Konzertbericht | Alestorm & Gloryhammer (Support: Wind Rose & Rumahoy) | Z7 Pratteln 31.01.2023

Piraten-Zwerge aus einer anderen Dimension bevölkern heute das Z7 in Pratteln. Gleich vier Bands wollen uns an diesem Dienstagabend in ihren Bann ziehen, doch vorher gilt es noch ganz irdische Probleme zu lösen. Bei leichtem Nieselregen hat sich schon weit vor der Türöffnung um 18 Uhr, eine lange Schlange aus Fans gebildet. Erste Alestorm-Songs klingen zur Einstimmung aus einer Bluetoothbox, Hopfenkaltgetränke werden aus ihren Aluminiumverpackungen in durstige Kehlen geschüttet. Es ist ja durchaus wichtig für ausreichend Flüssigkeitszufuhr zu sorgen, denn die Halle ist ausverkauft und wird sich im Laufe des Abends noch wahlweise in eine heiße Kombüse, Schmiede oder einen Exoplanet verwandeln.
Rumahoy
Eng gepackt ist die Bühne heute. Alestorm und Gloryhammer haben einen Großteil ihres Equipments auf hohe Podeste gepackt, sodass für die beiden Supports nur noch ein schmaler Streifen davor bleibt. Rumahoy scheint das jedoch nicht zu stören. Die vier Argentinier, rund um den gigantischen Frontmann Captain Yarrface, nutzen den verbliebenen Platz ausgiebig und heizen mit ihrem treibenden Piraten Power Metal den ersten Reihen kräftig ein. Bei „Treasure Gun“ wird ordentlich mit den Haaren gebangt und der noch verfügbare Platz zum Tanzen genutzt.
Während des kurzweiligen 30-Minuten Sets füllt sich die Halle immer mehr. Trotz des frühen Beginns will sich also keiner der Gäste eine Band entgehen lassen. Den letzten Song bildet passenderweise „Pirateship“ dessen Strophen spontan auf Deutsch übersetzt wurden. Die Ersten Gummisäbel werden zum Abschied in die Luft gereckt und Rumahoy verlassen die Bühne unter großem Applaus.
Wind Rose
Weiter geht es nach kurzer Pause mit Wind Rose. Die fünf Italiener entführen uns mit Songs wie „Drunken Dwarfs“, „Fellows of the Hammer“ oder „Mine Mine Mine!“ tief unter Mittelerde. Denn die von Tolkien inspirierten Songs handeln überwiegend von Zwergen. Das Publikum gibt sich äußerst textsicher und verwandelt das randvoll gepackte Z7 in eine brodelnde Esse. Dass Sänger Francesco Cavalieri es in seinem dicken Mantel überhaupt aushält, ist nur durch hitzeerprobtes Zwergenblut zu erklären. Der erste Crowdsurfer macht sich bereits beim zweiten Song auf den Weg zur Bühne, doch die kühle Luft über den Massen kann er nur kurz genießen. Die Security schickt in wieder zurück in die Menge.
Die dick bepelzten Schmiede auf der Bühne heizen weiter an. Zum Abschluss gibt es noch ihren Megahit „Diggy Diggy Hole“. Die Bassdrum hämmert auf die Halle ein, wie ein Schmiedehammer auf eine Kriegsaxt. Knapp 35 Minuten reichen den Unterirdischen um auch den letzten Gast zum Springen zu bringen. Wind Rose ziehen das junge Publikum mit viel Spielfreude und Bühnenblödeleien auf ihre Seite und entschwinden unter Zugabe-Rufen zurück in die Katakomben des Z7.
Gloryhammer
Jetzt wird endlich Platz geschaffen auf der Bühne. Gloryhammer haben als Co-Headliner einen Raum für Drumkit und Keyboard auf dem Podest bekommen. Doch bevor wir unsere Helden aus dem Weltall zu Gesicht bekommen, begrüßt uns ein Tom Jones aus Pappe auf der Bühne. Sein Song Delilah bildet das Intro und wird frenetisch mitgesungen. In gewohnt epischer Manier entern Gloryhammer die Bühne, nachdem ein Roadie den Pappkameraden entfernt hat. Mit einem breiten Grinsen begrüßt der neue „Angus McFife“ Sozos Michael die prattelner Gäste. Seinen ersten Erfolg kann er direkt im zweiten Song feiern, als er den Terror Goblin mit dem „Gloryhammer“ besiegt.
Die Showeinlagen, welche bei den Auftritten der Power-Metaller unvermeidlich sind, meistert er mit Bravour, lediglich in den hohen Stimmlagen werden kleinere gesangliche Defizite erkennbar. Diese stören aber nicht wirklich, denn die Hitze und der Alkoholpegel in der Halle sind mittlerweile so hoch, dass der Gesang eine untergeordnete Rolle spielt. Der Hexenkessel namens Z7 will weiter feiern, komme was wolle. Aus dem „Land of Cheese and Chocolate“ wird das „Land of Unicorns“ und über den Köpfen der Fans kann man Einhörner aus Plüsch durch die Gegend fliegen sehen.
