Flight Attendant 06.04.2025 Chickenhill Culture Club / Schloßcafé Freiburg
Die Band Flight Attendant aus Nashville gastierte zum zweiten Mal in Freiburg. Ursprünglich in der Wodanhalle geplant, wurde dieses Konzert aber mangels ausreichendem Ticketverkauf ins Schloßcafé umgelegt. Das war eine gute Entscheidung und der Club mit knapp 60 Personen gut gefüllt.
Flight Attendant haben bisher zwei Alben veröffentlicht: Das gleichnamige Debut-Album von 2022 und „Under The Powerlines“ vom November 2024 mit dem sie nun auch auf Tour sind.
Eigentlich kommen alle fünf Musiker aus den unterschiedlichsten Landesteilen der USA und haben sich alle im Gastrobereich in Nashville kennengelernt, wo sie auch ihren Lebensunterhalt verdienen.
Die musikalische Omnipräsenz von Nashville macht es einer jungen talentierten Band nicht leicht, sich hier einen Namen zu machen. Die musikalische Leidenschaft ist aber groß genug, dass sie ihr erspartes zusammenlegen, Alben produzieren und nun erneut einen Monat lang in Deutschland eine Clubtour machen.
Flight Attendant werden als Elektro-Indie-Pop angekündigt: Hinsichtlich der Studioalben kann man auch den Elektroniksound klar heraushören – fast jeder Song beginnt mit viel Keyboard und Synthis oft begleitet mit Sequenzern und elektronischen Beats.
Die Live-Song-Auswahl ist aber sehr gut getroffen und alle in ein sehr ansprechendes Live-Arrengement umgewandelt – von dem elektronischen Pop bleibt nicht mehr viel übrig.
So werden alle Songs mit sehr viel Dynamik und Gefühl performt. Gerade die Viola (Bratsche) von Nikki Christie kompensiert live sehr viel von dem elektronischen Sound und setzt dafür emotionale Momente.
Gitarrist Vinny Maniscalo variiert soundmäßig von sehr sphärischen Soundeffekten und gezupfter Gitarre bis zu klassischem Distortionsound bei druckvollen Songparts. Bass und Schlagzeug bilden ein sehr solides Grundgerüst, zuweilen sehr reduziert und dann auch wieder treibend, aber nie überladen, weshalb der Drummer auch mit einem einzigen Ride-Chrash-Cymbal und ohne Hänge-Toms auskommt.
Auch liegt das obligatorische Geschirrhandtuch über der Snare, um in der Räumlichkeit des Schloßcafés nicht zu dominant zu sein. An dieser Stelle ein fettes Lob an die Veranstalter, die in der sicherlich nicht leicht zu handhabenden Location einen super Sound hingezaubert haben, Respekt!
Opener des Abends ist der Song „Dogs“ aus dem Debutalbum. Weitere Songs wie „KC Hot Mess“ und „Cotton Candy“ bieten sich bereits super für ein Live-Set an. Gerade das Zusammenspiel aus dem charismatischen Gesang von Frontfrau Karalyne Winegarner und der Zweitstimme von Nikki ist sehr hörenswert und erzeugt Gänsehautmomente. Karalyne, die sehr viel Kopfstimme singt und sich dabei immer wieder selbst individuell einen extremen Reverb-Effekt auf die Stimme legt, erzeugt dadurch einen sphärischen Klang, der regelrecht abhebt und super zur Viola passt.
Meine persönlichen Higlights des Abends waren „Powerlines“ aus dem aktuellen Album und „Teach Me How To Lie“ aus dem Debutalbum. Beide Songs halten was die Band-Homepage verspricht und das Publikum regelrecht „aus den Sitzen reißt“. Und spätesten bei der Showperformance von Karalyne wird das Schloßcafé zum Dancefloor. Kaum zu glauben wie Karalyne hier abgeht: etwa wenn sie tänzerisch mit Nikki immer wieder auf Tuchfühlung geht, sich auf dem Boden wälzt, oder gar auf ihr Keyboard steht und das Publikum animiert (ähnliches habe ich bisher nur einmal von Steve Walsh von Kansas gesehen, der einen Handstand auf dem Keyboard machte).
Und damit kommen wir wieder zum Anfangspunkt zurück und man versucht sich diese tolle Band auf einer größeren Bühne vorzustellen.
Mike Schneider vom Veranstalterteam “Chickenhill Culture Club” erläutert: „Wir hatten bei Flight Attandent eine Woche vor dem Konzert nur 39 Tickets verkauft. Das Ausweichen auf die kleinere Location war die einzige Alternative. Wir sprachen mit der Agentur und haben den Vertrag angepasst. Die Band bekam alles was nach Abzug der Kosten noch übrig war (bei einer garantierten Fixgage). Die Bands die wir buchen sind von hoher Qualität und nicht ganz unbekannt. Viele genießen im Internet eine gewisse Aufmerksamkeit und haben schon kräftig Klicks gesammelt (…) Daher rückt unser Konzept von Hutkonzerten ab und zahlt generell Fixgagen.
Ob eine Veranstaltung gut funktioniert hat sicher etwas mit Erfahrung zu tun, die wir in den sieben Jahren sammeln konnten. Auf der anderen Seite haben Faktoren wie Ferienzeiten, Parallelveranstaltungen, ausreichend Budget für Bewerbung, Konkurrenz-Freizeitangebote aber auch die allgemeine wirtschaftliche Situation der Menschen in Freiburg Einfluss. Es bleibt ein Jonglieren mit der richtigen Auswahl, den finanziellen Möglichkeiten einem guten Gespür und natürlich einer angemessenen Werbung.“
Da drängt sich natürlich die Frage auf, wie es denn generell um die Club-Szene in der Kulturlanschaft bestellt ist? Auch hier macht Mike Schneider eine klare Ansage.
„Es geht ein Flächenbrand durch die Kulturszene. Viele Live Clubs, vor allem kleine unabhängige Strukturen müssen schließen.
Als Veranstalter kann ich in den Gesprächen mit Besuchern feststellen, dass immer noch ein reges Interesse besteht Livemusik zu erhalten und zu unterstützen. Das darf sich allerdings nicht auf Großveranstaltungen beschränken.
Gerade die Kleinkunstszene bietet die Plattform die Newcomer benötigen und sie bietet ein soziales Umfeld für Interaktion und Kommunikation (…) Bisher kam der Verein, auch durch gutes Wirtschaften ohne öffentliche Gelder zurecht. Wir wünschen uns jedoch, dass, wie bei anderen Kultur unterstützenden Vereinen, uns auch ein wenig mehr Aufmerksamkeit von der Stadt Freiburg oder dem Land zugetragen wird.“
Laut Mike Schneider möchte er Flight Attendant nächstes Jahr wieder veranstalten – mal sehen für welche Location es dann reicht. Ich werde als neuer Fan von Flight Attendant auf alle Fälle dabei sein und freue mich jetzt schon auf ein bestimmt wieder grandioses Konzert.