Heidenfest 2012
Musichall, Geiselwind, 2.11.2012
Das Heidenfest 2012 gastierte als Extended-Version mit sieben Bands in Geiselwind, ein richtig gutes Angebot also für alle Freunde des Folk und Pagan Metal. Und davon gibt es im Fränkischen offensichtlich jede Menge, denn die Musichall war bereits bei den italienischen Newcomern Krampus gut gefüllt, die somit gute Karten hatten, das Publikum anzuheizen. Krampus erinnern ein wenig an Eluveitie, kombinieren gefühlvolle Melodien mit brachialen Shouts und setzen neben harten Gitarren auf Flöten und Violine. Auf der Bühne agieren sie schon wie alte Hasen, gehen gut ab und lassen so den sprichwörtlichen Funken schnell überspringen. Auch wenn der Sound nicht ganz optimal war (wie fast den ganzen Abend, übrigens), legte der Achter gut los und lieferte einen tollen Auftakt für einen langen Abend ab.
Als während der Umbaupause mysteriöses Insektengesumme aus den Lautsprechern tönte, wussten offenbar nicht alle in der Halle, dass dies Absicht war. Als zweite Band schwirrten Trollfest in niedlichen Bienen-Kostümen auf die Bühne, um den Release ihres neuen Albums „Brumlebassen“ zu feiern. Die lustigen Finnen nehmen sich zum Glück selbst nicht so recht ernst, sondern zelebrieren finnische Fröhlichkeit mit Akkordeon-lastigen Melodien, die über Blast Beats und schraddelnden Gitarren liegen. Troll-Polka eben, eine Mischung, die in die Beine geht und für die ersten Moshpits des Abends sorgte. Trollfest spielten eine bunte Mischung aus Songs von „Brumlebassen“ und „Villanden“ und hatten sichtlich ebenso viel Spaß an ihrem Auftritt wie die Menge in der Musichall.
Quasi ein Heimspiel hatten die Coburger Varg, denen offensichtlich einige Fans und Freunde nach Geiselwind gefolgt waren. Nach Trollfest zogen Varg den Härtegrad ein gutes Stück an und beeindruckten schon durch ihre Bühnenpräsenz. Musikalisch spalten Varg weiter die Metal-Gemeinde – während die einen die brachiale Text-Musik-Kombination lieben, verurteilen andere die mangelnde Originalität besonders des neuen Albums „Guten Tag“. Beim Heidenfest 2012 in Geiselwind war das aber kein Thema. Die ebenfalls rot-schwarz geschminkten Varg-Fans und zahlreiche T-Shirts der Band waren ein klares Zeichen, dass es genügend Anhänger gibt, die die Coburger frenetisch feierten. Und die wiederum bedankten sich mit ihrer schweißtreibenden Show für die Unterstützung. Unterstützung gab es auch, als die Truppe für die Mutter von Basser Timo „Managarm“ Schwämmlein ein Geburtstagsständchen anstimmte und gefühlt die ganze Halle mitsang. Mama Schwämmlein war mitten im Pulk der Metal-Fans sichtlich gerührt. Soviel zum Image der harten Burschen.
Es folgte der „Tod aus Thüringen“, besser bekannt als Eisregen. Der morbide Vierer ließ es sich nicht nehmen, mit „Erscheine“ extra einen Song zu spielen, den es nach Aussage der Band noch nie live zu hören gegeben hätte. Ansonsten gaben Eisregen eine Reise durch ihre langjähriges Schaffen zum Besten und konnten augenscheinlich auch für gute Stimmung in der Halle sorgen, obwohl es keine echten Höhepunkte gab. Was womöglich auch daran liegen könnte, dass sich die Songs vorrangig durch die Texte voneinander unterschieden. Allerdings bin ich auch kein allzu großer Fan von Eisregen, das sei zur Ehrenrettung der Thüringer gesagt.
Und nun zu etwas völlig anderem: Frei nach Monty Python war der Auftritt von Korpiklaani tatsächlich völlig anders als der von Eisregen. Die Finnen sind ohnehin bekannt, die größte Partyband unter den Folk-Metallern zu sein und gaben entsprechend auch von Beginn an Vollgas. Die gute Laune der Truppe sprang auch sofort auf die Halle über, die vordere Hälfte war ein einziger Moshpit und die Stimmung bestens. Schade nur, dass Korpiklaani einige ihrer besten Songs wie „Beer, Beer“ oder „Happy little Boozer“ nicht spielten, aber das mag persönlicher Geschmack von mir sein. Stattdessen stand ihr neues Album „Manala“ im Vordergrund, das wohl reifste Werk der Finnen. Und so wechselte auch die Show von Korpiklaani zwischen Polka-Stimmung und natur-romantischen Werken, ohne je an Intensität zu verlieren. Der Auftritt von Korpiklaani war nicht nur perfekte Werbung für „Manala“, sondern auch der bisherige Höhepunkt des Abends – für viele Heidenfest-Besucher auch das wirkliche Highlight der Show, ungeachtet der beiden noch folgenden Bands.
Es bleibt finnisch, denn nach Korpiklaani betraten ihre Kumpels von Finntroll die Bühne. Die Folk-Metaller sind schon seit einer gefühlten Ewigkeit aktiv und gelten zu Recht als einflussreichste Band in Sachen Folk-Metal. Die Truppe aus Helsinki legte denn auch los wie die heidnische Feuerwehr und begeisterte mit Spielfreude und einer tollen Songauswahl. Bei „Jaktens Tid“ war sogar Korpiklaanis Jonne Järvelä als gesangliche Verstärkung mit auf der Bühne, was für noch mehr Stimmung sorgte. Neben Songs vom aktuellen Album „Nifelvind“ spielten Finntroll natürlich auch ihre Klassiker, besonders „Trollhammaren“ konnte das Publikum zu lautstarkem Mitbrüllen des Refrains hinreißen. Auch bei Finntroll war die Menge am Toben, die Stimmung bestens. Vielleicht waren Korpiklaani einen Tick besser, vielleicht waren Finntroll gleichauf – beide Bands nacheinander waren jedenfalls ein intensives, packendes Erlebnis. Wer sie noch nicht live gesehen hat, sollte das unbedingt nachholen, es lohnt sich!
Nach Finntroll folgte der eigentliche Headliner des Heidenfests 2012, Wintersun. Die Finnen mussten sich allerdings damit abfinden, dass die Halle sichtlich leerer wurde, nachdem Finntroll die Bühne verlassen hatten. Ob es an Wintersun lag, oder mancher Besucher eine längere Heimreise hatte oder ob Finntroll die Fans so stark an die Belastungsgrenze brachten – wir wissen es nicht. Wintersun schien das jedenfalls nicht weiter zu beeindrucken, die Finnen gaben alles, um ihr neues (und lange erwartetes) Album „Time I“ zu bewerben. Auffällig war, dass die erste Reihe vor der Bühne nun plötzlich zur Hälfte mit weiblichen Fans gefüllt war, die kreischten, als stünden die Beatles auf den Brettern, die die Welt bedeuten. Mir gefällt das Debüt „Wintersun“ zwar deutlich besser, aber Live sieht die Welt sowieso wieder ganz anders aus. Wintersun schafften es jedenfalls, ihre beiden Alben und ihre Bühnenshow zu einem nahtlosen Ganzen zu verweben, was für eine so junge Band (2004 gegründet) mit gerade mal zwei Alben im Gepäck eine beachtliche Leistung ist. Mit dem engagierten Auftritt von Wintersun bekam das Heidenfest 2012 ein würdiges Finale – die Extended Version von Geiselwind war sicher eines der Konzert-Highlights 2012.