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Kadavar
07.07.2017 ZMF, Freiburg

Der Freitagabend auf dem ZMF war eine einzige Zeitreise. Zum einen lud Kult-Schlagerbarde Dieter-Thomas Kuhn im Spiegelzelt zur natürlich wieder in kürzester Zeit ausverkauften Blümchen-Party, und in Scharen strömten die Fans in bunten Schlaghosen, Plateau-Stiefeln, Glitzer-Anzügen, Micky-Krause-Perücken, übergroßen Sonnenbrillen und mit der fast schon obligatorischen Sonnenblume herbei. Zum anderen war aber – und da kommen wir zu unserem Thema – auch ein Kontrastprogramm für das Spiegelzelt angekündigt: die Berliner Band Kadavar sollte an diesem heißen Sommerabend (die Gewitter sind wieder mal vorbeigezogen; es gab also keine Abkühlung) mit rockiger „Zeltmucke“ den Ausgleich für alle Schlagermuffel bieten.

Als die Band rund eine Stunde vor dem Konzert vom Backstagebereich des Spiegelzeltes einmal quer über das Festivalgelände marschierte, wirkten die drei mit ihren Kostümen wahrlich wie Zeitreisende. Allerdings – und so kann man ja durchaus Parallelen zum musikalisch natürlich fernen Zirkuszelt-Event sehen: wären die Kostüme der Kadavars bunt gewesen, wären sie optisch mit der Menge der DTK-Fans wohl locker verschmolzen.

So langsam fielen auch die Kadavar-Besucher, zahlenmäßig natürlich gnadenlos unterlegen, auf. Anstatt der Karnevalskostüme zeigten diese mit den offenbar ähnlich obligatorischen Band-Shirts ihre Zugehörigkeit. Den Aufdrucken nach – System of a Down, Amorphis, Black Sabbath, Manowar, Die Toten Hosen, Slash, Hammerfall, Kurt Cobain, Slayer, Arch Enemy, Running Wild, Guns‘n‘Roses, mein Korn und verschiedene Festivals – konnte die Gastgeber-Band in der Hörerschaft offenbar ein weites Spektrum mobilisieren. Graveyard- und Wolfmother-Shirts waren obendrein zu sehen und kamen der Sache wohl am nächsten. Anstatt bunt wurde hier allerdings im Durchschnitt eher Schwarz zelebriert.

Schon war es halb Neun. Im Publikum wurde hier noch fachkundig das üppige Equipment-Aufgebot begutachtet, dort noch einmal der Patronengürtel zurechtgerückt. Dann wurde endlich die Band angekündigt und kam dann kurz später, nach einer kurzen Intro-Musik auch auf die Bühne.

Von der ersten Minute an „prügelte“ das Trio energisch auf seine Instrumente ein. Eine ungeheure Intensität, die über die gesamte Spielzeit (inklusive der Zugabe ca. anderthalb Stunden), nicht nachlassen sollte. Besonders Drummer Christoph „Tiger“ Bartelt, dessen Drumset Kadavar-üblich in einer Linie mit den anderen beiden – Bassist Simon „Dragon“ Bouteloup und Gitarrist und Sänger Christoph „Lupus“ Lindemann – auf der Bühne postiert war, spielte, als ginge es um nicht weniger als um sein Leben. Dazu die fliegende Zottelmähne und der immer wieder mal durchkommende, irre Blick, der einem gut das Fürchten lehren könnte… Ihr kennt doch Animal von den Muppets (übrigens auch Drummer), oder? Genau so!

Ansagen gab es so gut wie nicht. Eine anfängliche Begrüßung, ein kurzes „Wir sind nicht Dieter-Thomas Kuhn!“. Ansonsten spielte man das Programm herunter, ließ dem Publikum keine Verschnaufpause bei tonnenschweren Riffs und virtuos spacigen Soli. Die anfängliche Bühnen-Dreiteilung wurde außerdem das gesamte Konzert über strikt eingehalten. Mal ein Schritt vor, dann wieder einen zurück, dabei aber umso mehr die Haare geschüttelt.
Als das Set (gesamte Setlist s.u.) mit der letzten Zugabe – „Helter Skelter“ von den Beatles – seinen fulminanten Höhepunkt hatte, war die Stimmung schon längst auf konstant hohem Niveau angekommen. In den ersten Reihen wurde fleißig gepogt, die Airguitar beackert und sogar (durchaus mutig, denn so dicht war die Menge nun nicht) von der Bühne gedivet – naja, okay, dann eher gesurft.

Am Schluss waren die Trommelfelle ordentlich durchmassiert. Leider ließ sich die Band anschließend nicht am Merchandising-Stand blicken. Möglicherweise war das aber dem Umstand geschuldet, dass nach dem Konzert noch ein Club-Abend im Spiegelzelt anberaumt war.
Als wir aus dem Zelt kamen, spielte DTK im Zirkuszelt immer noch. Kaum war dessen Konzert dann auch fertig, wurde das Gelände wieder mit all den bunten Außerirdischen überschwemmt, und spätestens jetzt kamen auch die Rockfans nicht mehr um den Schlager herum, denn auf zwei Bühnen wurde dieser weiter gefeiert…

Setlist des Abends (lt. Bühnen-Spickzettel):

  • Come Back Life
  • Pale Blue Eyes
  • Doomsday Machine
  • Living In Your Head
  • Broken Wings
  • Old Man
  • Black Sun
  • Forgotten Past
  • Goddess Of Dawn
  • Creature Of The Demon
  • Purple Sage
  • Zugabe: Thousand Miles Away From Home
  • Zugabe: All Our Thoughts
  • Zugabe: Helter-Skelter (Beatles-Cover)

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Über den Autor des Beitrags

Gerald

Hört so ziemlich alle Genres querbeet, von Heavy bis Electro, von Folk-Pop über World und Rock bis Hip-Hop. Ehrliche, handgemachte Musik ist aber noch die beste und Radio-Rotation ist evil. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Ist zudem hauptsächlich für unsere Comic-Abteilung verantwortlich und spielt hin und wieder auch gerne mal an der (Nintendo-)Konsole.

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