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Parkway Drive – Schleyerhalle Stuttgart (11.02.2019)

Pyro, Streicher und Geschrei – wenn Parkway Drive auf Tour geht, wird alles aufgefahren, was so auf eine Bühne und davor passt.

Bevor wir uns allerdings den Herren aus Byron Bay widmen, startet der Abend mit „Thy Art Is Murder“ ebenfalls aus Down Under, allerdings aus der Hauptstadt Sydney. Die Deathcore-Band wurde 2006 rund um Frontmann Brendan Van Ryn gegründet wurde, welcher die Truppe allerdings schon 2008 wieder verließ. Chris „CJ“ McMahon übernahm den Job, musste allerdings für die letzte Europa-Tournee 2015 (übrigens auch mit Parkway Drive) aussetzen und kehrte erst 2017 wieder zurück in die Band.

Nun dürfen die Fünf also mal wieder als Anheizer ran und betreten um 19 Uhr die Bühne. Mit „Dear Desolation“ und „The Purest Strain of Hate“ knallen sie direkt richtig was raus, kommen allerdings beim noch recht jungen Publikum nicht so richtig an. Das Feedback bleibt aus, was auch auf der Bühne wahrgenommen wird. Um die Stimmung zu lockern zeigt „CJ“ sein Sprachtalent und betet alle deutschen Schimpfwörter runter, die er bisher gelernt hat. Auch hier bleibt der Erfolg leider aus, lediglich zur Mitte des 30-minütigen Sets kommt etwas Stimmung auf. Leadgitarrist Sean Delander spielt die ersten Akkorde zum Rammstein Cover „Du hast“ an, Schlagzeuger Lee Stanton fängt an auf die Snare-Drum einzudreschen, und im Publikum werden die Mähnen im Takt geschüttelt.

Dieser Lichtblick bleibt leider der einzige im Set. Die Band, welche in ihrer Geschichte bisher eher durch Skandale auffällig war, kann auf der Bühne nicht recht überzeugen. Das Programm wird einfach runtergespielt, man sieht den Gesichtern auf und vor der Bühne an, dass man sich gegenseitig nicht sehr sympathisch findet. Im letzten Song „Puppet Master“ wird nochmal versucht, das Publikum zu animieren, es reicht aber am Ende nur für einen Szenenapplaus. Ein bisschen mehr Spielfreude hätte hier allen Parteien vermutlich gutgetan, so bleibt es bei einer eher durchwachsenen Leistung.

Ganz anders der zweite Support-Act „Killswitch Engage“, welcher nach nur 20 Minuten Umbaupause die gewaltige Bühne betritt. Die enorme Höhe der Schleyer-Halle in Stuttgart bietet viel Raum für aufwendige Bühnenaufbauten und der weit vorne hängende Backdrop lässt deutlich Spannung aufkommen, was uns im Laufe des Abends noch erwarten wird. Als Band 1999 formiert, in Teilen aber schon seit 1991 zusammen spielend, sind die Fünf aus Massachusetts die Alterspräsidenten an diesem Abend, und könnten die Väter eines Großteils des Publikums sein. Anmerken tut man ihnen aber höchstens die Lockerheit einer Band, die so schnell nichts mehr schockt und die auf ihre Stärken vertraut.

Schon im ersten Song „In due Time“ steht Sänger Jesse Leach im Sing-Along-Part grinsend auf der Bühne und steckt die schon sehr gut gefüllte Halle mit seinem Charisma an. Bei „This is Absolution“ und „The Arms of Sorrow“ gibt es einen kraftvollen Ausflug in die frühe Bandgeschichte – die Halle bebt im Rhythmus der Riffs. Dass nicht nur deftiger Metalcore, sondern auch geschmackvoller Melodic Death-Metal auf der Zutatenliste steht, beweisen die Amerikaner mit „Hate by Design“ und „Always“. Der Sound ist glasklar und druckvoll, die Instrumente sauber differenziert, das Licht stimmungsvoll. Ein häufiges Gerücht, dass Vorgruppen schlechter abgemischt werden, kann hier definitiv widerlegt werden.

Das Set nimmt kurz vor Schluss nochmal richtig Dampf auf, während dem Publikum „The Hell in Me“ in die Ohren knallt. Die Menge nimmt dieses abwechslungsreiche aber harmonische Set mit Begeisterung auf. Als dann als letzter Song ein Cover vom großen „Dio“ angespielt wird, kann sich Jesse einen kleinen Seitenhieb zur Smartphone-Generation nicht verkneifen.

„We’re gonna play a song of Ronny James Dio – if you don’t know him, google him!”

Jesse Leach / Killswitch Engage

“Holy Diver” in einer wirklich mitreißenden Version beendet das kurzweilige 40-Minuten-Set, und die Lautstärke in der Halle lässt hoffen, dass die alten Götter der Metalwelt so schnell nicht in Vergessenheit geraten.

Seit knapp 15 Jahren gibt es mittlerweile die Australier von Parkway Drive in nahezu unveränderter Besetzung. Das dritte Quintett an diesem Abend wird gerne im Metalcore verordnet, verzichtet aber schon länger auf den typischen Clean-Gesang, streut dafür aber umso mehr harte Breakdowns und Ausschweifende Soli ein. Selber sieht man sich eher dem Hardcore verbunden, wobei musikalische Kategorien an diesem Abend schnell in Schall und Rauch verschwinden.