Einen Song aus dem im Juni kommenden Album dürfen wir auch schonmal hören. „Keeper of the Celestial Flame of Abernethy“ ist ähnlich lang und episch wie sein Titel. Gloryhammer bleiben aber ihrem Stil treu und basteln Blödsinn und Fantasy gekonnt in ein Power-Metal-Korsett. Der Jubel zu „Hootsforce“ setzt mit 105 dB den Rekord des Abends.
„Universe on Fire“ ist wohl der passendste Song des Sets. Im Z7 wird es immer heißer und erscheint, als wäre die Halle von gigantischen Flammen umgeben. Das Barpersonal sorgt allerdings fleißig für Abkühlung in Form von eingedosten Hopfen Smoothies. Mit „The Unicorn Invasion of Dundee“ beenden Gloryhammer ihr 75 Minuten Set und beweisen erneut, warum sie die Krone des Fantasy-Power-Metal tragen.
Alestorm
Die Umbaupause wird uns mit einem Best-Of-Queen verkürzt. Wer sich noch bewegen kann, geht zur Getränkerückgabestelle oder versucht vor der Halle kurz etwas frische Luft zu schnappen. Viel Zeit ist nicht, denn der Zeitplan verlangt straffes Arbeiten von der Bühnencrew. Um 23 Uhr muss im Z7 Schluss sein, so reicht es nur für ein etwas verkürztes Alestorm Set, welches um 21.45 Uhr beginnt.
„Keelhauled“ und „Pirate Metal Drinking Crew” geben die Marschrichtung vor, welche der Headliner einschlägt. Keine Zeit für große Pausen, jetzt gibt es eine Piraten Party Druckbetankung. Das Publikum ist trotz der Vorleistungen folgsam und schwenkt Säbel, Hüte sowie Minipalmen im Takt. Die Musiker rund um Christopher Bowes geben sich allerdings noch etwas verhalten. Man merkt ihnen die Strapazen der straffen Tour ein wenig an. 28 Shows in 31 Tagen in enge Kajüten des schaukelnden Nightliners gepfercht, ist auch für erfahrene Piraten eine harte Nummer.
Ob es das johlende Publikum oder die tropische Hitze in der Halle ist, was dafür sorgt, dass die Truppe nach dem ersten Drittel nochmal deutlich auftaut, kann ich nicht mit Gewissheit sagen. Die feiernde Menge hat zweifelsfrei Spaß. Überall schaut man in grinsende Gesichter, johlende Kehlen oder auf fleißig Nachschub bringendes Barpersonal. Nachschub ist ein gutes Stichwort, denn wie so oft genehmigt sich Beefboy eine Dose Bier auf der Bühne, während Alestorm ihr „Hangover“-Cover zum Besten gibt.
Zu „Nance the Tavern Wrench“ wird fleißig gerudert, bei „Rumpelkombo“ ausgelassen getanzt. Eine kleine Überraschung gibt es mit „Death Throes of the Terrorsquid“ welches seit acht Jahren mal wieder auf der Setlist steht und noch aus den musikalisch härteren Zeiten der Band stammt. Ein Mitglied von Rumahoy wird passend dazu in einem Tintenfisch Kostüm über die Bühne gejagt.
Nach knapp einer Stunde Set müssen die tapferen Piraten schon zu den Zugaben übergehen. Bei „Zombies ate my Pirate Ship“ erscheint Beefboy nochmals auf der Bühne. Nun hat der Zwei-Meter-Hühne allerdings eine blonde Lockenperücke auf und singt den weiblichen Teil in eine Haarbürste.
Nachdem sich Christopher mit den Worten „We had a very neutral time in your little Country” bei den Schweizer Gastgebern verabschiedet, beginnt der typische letzte Song „Fucked with an Anchor“. Alestorm verlassen die Bühne mit dem Titelsong der Ducktales, doch Chris hat wohl keine Lust Backstage zu gehen. Stattdessen crowdsurft er einmal durch die ganze Halle zum Merchandisestand.
Langsam leert sich das Z7 und zurück bleibt ein dezent stickiger Schweißgeruch, unbändige Hitze in der Halle, glücklich grinsende Fans und unzählige zertretene Bierdosen auf dem Boden. Ob Letztere von Wind Rose in neues Kriegsgerät eingeschmolzen werden, kann ich nicht mit Gewissheit sagen, denn auch ich freue mich jetzt auf ein wenig kalte Schweizer Luft.