Erstmal den Staub von den Boxen blasen, die Zapfanlage durchspülen, wo waren nochmal die Kisten mit dem Merch?
So langsam geht es wieder los, die Live-Musik kehrt den Streaming Konzerten den Rücken und wandert wieder in die Hallen. Natürlich auch in die heiligen Hallen des Z7 in Pratteln. Nach fettem Sound lechzende Menschen stehen Schlange vor der Halle, liegen sich beim Betreten des Geländes in den Armen und strömen, wenn auch noch etwas zögerlich, Richtung Bar. Alles fühlt sich sehr normal, sehr real an. Die Abstinenz der letzten zwei Jahre hat das Publikum durstig gemacht.
Nicht ganz ausverkauft, aber dennoch gut gefüllt präsentiert sich das Z7 den Bands des heutigen Abends. Fiddler‘s Green hatte geladen, sich Unterstützung aus St. Gallen mitgebracht und neben der Rückkehr auf die Bühnen gab es noch mehr zu feiern. „3 Cheers for 30 years“ heißt die Tour, das dreißigjährige Jubiläum der Erlanger liegt zwar auch schon wieder zwei Jahre zurück, musste aber aus bekannten Gründen erstmal online stattfinden. Endlich kann das Programm Live gehen, endlich die Fans wieder ungehemmt mitsingen, endlich ist Musik wieder da, wo sie hingehört.
Cheers Nummer 1 geht also an das Z7, welches nach langen zwei Jahren wieder uneingeschränkt Fans und Bands empfangen darf.
Zur besten Prime Time betreten die Anheizer die Bühne. Das „Saint City Orchestra“ ist ein bunter, internationaler Haufen, welcher in St. Gallen eine Heimat gefunden hat. Die Schweizer überzeugen vom ersten Ton an mit flottem Folk, viel Bewegung auf der Bühne und sehr viel Spaß am Spielen. Während den ersten Songs ist das Publikum noch etwas verhalten, doch zur Hälfte des Sets platzt der Knoten.
„Set Sail“ steigert sich von einer Singer-Songwriter Ballade zu einem zu einem rockigen Folk Song, dessen Titelphrase zum Mitgrölen einlädt. Der eingängige Rhythmus lädt zum Tanzen ein und wo die Menge gerade einmal in Bewegung ist, legt das Sextett mit „Bobby“ einen weiteren Song zum Mitsingen nach.
Das große Finale bildet „Saint City my pride“, ein Lobgesang auf die Heimatstadt, bei welchem Sänger Sandro zum ersten Circle Pit der Saison aufruft. Dieser wird auch prompt um eine Schweizer Flagge gebildet. Sandro und sein Kollege Gabriel am Akkordeon lassen es sich nicht nehmen mitten im Pit zu stehen und die Menge weiter anzuheizen.
Nach 50 sehr kurzweiligen Minuten ist das Set vorbei und der sehr gelungene Support holt sich seinen verdienten Applaus und Zugabe-Rufe ab. Die gibt es leider nicht, dennoch wird man von den Schweizern in Zukunft sicher nochmal hören. Der teilweise dreckig punkige Folk, mit manchmal derben Texten hat Platz in einer Szene, die derzeit immer kuscheliger wird. Verpackt in großartiger Action auf der Bühne, bei welcher kaum ein Teil der Deko nicht bestiegen wird, sorgen die Sechs für extrem viel Spaß und können nicht nur einen Vorgruppenslot abwechslungsreich füllen.
Cheers Nummer 2 geht an das „Saint City Orchestra“ für das gelungene Einheizen an diesem Abend.
Nach kurzer Umbaupause stürmen dann die Fiddler’s um 21.30 Uhr die Bühne. Der erste Ton von „Whiskey in the jar“ ist noch nicht angeschlagen, da eskaliert das Publikum schon vor der Bühne. Angeheizt und ungeduldig singen sie jedes einzelne Wort mit, kleben an den Lippen von Frontmann Albi. Der genießt das Feedback und stachelt immer mehr an.
Mit glasklarem, druckvollem Sound animieren die Erlanger Speedfolker zum Springen, während sie „Bottoms up“ in das kochende Z7 schmettern. Die Fangemeinde hat sich versammelt, das 30-jährige Bühnenjubiläum zu feiern. Die Gefeierten bekommen dafür genau das, was sie sich verdient haben. Glückliche Gesichter, grölende Fans, ekstatisches Tanzen. Die Setlist ist ein Best-Of der Bandgeschichte. Mehr als ausreichend Hits wurden geschrieben, für das Jubiläumsalbum teilweise neu arrangiert und jetzt hier auf dieser Bühne zum Besten gegeben.
Zwischen den Songs werden immer wieder Brücken durch kleinere und größere Instrumental-Teile gebaut, einmal sogar in bester Blue-Man-Group-Manier mit beleuchtetem Schlagzeug und Wasser auf den Fellen. Bei „Another Spring Song“ ist dann Zeit etwas durchzuatmen, die Feuerzeuge zu zücken und sich von der Melodie treiben zu lassen. Doch dies ist nur die Ruhe vor dem Sturm. Denn mit „One fine day“ zünden die Sechs direkt die nächste Ladung eingedeutschten Folk.
Die Choreografie zu „John Kanaka“ wurde wohl ein bisschen von SnapChat oder TikTok inspiriert, anders kann ich mir die per Becher und Tischklopfen hergestellten Rhythmen nicht erklären. Stimmlich holt man sich nochmal Sandro vom Saint City Orchestra dazu. Dem Publikum gefällt die Showeinlage jedenfalls.
Bei „Rocky Road to Dublin“ geht’s dann wieder etwas wilder zu. Zuerst wird die Menge im Zuschauerraum durch Zwei geteilt und darf sich dann zur Wall of Folk wieder zusammenfinden. Das funktioniert im ersten Anlauf noch nicht so richtig gut, aber ein paar Trainingsläufe seien den Gästen zugestanden. Albi macht den Countdown und zwischen Bühne und Mischpult bildet sich ein wirrer Haufen, tanzender und jubelnder Menschen. Vorbei die Zeiten von Abständen und Tanzverboten, es darf wieder gefeiert werden.
Damit die Feierei weiter geht, ist die Setlist ab jetzt gespickt mit Hits. Zuerst wird bei „Yindy“ das Z7 durch die springende Menge tiefergelegt, dann zu „Old Dun Cow“ mitgesungen. Das große Finale bilden zu guter Letzt die Zugaben „Pat Murphy“, „Wild Rover“ und „Blarney Roses“. Zu diesen ist das Saint City Orchestra nochmal mit auf der Bühne und knallt mit Fiddler’s Green zusammen die letzten Noten in die Halle.
Cheers Nummer 3 geht verdient an Fiddler’s Green, welche auch nach dreißig Jahren auf der Bühne nicht müde werden.
Die Fans bekommen serviert was sie mögen, einen Abend voller eingängiger Songs zum Mitsingen, Tanzen und Genießen. Die Show im Z7 macht da keine Ausnahme und lässt nur glückliche, zufriedene Gesichter zurück.