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Konzertbericht: SOEN (Support: Trope & Oddland) | Colos-Saal Aschaffenburg | 05.10.2024

Jeder hat so seine Bucketlist, manche schreiben Urlaubsziele drauf, andere wollen bestimmte Filme sehen und für Musikfans stehen in der Regel viele verschiedene Bands darauf. Bei mir zumindest war SOEN schon lange auf der Wunschliste, passte es doch in den letzten Jahren nie, diese Giganten des Progressive Metal, auf einer Solo-Show zu sehen.

Nun sollte ich also Gelegenheit bekommen diesen Punkt abzuhaken. Die Türen des Colos-Saals, mitten in der Aschaffenburgen Innenstadt, öffneten sich pünktlich für die bereits wartenden Gäste. Über den Saal sollte ich vielleicht auch noch ein Wort verlieren, gehört er doch zu den wenigen legendären Clubs in Deutschland, die schon seit Jahrzehnten die Musiklandschaft bereichern. Mit knapp 500 Besuchern ist der Raum gut gefüllt, aber es fühlt sich nicht beengt an. Ganz im Gegenteil schaffen es die Veranstalter eine heimelige Wohnzimmeratmosphäre zu schaffen. Starke Fotografien großer Künstler, ein etwas versteckter Barbereich und ein weiterer Nebenraum, der an diesem Tag zum Merch verkaufen genutzt wurden, laden zum Verweilen ein. Kein Wunder also, das diese Venue auf vielen Tourplänen zu finden ist.

Trope

Bevor SOEN die Bühne betraten, wurde erstmal ein wenig vorgewärmt. Das Duo „Trope“ starte um 19.30 Uhr nur mit einer Akustik-Gitarre und dem Gesang von Diana Studenberg. Die beiden Kalifornier brauchten am Anfang noch etwas Überzeugungsarbeit, um das Publikum auf ihre Seite zu ziehen. Nicht zuletzt der brillant abgemischte Sound sorgte dafür, dass der Funke übersprang. Auch wenn die Songs ein wenig an Varianz vermissen ließen, steigerte sich die Begeisterung bei den Zuschauern. Zum Ende des knapp 30-minütigen Sets gab es anhaltenden und wohlwollenden Applaus.

Oddland

Nach nur wenigen Minuten Umbaupause durfte die zweite Supportband die Bühne betreten. Die Finnen von „Oddland“ fordern schon etwas mehr Aufmerksamkeit. Ihre Rhythmen sind extrem komplex, teilweise scheint es so, als dass die Musiker aneinander vorbeispielen. Dennoch treffen sich die Instrumente und der Gesang immer wieder zu einer Symbiose. Das gefällt vielleicht nicht jedem, ist aber auf jeden Fall mal eine spannende Abwechslung für die Zuhörer.
In den Melodien des Quartetts meint man teilweise orientalische Elemente zu hören, auch dadurch bestärkt, dass Gitarrist Jussi Poikonen nebenbei auch noch Saxofon spielt. Allgemein scheinen die Finnen noch nicht ganz in ihrem Set angekommen zu sein. So muss zum Beispiel Bassist Joni Palmorth den Sänger und zweiten Gitarristen Sakari Ojanen regelmäßig daran erinnern die Gitarre zu wechseln. Diese nimmt es jedoch mit Humor und freut sich über seinen aufmerksamen Mitmusiker.
Auch „Oddland“ darf eine knappe halbe Stunde spielen, jedoch ist der Schlussapplaus etwas verhaltener.

