Konzertbericht | Monster Magnet (Support: Seraina Telli, Saint Agnes, The Raven Age & Butcher Babies) | Z7 Pratteln 24.06.2023
Schon früh an diesem Samstag werden Stiefel geschnürt, Kutten angezogen und nochmal schnell das Haupthaar gekämmt. Es stehen fünf Bands auf dem heutigen Programm der Z7 Summer Nights, was auf bedeutet, dass die Türen schon weit vor 17 Uhr geöffnet werden. Dass es draußen heiß ist, hilft natürlich die Leute in die Halle zu locken, die im Moment noch angenehm kühl ist.
Seraina Telli
Gestartet wird heute mit der jungen Schweizerin “Seraina Telli”, welche aktuell in ihrem gleichnamigen Soloprojekt unterwegs ist. Bis 2019 war sie Frontfrau der “Burning Witches”, nun soll es Solo ebenfalls erfolgreich werden. Als sie ihr Set um 17.15 Uhr beginnt ist es leider noch recht leer. Gerade einmal 50-60 Zuschauer verteilen sich lose vor der Bühne. Das schwere Los eines Openers schlägt hier gnadenlos zu. Doch die, die in den ersten Reihen stehen sind textsicher und unterstützen das Trio auf der Bühne.
Unterstützen ist auch das richtige Stichwort um die Songs zu beschreiben, welche Seraina mit ihrer an Janis Joplin erinnernden Stimme zum Besten gibt. Es geht viel um weibliches Empowerment, was sich auch in Songtiteln wie “This is a Song for the girls” oder “Women Warrior” niederschlägt. Leider sind diese textlich nicht ganz ausgereift und warten mit vielen “Oh Oh Ohs” als Füllung auf. Da ist noch Luft, denn musikalisch reißt einen der rotzige Hard-Rock mit. Von den nun knapp 100 Menschen vor der Bühne, gibt es nach 30 Minuten Set, jedenfalls einen ordentlichen Applaus
Saint Agnes
Die Umbaupause zieht sich etwas, weswegen es sich einige der Neuankömmlinge erst einmal vor der Halle an der Bierständen bequem machen. So bekommen manche erst verspätet mit, dass sich mit “Saint Agnes” eine weitere Band auf der Bühne bereit macht. Die Londoner Band, benannt nach der Heiligen Agnes von Rom, spielen dreckigen Garagen-Rock. Dieser agiert irgendwo zwischen Grunge und Punk, wo es scheinbar zum Konzept gehört, nicht sauber zu mischen. Der Sound ist matschig und grell, schmerzt teilweise schon. Dazu passt, dass Frontfrau Kitty Arabella Austen scheinbar permanent wütend ist.
So richtig will der Funke nicht überspringen, auch wenn mit etwa 200 Leuten schonmal etwas mehr Gäste in der Halle sind. Etwas zustimmendes Genicke, hier und da mal eine Pommesgabel in der Luft, das war es dann auch schon mit der Interaktion. Aus bisher drei Studioalben können die Briten schöpfen, jedoch hört sich alles recht gleich an. Nach einer halben Stunde ist der Hass dann vorbei und die Menge vor der Bühne widmet sich wieder der Versorgung mit Getränken oder einem kleinen Snack.
The Raven Age
Erneut reicht die Umbaupause um all dies zu erledigen, bis sehnlich von vielen erwartet “The Raven Age” die Bühne stürmen. Direkt nach ihrer Gründung starteten die Briten durch und konnten schon früh als Opener für “Iron Maiden” auftreten. Das hier vielleicht ein bisschen Familienbonus im Spiel war, ist mehr als ein Gerücht. Schließlich ist “The Raven Age” Gitarrist George Harris der Sohn von Steve Harris, welcher seinerseits bei den eisernen Jungfrauen in die Saiten greift.
Das Quintett auf der Bühne legt jedenfalls ab dem ersten Song ordentlich los und bringt eine Menge Tempo ins Spiel. Leider kämpfen sie vor allem in der ersten Hälfte des Sets mit starken Problemen in der Technik. So produziert ein Verstärker permanent Störgeräusche und auch die In-Ears der Musiker scheinen nicht sauber zu funktionieren. So klingen die Briten leider manchmal etwas disharmonisch, können dies aber zumindest professionell überspielen. Frontmann Matt James entschuldigt sich mit einem achselzuckenden “Technical stuff, you know?” beim Publikum, lässt sich aber nicht entmutigen.
