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Kyle Gass Band
05.07.2017 ZMF, Freiburg

Langsam aber sicher will das Freiburger Zelt-Musik-Festival (ZMF) sein Image als Schlechtwetter-Magnet wohl endgültig abstreifen. Zum Festival-Start am gestrigen Mittwoch lachte jedenfalls die Sonne über Südbaden, pünktlich kletterte das Thermometer wieder auf über 30°C und Erinnerungen an die Zelt-Saunen der letzten Jahre wurden wach.
Optimales Wohlfühlklima für eine Band aus L.A. also, in Badish California. An diesem Abend machte nämlich die Kyle Gass Band auf ihrer “Master of Beasts Tour 2017” Halt im ZMF-Spiegelzelt.

Wer “KG”, den Namensgeber der Band, auf den Promo-Fotos zum ersten Mal sieht, wird ihn wohl für einen US-Touristen halten, der dem gängigen Klischee gut entspricht: ein weißer Haarkranz säumt die Glatze, die Kleidergröße etwas weiter, Shorts, ein lockeres Hemd. Von Rock’n’Roll eigentlich keine Spur. Keine voll tätowierten Arme. Nichts. Und doch sollte der Name dem geneigten Rock-Fan geläufig sein. Wenn schon nicht direkt, dann über KG’s anderes Fun-Rock-Projekt Tenacious D, mit dem er zusammen mit Jack Black immerhin schon einen Grammy für die “beste Metal-Performance” abstauben konnte.

Um 21 Uhr kamen zunächst die vier anderen Bandmitglieder auf die Bühne: Jason Keene am Viersaiter, Tim Spier am Schlagzeug, Gitarrist John Konesky (auch Tenacious D) und Mike Bray, ebenfalls an der Gitarre und seines zeichens auch hauptamtlicher Sänger der Band. Zu den groovenden Riffs des ersten Stücks “Manchild” kam dann KG auf einem Spielzeugpferd (der Stier vom aktuellen Album-Cover war wohl gerade nicht verfügbar) aus dem Backstage-Bereich neben die Bühne “geritten”, das Muscle-Shirt (“I have gas!”) an den Armen fast bis zur Hüfte aufgeschnitten. Zu diesem Zeitpunkt hatten rund 80 bis 100 Zuschauer im “Thunderdome” Spiegelzelt eingefunden.
Das musikalische Programm setzte sich ausgewogen aus den bisherigen beiden Alben “Kyle Gass Band” (2015) und “Thundering Herd” (2016) und einigen Covers aus dem Rock- und Jazz-Bereich zusammen (Setlist s.u.).

Zur Unterhaltung trugen neben den auf den Punkt runtergerockten Stücken auch die Ansagen, Jokes und Erzählungen dazwischen bei. Zumal Kyles Flirtversuche mit dem weiblichen Publikum durch das fleißig herbei gebrachte Bier und den eisgekühlten Bourbon zunehmend lockerer wurden — von “Das ist dann jetzt der Punkt, an dem ich mit einem Mädchen wie dir flirte. Bist du mit deinem Freund (boy-friend) da? Nein? Das ist nur *ein* Freund?” über “Wenn du jemanden von uns daten würdest, wer würde das sein? Ich bin reich! … und talentiert … und lustig …” bis hin zu “Ihr kommt alle mit zu mir nach Hause. Ich mache dann mit jedem einzelnen Liebe und morgen werdet ihr euch besser fühlen.

Erwähnenswert, wenn auch Standard im Programm, sind selbstverständlich auch Kyles immer wieder eingeworfene, virtuos und unkonventionell gespielte Blockflöten-Soli, bei denen KG es erstaunlicherweise auch schafft, zwei Blockflöten gleichzeitig zweistimmig zu spielen. Auch das Medley, bei dem der Drummer mit dem Sänger Platz und Funktion tauschte und genre-technisch einen weiten Bogen spannte, war sicher einer der Stimmungs-Höhepunkte — zumal „so cute„-Tim, der übrigens Wurzeln in Wiesbaden hat, am Mikrofon einen respektablen Job ablieferte (MJ-Tanzmoves inklusive). Die größte Überraschung war für mich aber Mike am Mike. Einen derartig guten, ähnlich vielseitigen Rock-Sänger habe ich lange nicht gehört.

Nach rund zwei Stunden, marschierte KG plötzlich von der Bühne und durch das Publikum. Ein weiterer Ausflug in die Menge, um mit den Fans zu tanzen und Selfies zu machen? Nein, diesmal ging es — noch während der letzten Gitarren-Klänge — schnurstracks zum Merch-Stand, um dort etwas angedudelt aber geduldig, Autogramm- und Selfie-Wünsche zu erfüllen.
KG mag nicht danach aussehen, aber dieser Mann mit der Blockflöte of destiny ist Rock’n’Roll. Großartiger Spiegelzelt-Auftakt. Wärmstens weiterzuempfehlen!

Setlist des Abends (falls ihr die Infos zu den Lücken habt, dann gerne her damit!):

  1. Manchild
  2. Getting The Band Back Together
  3. Cakey
  4. Our Job To Rock
  5. Tremendous
  6. ???
  7. ???
  8. Regretta
  9. Bring Her Back Better
  10. Bro Code
  11. Jailbreak (Thin Lizzy)
  12. Questionable
  13. Bone
  14. Hell Or High
  15. Medley: I Want You Back (Jackson 5), Black or White (Michael Jackson), Prinz von Bel Air Titelsong, I Want It That Way (Backstreet Boys)
  16. Green-Eyed Lady (Sugarloaf)
  17. Zugabe: Gipsy Scroll II: Toot of the Valley
  18. Zugabe: I Wanna Kiss You All Over (Exile)
  19. Zugabe: Pony (Ginuwine)
  20. Zugabe: All Right Now (Free)

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Über den Autor des Beitrags

Gerald

Hört so ziemlich alle Genres querbeet, von Heavy bis Electro, von Folk-Pop über World und Rock bis Hip-Hop. Ehrliche, handgemachte Musik ist aber noch die beste und Radio-Rotation ist evil. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Ist zudem hauptsächlich für unsere Comic-Abteilung verantwortlich und spielt hin und wieder auch gerne mal an der (Nintendo-)Konsole.

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