SOEN

Schlag 21 Uhr wird es wieder dunkel im Colos-Saal. Donner und Regen ertönen aus den Lautsprechern, hier und da blitzt es auf der Bühne. SOEN stürmen nicht die Bühne. Zurückhaltend, aber präsent nimmt jeder Musiker seinen Platz ein, bis mit den ersten Akkorden von „Sincere“ der Knoten bei Band und Publikum platzt. Angeheizt von der grölenden Menge geben die fünf sofort Vollgas. Frontmann Joel Ekelöf beweist welcher Druck in seinen Stimmbändern lauert und zieht das Publikum in seinen Bann. Kurz entschuldigt er sich bei der Technik, nachdem ein einen Spot auf der Bühne umgeworfen hat, aber das trübt die Stimmung kein bisschen.

Als er bei „Savia“ etwa 15 Sekunden einen Ton hält, beweist Joel, warum er zu den aktuell besten Stimmen des Metals zählt. Doch nicht nur er ist textsicher, auch das Publikum singt vom ersten Song an mit. Auch das soll lobend erwähnt sein, die sonst allgegenwärtigen Handys, bleiben in den Taschen. Nur hier und da wird mal verstohlen ein Bild gemacht oder kurz gefilmt. Alle Gäste sind hier zum Genießen und dafür liefern SOEN mehr als genug.

Dass die Setlist der Memorial-Tour auch entsprechend viele Songs aus dem neuen, gleichnamigen Album enthält, birgt immer ein paar kleine Risikofaktoren. Doch als ihr Frontmann kurz ein paar Unsicherheiten beim Text zeigt, fangen ihn seine Mitmusiker auf und geleiten ihn elegant zum nächsten Einsatz. Mit „Lascivous“ stimmen SOEN einen absoluten Klassiker an, welcher schon bei den ersten Tönen mit frenetischem Jubel begrüßt wird. Direkt im Anschluss darf sich Gitarrist und Keyboarder Lars Åhlund bei einem Solo austoben, welches direkt zu „Unbreakable“ überleitet. Jetzt kommt zum Gesang auch Bewegung in den gut erwärmten Colos-Saal. Fleißig werden die Pommesgabeln gereckt und aus dem bisherigen Nicken wird engagiertes Head-Bangen.

SOEN haben ein sehr gemischtes Publikum nach Aschaffenburg gezogen. Vom ergrauten Prog-Fan bis zum Jungmetaller mit erstem Bartwuchs ist alles vertreten. Verbunden durch die leidenschaftlichen Melodien der Band feiern sie geeint und leiten den nächsten Gemeinschaftschor ein. Die intensive Stimmung im Saal kann auch durch den ruhigen Song „Illusion“ nicht gebremst werden. Jede Zeile ist bekannt und so überlässt Joel es teilweise dem Publikum den Song zu singen.

Kleine Clubs wie der Colos-Saal transportieren eine intensive Energie auf die Bühne, kein Wunder also, dass auch größere Bands immer wieder in intime Venues zurückkehren. So ist es an diesem Abend auch bei SOEN. Die Musiker und das Publikum bilden eine Einheit und jeder genießt die Stimmung und die überspringende Freude. Als nach knapp 90 Minuten und den beiden Zugaben „Antagonist“ und „Violence“ das Konzert endet, will keiner so richtig gehen. Die Band lässt sich noch feiern und erst das angehende Saallicht überredet die Zuschauer den Raum zu verlassen. Nicht jedoch ohne sich von SOEN das Versprechen abnehmen zu lassen, wieder nach Aschaffenburg zu kommen. Mit einem kleinen Umweg über den Merch-Stand leert sich dann auch der Saal. In den Gesichtern der Gäste sieht man pure Freude, glänzende Augen und ein strahlendes Lächeln.

Setlist SOEN:
Sincere
Martyrs
Savia
Memorial
Lascivious
Unbreakable
Deceiver
Ideate
Monarch
Illusion
Modesty
Lotus

Zugaben:
Antagonist
Violence

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Über den Autor des Beitrags

Eightrocks

Hört am liebsten Symphonic- sowie Powermetal, kann sich aber auch für Pagan und Metalcore begeistern. Wenn er gerade einmal nicht mit Achterbahnen spielt, ist die Kamera im Anschlag.

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