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Faber (Support: Gina Eté) ZMF Freiburg | 01.08.2024

Die Ausgangslage

Passend zum Schweizer Bundesfeiertag war das Freiburger Zelt Musik Festival am vergangenen Donnerstag, den 1. August 2024, fest in Schweizer Hand. Zumindest was die auftretenden Künstler anbelangte, denn während für das Spiegelzelt — oder wie es neuerdings heißt: das Badische Zeitung Zelt — die Zürcher „Voice of Switzerland“-Gewinnerin von 2013, Nicole Bernegger, angekündigt war, lud der ebenfalls aus Zürich stammende Musiker Faber ins größere Zirkuszelt ein.

Und wenn Faber einlädt, dann strömen — ganz offenbar — die Massen. So sorgt er auf der aktuellen Tour für so einige ausverkaufte Venues. Zum Teil sogar an mehreren aufeinander folgenden Tagen in derselben Stadt. Swifties mag das normal erscheinen, ist es aber für einen Indie-Singer/Songwriter sicher nicht.

Jedenfalls war auch das ZMF-Zirkuszelt an diesem Abend ausverkauft. Und somit dürfte eine ausführliche Vorstellung des Musikers eigentlich nicht notwendig sein. So viel sei in aller Kürze aber erwähnt: Faber (31), bürgerlich Julian Pollina, ist Sohn des sizilianischen Cantautore Pippo Pollina, Bruder der musikalisch ebenfalls erfolgreichen Madlaina Pollina (vom Duo Steiner und Madlaina) und laut eigenem Textmaterial „als Christ geboren und zum Narzissmus“ konvertiert.

Seit seinem Debütalbum „Sei ein Faber im Wind“ (2017) gehören Fabers Texte mit zum Klügsten und Tiefgründigsten was aktuelle deutschsprachige Musik zu bieten hat – ungefiltert, schonungslos direkt, bissig, polarisierend.

Und auf der aktuellen Tour mit im Gepäck: Das erst vor einigen Wochen erschienene Album „Addio“, auf dem sich Faber künstlerisch von allen Fesseln befreit hat, schmerzhaft ehrlich mit sich ins Gericht geht, mal deutsch, mal italienisch und auch mal zusammen mit seinem Vater singt.

Der Support

Faber war es auch, der an diesem Abend, noch im legeren Outfit, als erstes auf der Bühne zu sehen sein sollte.

Allerdings nur, um persönlich den Support-Act anzusagen: Gina Eté (natürlich ebenfalls Schweizerin), die immer wieder mit so mancher Band als Violinistin auf Tour und auch Teil von Fabers Liveband ist. Für den Slot von 30 Minuten bespielte sie die Bühne bzw. das zu diesem Zeitpunkt schon gut gefüllte Zirkuszelt mit ihrem „Hybrid Chamber Pop“ mit teils deutschen und teils englischen Texten. Mal begleitete sie sich mit dem Piano/Synthie, mal strich oder zupfte sie die Violine.

Mit ihren eher ruhigeren Songs und ihrem Charme (“Ihr seid wahrscheinlich nicht wegen mir hier, aber ich wegen euch!“) verdiente sich Gina Eté einigen Applaus des Freiburger Publikums und stimmte es gut auf den Abend ein.

Galerie: Gina Eté

Der Stil

Nach einer halbstündigen Pause, startete dann um 21 Uhr der Hauptact des Abends.

Mit der pompösen, dramatischen Ouvertüre des „Addio“-Albums, zu der die Band zunächst ohne Faber Position bezog, wurde das Konzert einläutet. Dann schlenderte Faber, nun im schicken, schwarzen Anzug gekleidet, mit weit aufgeknöpftem Hemd, Barfuß in Lederslippern, gegelten Haaren und einem Glas kühlen Weißwein in der Hand ans Mikro, um mit „Du kriegst mich nicht zurück“ eine erste wuchtige Marke zu setzen. “Ich bin ganz allein. Ganz allein mit dem Gefühl allein zu sein. Ich red nicht von Drogen wenn ich sag: Ich zieh einen Schlussstrich. Ich bin froh sagen zu können es war lustig.” – und: “Mach dir keine Sorgen. Hab einen Strick für alle Fälle. Das Leben ist ’ne Phase und der Rest ist die Hölle.

Puh! … um einen Youtube-Kommentar zu zitieren: „Das muss ich jetzt erst einmal in meinem Stuhlkreis aufarbeiten. Bravo!

Im weiteren Verlauf wurde der Wein allerdings durch erfrischendes Wasser ersetzt. Dafür pflegte Faber seine Stimme später aber auch mal mit einer Fluppe.

Band & Bühne

Was beim Betreten des Zeltes gleich auffiel: Es wird wohl voll werden auf der Bühne. Denn dort war ein mehrstufiges, U-förmiges Podest aufgebaut, benötigt für die sage und schreibe acht weiteren Bandmitglieder.

Es ist die erste Tour, auf der Faber mit einem so großen Aufgebot zu sehen ist: Tillmann Ostendarp (Schlagzeug & Posaune) und Janos Mijnssen (Bass & Cello) waren schon auf frühren Touren dabei. Dazu kamen diesmal: Dino Brandão (Gesang, Gitarre, Percussion), Mel D (Gesang & Gitarre) Max Kämmerling (Gitarre & Percussion), Goran Koč (Keyboard), sowie Hannah Adriana Müller (Background-Gesang & Violine) und eben Gina Eté (Background-Gesang & Cello).

Während Faber, zwischen Mel D und Dino Brandão auf dem Bühnenboden im Zentrum stand, verteilten sich die anderen links und rechts auf den Stufen. So waren, zumindest wenn es die Lichtverhältnisse zuließen, alle Neune gut zu sehen. Was die übrige Bühnengestaltung anging, wurde auf großes Schnickschnack weitestgehend verzichtet.

Musik & Show

Während Faber auch auf Ansagen, Anekdoten oder sonstige ausführlichere Kommunikation mit dem Publikum eher verzichtete, wurden neben vielen „alt-bekannten“ Stücken nahezu alle Lieder von „Addio“ (Untertitel übrigens: „Die unumgängliche Tragödie der Arroganz“) gespielt.

Was das Live-Potenzial der Songs angeht, war ich, ehrlich gesagt, etwas skeptisch, auch wenn das Schweizer Fernsehen den Songs durchweg „Mitgröl-Qualität“ attestierte, aber (Zitat): „nicht wie im Bierzelt: Diese Lieder beschwören kollektiven Existenzialismus.

Aber ja, zugegeben: Die Songs funktionierten ganz gut, auch wenn das Mitgrölen erst so richtig im letzten Drittel und bei bekannten, tanzbaren Songs wie „Berlin, Berlin, Berlin“, „Alles Gute“ aber auch bei „Anima ribelle“ zustande kam.

Das Publikum

Da Faber schon ein bisschen als Frauenschwarm gilt, hatte ich mit einem auffällig hohen Frauenanteil gerechnet. Anders als gedacht, war das Publikum aber auffällig unaufällig, soll heißen: bunt gemischt, hinsichtlich des Geschlechts genauso wie altersmäßig.

Erstmals so richtig aufgetaut und zumindest zum Refrain hin textsicher zeigte sich die Zuhörerschaft bei „Nie wieder“ („Nie wieder Kokain“). Auf dem Höhepunkt war die Stimmung kurz vor Ende des Hauptsets, beim wohl bekanntesten und beliebtesten Stück „Alles Gute“. Aber auch zu „Anima ribelle“ in der Zugabe ließen sich die Konzertbesucher vom ansteckenden Chorus gerne zum Mittanzen bringen.

Addio!

Nach gut 100 Minuten wurde das Hauptprogramm mit „Pirdutu cori“ — eben jenem Song, der auf dem Album mit Papa Pippo eingesungen wurde und an dem auch Madlaina beteiligt war — beendet. Leider (wenn auch nicht verwunderlich) ohne ein Überraschungsgast an dieser Stelle. Danach kam die Band natürlich noch einmal für eine Zugabe (komplette Setlist: siehe unten) zurück auf die Bühne.

Kurz nach 23 Uhr gingen dann knapp über zwei Stunden Faber zu Ende.

Addio! S’isch huerguet gsi!

Galerie: Faber

Setlist (laut Bühnenzettel)

  • Ouvertüre
  • Du kriegst mich nicht zurück
  • Ayurveda
  • Es könnte schöner sein
  • Sag mir wie du heißt pt. 1
  • Sie ist wieder in der Stadt
  • Temptation Island
  • Nocturne
  • Addio
  • Coda
  • Nie wieder
  • Odiarsi un po’
  • Andrá tutto bene
  • Das Letzte
  • Jung und dumm
  • In Paris brennen Autos
  • Ihr habt meinen Segen pt. 1
  • Ihr habt meinen Segen pt. 2
  • Die letzte aller Zeiten
  • Generation Youporn
  • TausendFrankenlang
  • Berlin, Berlin, Berlin
  • Vivaldi
  • Alles Gute
  • Pirdutu cori
  • Zugabe: Shostakovich
  • Zugabe: Caruso
  • Zugabe: Anima Ribelle
  • Zugabe: Leon

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Über den Autor des Beitrags

Gerald

Hört so ziemlich alle Genres querbeet, von Heavy bis Electro, von Folk-Pop über World und Rock bis Hip-Hop. Ehrliche, handgemachte Musik ist aber noch die beste und Radio-Rotation ist evil. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Ist zudem hauptsächlich für unsere Comic-Abteilung verantwortlich und spielt hin und wieder auch gerne mal an der (Nintendo-)Konsole.

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