Begleitet von vier Fackelträgern bahnt sich die Band zum Auftakt ihren Weg quer von hinten nach vorne durch die Menge. Ein riesiger Knall aus allen Pyro-Kanonen beendet das Intro und bildet den Start in „Wishing wells“. Der gesamte Rücken der Bühne ist mit Spots und Blindern behangen, die Band ist nur als Schattenriss zu erkennen, und man muss schon ein wenig die Augen zusammenkneifen, so viel Licht blasen die Techs im FOH in die Halle. Fast ausverkauft drücken die Zuschauer nach vorne, und jeder versucht, den besten Winkel für sein Handyvideo zu finden.

Direkt der zweite Song „Prey“ regt direkt zum Mitsingen und Tanzen an, die Handys verschwinden wieder in den Taschen und die Pommesgabeln gehen nach oben. Mit ihnen steigen die ersten Crowdsurfer auf und geben der Security etwas Arbeit. Es ist kaum verwunderlich, dass die Band rund um Frontmann Winston McCall eine so steile Karriere hingelegt hat. Jeder der Fünf beherrscht sein Instrument in einer Perfektion und Leichtigkeit, sodass es einfach eine Freude ist, ihnen zuzusehen. Untermalt von einer gigantischen Lightshow, haben die Jungs rund um das aktuelle Album „Reverence“ ein abwechslungsreiches Set gebaut. Evergreens wie „Vice Grip“ oder „Karma“ wechseln sich mit aktuellen Songs von „Cementery Bloom“, „The Void“ oder „Absolute Power“ ab.

Immer wieder nehmen sie sich Zeit für kleine Ansprachen, geben den Gitarristen Jeff und Luke Raum für ausschweifende Soli, und ermutigen das Publikum im Moshpit immer schön die hingefallenen aufzuheben. Die Zuschauer kleben gebannt an den Lippen, jeder Feuerstoß, jeder Pyroregen und jedes Lichtset wird auf unzähligen Kameras festgehalten und an die Außenwelt verschickt.

Kurz wird es dunkel auf der Bühne, man sieht ein paar Stage-Runner über die Bühne huschen, und als das Licht wieder angeht wird Parkway Drive von vier Streicherinnen auf hohen Podesten verstärkt. Als das Intro von „Writings on the wall“ so gewaltig untermalt wird, gehen die feinen Instrumente fast im Jubel der Menge unter. Winston beweist die gesamte Bandbreite seiner Stimme während seine Mitmusiker sich angenehm zurücknehmen, um diesen besonderen Song in einer ungeahnten Reinheit auf die Gäste loslassen. Gewaltig geht es bei „Shadow Boxing“ weiter, da die vier Damen auch hier noch unterstützen dürfen, während das Tempo im Set wieder anzieht.

Drummer Ben bekommt seine Five-Minutes-of-Fame in einem Minisolo zum Einstieg in „Wild Eyes“, welches von rhythmischen „Parkway Drive“-Rufen untermalt wird. Nach „Chronos“ wird die Bühne nochmal dunkel, einige Fragen sich, ob es das schon war. Die ersten 60 Minuten vergingen wie im Flug, keiner will, dass es endet.

Ein einzelner Lichtstrahl flammt auf und nimmt die Cellistin sowie Winston ins Visier, die es sich auf dem Mischpult bequem gemacht haben. Beeindruckend wie die beiden in dieser schlichten Szenerie den Song „The Colour of Leaving“ zum Besten geben. Abgelenkt wird ein Teil des Publikums lediglich durch die mal wieder aufflammenden Handydisplays, welche das Ganze für die Nachwelt festhalten.

Zum Finale setzen die fünf Australier aus Byron Bay noch mal eben kurz die gesamte Bühne in Brand, während das Band-Logo hochgezogen wird. Umgeben von Flammen beenden „Chrushed“ sowie „Bottom Feeder“ das Konzert. Als der Vorhang fällt wird jede Hoffnung auf eine Zugabe direkt beerdigt, denn der Abbau beginnt sofort.

80 Minuten Vollgas im Wechsel mit ruhigen Passagen zementieren den guten Ruf von „Parkway Drive“ als fantastische Liveband. Der beinahe kometenhafte Aufstieg in Europa spiegelt sich auch in den Verkaufszahlen der aktuellen Platte wieder, welche es bis auf Platz 5 in den deutschen Charts brachte. Ihre Varianz, spielerische Qualität und die prägnante Bühnenpräsenz sorgen regelmäßig für ausverkaufte Hallen. In Stuttgart reichte leider nicht ganz, was der Stimmung allerdings keinen Abbruch tat. Viele werden sich noch lange an diesen Abend erinnern, und falls diese doch mal verblassen, liegt auf irgendeiner Cloud bestimmt noch ein Handyvideo.

 

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Über den Autor des Beitrags

Eightrocks

Hört am liebsten Symphonic- sowie Powermetal, kann sich aber auch für Pagan und Metalcore begeistern. Wenn er gerade einmal nicht mit Achterbahnen spielt, ist die Kamera im Anschlag.

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