Die angesprochenen Gäste verzeihen die Störungen und bilden zur Ablenkung einfach einen respektablen Moshpit. Zwischendurch betreiben “The Raven Age” noch etwas Eigenwerbung und machen auf ihr bald erscheinendes Album “Blood Omen” aufmerksam. Auf diesem scheint der Sound etwas härter zu werden, denn der deftige Metalcore bekommt noch ein paar fiese Breakdowns dazu. Nach 50 Minuten voller Energie und head-bangenden Fans wird die Bühne unter großem Applaus geräumt.
Butcher Babies
Auch die nächsten Musiker strotzen nur so vor Kraft und hüpfen wie Flummis auf Koks über die Bühne. Die Rede ist selbstredend von den “Butcher Babies”. Die Combo aus Los Angeles bringt es in fast 15 Jahren Bandgeschichte auf immerhin drei Studioalben, aus welche nun das Programm gefüllt werden soll. Das musikalische steht aber nicht so richtig im Mittelpunkt. Die beiden Frontfrauen Heidi Shepherd und Carla Hervey ziehen die Blicke, des überwiegend männlichen Publikums, auf sich. Die anderen Musiker verkommen zu austauschbaren Statisten.
Die Merchandise-Maschine der Amerikaner läuft jedenfalls gut. So kann man zum Beispiel für 500 Franken einen Bass erwerben, welcher anscheinend mal auf der Bühne genutzt wurde. Auch Aftershow Tickets für eine Bus-Party können für schlanke 180 Franken erworben werden. Das schon in der ersten Umbaupause keins der beiden Angebote mehr verfügbar ist, spricht wohl für die Finanzkraft der Fans.
Die knapp 400 Fans vor der Bühne sind von den wackelnden Körperteilen scheinbar so hypnotisiert, dass die erste Mitsing-Aktion fehlschlägt. Im zweiten Anlauf klappt es dann etwas besser, aber scheinbar kann man nicht singen, wenn man eine Kamera halten muss. Multitasking ist dann erst wieder bei “Bottom of the bottle” gefragt. Da ist der Text aber so simpel, dass ihn wirklich jeder hinbekommt. Nach knapp 50 Minuten ist die Show dann rum um die lässt die Fans glücklich, alle anderen aber ratlos zurück.
Monster Magnet
Die verschiedenen Musikstile und langen Umbauphasen ziehen den Abend bisher ziemlich in die Länge. Ein klares Konzept in der Zusammenstellung der Bands ließ sich nicht erkennen, weswegen das Z7 auch gerade einmal halb voll ist. Ein ordentlicher Teil der Gäste steht dabei immer im Außenbereich und wartet auf die Band, wegen der sie hier sind. Das ist jetzt nun endlich “Monster Magnet”. Die Stoner Rocker aus New Jersey haben heute den Headliner Slot, doch als sie die Bühne betreten scheint zumindest Sänger Dave Wyndorf die Länge des Abends zu schaffen zu machen. Er wirkt ziemlich verschlafen und hat kleine Augen, verpasst teilweise seine Einsätze und vergisst immer wieder Gitarre zu spielen.
Auch die restlichen Musiker wirken relativ lustlos. Lediglich Phil Caivano posiert ein wenig und lässt seine Gitarre kreischen. Im Hintergrund laufen auf der Leinwand entweder psychedelische Muster, oder Bilder aus alten Hippie-Filmen. Das Gesamtkunstwerk “Monster Magnet” zieht an diesem Abend um die 500 Zuschauer in ihren Bann. Wo auch immer die Räucherstäbchen-Geruch herkommt, wenn das hier kein Stoner-Rock Konzert ist, dann weiß ich auch nicht weiter. Nach etwa 40 Minuten Show wird Dave langsam wach, beginnt sogar sowas wie Interaktion mit dem Publikum. Zumindest wenn man wahllos auf Leute in den ersten Reihen zeigen und kurz zu grinsen als Interaktion verstehen kann.
Die Fans von “Monster Magnet” verbleiben vor der Bühne, viele andere Besucher des Z7 zieht es allerdings kopfschüttelnd nach Hause. Als nach 60 Minuten das Hauptset endet, leert sich die Halle immer mehr, obwohl von der Anlage immer noch verzerrte Gitarrentöne kommen. Die zwei Zugaben werden durch endlose aber konzeptlose und eintönige Gitarren-Soli auf 20 Minuten gestreckt. Mittlerweile ist schon wieder fast so leer wie bei “Saint Agnes”, scheinbar sind inzwischen auch die Fans des Headliners ermüdet und treten den Heimweg an. Dies tut nun auch der Autor und fragt sich auf dem Heimweg, was genau er da heute eigentlich erlebt hat.