs, die sie auf der Setlist (komplette Setlist: siehe unten) ohnehin notiert hatten, sondern auch noch einen dritten, nämlich „Willkommen im Dschungel“.
Noch ein einziges Lied und dann ist vorbei, okay? Ein kleines Schlagerlied zum Schluss. Danke, dass ihr da ward. Bis zum nächsten Mal.“ — auf dem Höhepunkt der Stimmung setzte „Nahuel Huapi“ vom aktuellen Album „Gelb ist das Feld“ (2022) den endgültigen Schlusspunkt.
Fazit: Es war schrill, es war funky, laut, schwitzig, lässig und eine ordentliche Dosis Happiness. Und es wird hoffentlich nicht wieder 15 Jahre dauern.

Galerie: Bilderbuch

Setlist Kässy (laut Bühnenzettel)

  • Intro
  • Skirt on Pants
  • I Feel So Heavy
  • When It’s Late
  • Do This Again
  • We Might Change
  • Should Have Called

Setlist Bilderbuch

  • Softpower
  • Dino
  • Digitales Wunder
  • Gigolo
  • Kitsch
  • Bungalow
  • Schwarzes Karma
  • Aber Airbags
  • Maschin
  • Ab & Auf
  • Checkpoint (Nie Game Over)
  • Spliff
  • Bluezone
  • Zugabe: Baba
  • Zugabe: Willkommen im Dschungel
  • Zugabe: Nahuel Huapi

Abo und News an Deine E-Mail







Über den Autor des Beitrags

Gerald

Hört so ziemlich alle Genres querbeet, von Heavy bis Electro, von Folk-Pop über World und Rock bis Hip-Hop. Ehrliche, handgemachte Musik ist aber noch die beste und Radio-Rotation ist evil. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Ist zudem hauptsächlich für unsere Comic-Abteilung verantwortlich und spielt hin und wieder auch gerne mal an der (Nintendo-)Konsole.

Weitere Beiträge des Autors - Website

Follow Me:
Flickr

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert