Konzertbericht | Eisheilige Nacht 2024 (Subway to Sally, Warkings, Paddyhats, Harpyie – Posthalle Würzburg | 27.12.2024
Es wird Winter in Deutschland und wenn es kalt wird uns auf die Weihnachtszeit zu geht, darf eine Veranstaltung im Kalender nicht fehlen. Die „Eisheiligen Nächte“ von „Subway to Sally“ gehören zum Winter wie Glühwein und Weihnachtsmarkt. So wundert es nicht, dass an diesem Abend einige Besucher direkt von den auslaufenden Märkten in der Würzburger Innenstadt, zur Posthalle pilgern. Jedes Jahr aufs Neue stellt die Gruppe rund um Eric Fish ein neues Line-Up zusammen um die kältesten Nächte zu zelebrieren. In der Regel handelt sich dabei um Bands aus dem Folk-Kosmos, doch in diesem Jahr hat man sich mit „Warkings“ zum ersten Mal eine Power-Metal Band mit auf Tour geholt. Zudem befinden sich mit „The O’Reillys and the Paddyhats“ (kurz Paddyhats) und „Harpyie“ zwei Durchstarter der deutschen Folk-Szene mit in den Tourbussen. Es verspricht also ein spannender Abend zu werden.
Harpyie
Um 19 Uhr starten „Harpyie“ aus der Nähe von Bielefeld den Abend. Die Truppe rund um Sänger Aello die Windböe und Gitarrist Podargo der Schnellfliegende kommen ähnlich wie die Gastgeber aus dem Mittelalter-Metal, mischen die Märkte und Feste aber mit ihrem modernen Sound stark auf. Progressive Einflüsse, Metalcore Riffs und viel Blödsinn zwischendurch lassen eine einzigartige Mischung entstehen, welche das Quintett positiv von anderen Vertretern des Genres abhebt.
Der Blödsinn geht so weit, dass Sänger Aello nach dem ersten Song verwirrt auf die Setlist guckt. Dort stehen nicht die kommenden Songs, sondern Schmähungen und Schabernack, welche die Crew stattdessen hat drucken lassen. Unter großem Gelächter von Band und Publikum wird die Setlist getauscht und die Band steigt wieder in ihre Energiegeladenen Songs ein. 35 Minuten lang dürfen die Jungs das Publikum verzaubern und anheizen. Zwischendurch kommen leichte Electric Callboy Vibes auf, als fette Beats die Halle durchziehen. Der letzte Song „Löwenherz“ ist dann wieder etwas klassischer. Die Band wird mit lauten „Wo-ho-ho“-Chören von der Bühne verabschiedet und hat sich definitiv in das Herz des Würzburger Publikums gespielt.
The O’Reillys and the Paddyhats
Weiter geht’s um kurz vor 8 mit einer satten Ladung Irish-Folk-Punk aus NRW. „The O’Reillys and the Paddyhats“ oder auch kurz „Paddyhats“ haben fast schon Platzprobleme auf der Bühne, auf der im Moment immer noch allein drei Drumkits stehen. Denn die sechs Mann und eine Frau brauchen ordentlich Raum, um sich zu bewegen. Sie grinsen, lachen und tanzen, während sie ihren rotzigen Folk-Punk in die gut gefüllte Posthalle hämmern. Die Musik lädt dazu ein sich zu bewegen, und sei es Richtung Tresen um sich die nächste Hopfen Kaltschale zu besorgen, denn Genre-typisch besteht die gute Hälfte der Songs aus Trinkliedern.
Aber auch kritischere Themen wie Respekt und Toleranz für jeden, werden in Songs wie „Rise up, tear down“ angesprochen. Da das Septett aus Gevelsberg und Umgebung ein paar Tage vorher ihre neue Platte „Coming home“ auf den Markt gebracht hat, gibt es mit dem Titeltrack „Coming Home (for St. Patricks Day)“ auch direkt eine stimmungsvolle Kostprobe daraus. Bei „Bad Billy“ wird ein ordentlicher Circle Pit gestartet und zum letzten Song „Barrels of Whiskey“ fängt der Hallenboden ob der springen Massen an zu Beben. Nach 45 Minuten energiegeladenem Set verklingen die Zugabe-Rufe des Publikums leider ohne Gehör. Der Plan es Abends ist zu eng für ungeplante Extras.
Warkings
Wie schon erwähnt, habe die Gastgeber sich bei dieser Ausgabe der „Eisheiligen Nacht“ zum ersten Mal eine Power-Metal Band mit ins Boot geholt. Das die Wahl dabei auf die Retorten-Power-Metal Band „Warkings“ gefallen ist, mag zur Strategie passen und wirft zumindest keine großen Fragen auf. Das Publikum wird, bevor die „Kings“ die Bühne betreten mit dem Manowar-Klassiker „Warriors of the World“ eingeheizt. Mit großem Patos betreten die vier Krieger und Leitung des „Tribune“ die Bühne und werden dabei von ihrem hammerschwingenden Maskottchen „Hephaistos“ begleitet.
Sollte einem die Band trotz penetranter Platzierung in fast allen Festivals Line-Ups unbekannt sein, ist das nicht sonderlich schlimm. Die klassischen Elemente des Power-Metals, kombiniert mit sich regelmäßig wiederholenden Textzeilen, lassen es zu, dass jeder Gast, ob mit oder ohne Glühweinintoxikation, einfach mitgrölen kann. Serviert wird das Genre-typische Menü aus satten, aber simplen Riffs, kreischendem Gesang und der großen Show. Ein bisschen Feuer hier, ein wenig Mitsingen dort, und immer wieder die Aufforderung zum „A-Hu“-Schlachtruf.
Der Wurm schmeckt dem Fisch und so verbreiten auch Warkings gute Laune in der Posthalle. Da man anscheinend noch ein neues Show-Element brauchte, kommt nun das inflationär eingesetzt Inflatable zum Crowdsurfen zum Einsatz. Hier ist es mit Ketten umwickelter Schwimmring, welcher als „Giant Dragon Cock Ring“ (toll ist der Google-Rank im Arsch) mit einer willigen Dame aus dem Publikum, auf Reisen geht. Dass die Band sich mit dem Gladiator-Theme-Song verabschiedet, ist so konsequent wie pathetisch. Ja, Power-Metal funktioniert beim Publikum der „Eisheiligen Nacht“, aber etwas mehr Virtuosität hätte besser ins Line-Up gepasst.
Subway to Sally
Die Nacht ist schon weit fortgeschritten, als endlich die Gastgeber „Subway to Sally“ die Bühne entern. Über dreißig Jahre prägen die Potsdamer in fast unveränderter Besetzung die deutsche Mittelalter-Metal-Szene und wirken dabei kein bisschen Müde. Die Setlist der „Eisheiligen Nacht“ hat einen festen Rahmen, so startet sie immer mit dem namensgebenden Song, welcher an diesem Tag durch reichlich Kunstschnee von der Decke der Halle begleitet wird.
Doch neben den Klassikern wie „Sieben“ finden auch neue Songs vom gerade erschienenen Album „Post Mortem“ ihren Weg in die Setlist. Obwohl das Album erst seit sieben Tagen auf dem Markt ist, singt das Publikum textsicher und voller Energie mit. Überhaupt hat die Truppe um Frontmann um Eric Fish seine Gäste fest in der Hand. Bei „So weit ist das Meer“ bleibt fast kein Handy in der Tasche und die Halle wird aus über tausend Lampen erhellt. Mit voller Power geht es im Kreis zu „Ihr kriegt uns nie“. Obwohl man meinen sollte, das Band und Zuschauer langsam mal etwas Luft holen sollten, erschallen schon die ersten „Blut-Blut“-Rufe aus den hinteren Reihen der Halle. Jeder eingefleischte „Subway to Sally“-Fan weiß was da gefordert wird, doch noch müssen sie sich gedulden.
Zuerst gibt es mit „Tanz auf dem Vulkan“ nochmal richtig auf die Fresse, bis die Power-Ballade „Eisblumen“ das reguläre Set unter erneutem Einsatz von Kunstschnee beendet. Nach einer kurzen Verschnaufpause für Band und Publikum gibt es mit „Island“ und dem dazugehörigen Schlachtruf „Dann wandert doch nach Island aus“ nochmal richtig was auf die Ohren. Zum gemeinsamen Song „Stahl auf Stahl“ vom neuen Album erscheint der Tribune von „Warkings“ wieder auf der Bühne und gibt ihn zusammen mit den Gastgebern zum Besten. Auch nicht fehlen bei der Eisheiligen Nacht, darf der „Veitstanz“, welcher traditionell mit Mitgliedern sämtlicher Gäste gespielt wird. Voll ist es auf der Bühne und die Musiker lassen es sich nicht nehmen, den Namen in allerlei weihnachtlicher Verkleidung zu beenden.
Doch ein Song darf natürlich nicht fehlen. Nachdem die vermeintlich letzten Töne verklungen sind, beginnt das übliche Spiel zwischen „Subway to Sally“ und ihren Gästen. Letztere stimmen immer wieder „Blut-Blut“-Gesänge an, bis die Band schließlich einsteigt und endlich ihren Klassiker „Julia und die Räuber“ in den Äther bläst. Unter Jubel und nicht enden wollenden Wiederholungen des Refrains verlassen die Veteranen des Mittelalter-Metal ein wiedermal gelungene Ausgabe ihrer „Eisheiligen Nacht“ und entlassen ihre glücklichen aber nun endgültig erschöpften Gäste in die Würzburger Kälte.