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Steel Panther – Z7 Pratteln (19.02.2019)

Auftoupierte Haare, enge Leggins in knalligen Farben und mit Leoparden-Muster, die gesamten Make-Up Restbestände von Schlecker ins Gesicht geschmiert und kreischende Stimmen. Die Erwartung auf einen kulturell wertvollen, vielleicht leicht frivolen Abend, treibt die Röte in die Wangen. Soll ich auch noch die weiblichen Gäste beschreiben? So bunt wie vergangenen Dienstag war es selten im legendären Z7 in Pratteln. Wenn die Glam-Metaller von „Steel Panther“ zur Show rufen, kommen die bunten Vögel aus dem Haus.

Wer von Natur aus nicht mit ausreichender Haarpracht gesegnet war, hatte sich noch kurz im nächsten Karnevalsladen mit passenden Perücken eingedeckt. Schon die Schlange am Einlass war bunter als ein tropisches Korallenriff, man musste den Metaller in Schwarz wirklich schon suchen. Nun, ein Abend mit Steel Panther, da weiß man schon im Vorfeld, dass man nicht alles zu ernst nehmen darf.

Der Warm-Up kommt über einen DJ, der diverse Klassiker der Metalgeschichte von den Plattentellern erschallen lässt. Die Hits von Bon Jovi, Manowar, Queen oder Scorpions werden zumindest in der ersten Reihe herzhaft mit gegrölt. Der Rest bereitet sich an der Theke auf das vor, was da noch kommen mag. Für einen Dienstagabend ist die Stimmung so früh schon erstaunlich hoch, und der Pegel der Besucher dem Anlass angemessen.

Die ersten Riffs aus einer live gespielten Gitarre kommen von Gus G.. Der gebürtige Grieche spielte schon für Ozzy Osbourne und Arch Enemy, seit fünf Jahren geht er allerdings solo auf Tour. Eine gute Dreiviertelstunde beglückt er das Publikum mit seinem urigen Power-Metal-Sound, der eindeutige Anleihen aus den 80ern hat, zum Ende hin aber immer härter und moderner wird.

Unterstützt von Bassist und Schlagzeuger ist der Sound, typisch für einen Solo-Gitarristen, sehr geprägt von minutenlangen Soli, verspielten Arrangements, und wenig Gesang. Stimmlich ist hier auch eher nur das Notwendigste geboten, an den Instrumenten sind die Qualitäten der drei deutlich ausgeprägter. Das Publikum lässt sich darauf ein, bangt genüsslich mit der (echten oder falschen) Haarpracht, oder versucht das Dargebotene auf der Luftgitarre nachzuspielen. Zum Ende gibt es verdienten Applaus. Das Z7 hat sich warmgefeiert.

In der Umbaupause schweben uns wieder Evergreens der 80er entgegen, der DJ dreht jetzt richtig auf und überlässt das Publikum seiner Ekstase, als er sich mit dem Megahit „Bohemian Rhapsody“ verabschiedet.

Nun also „Steel Panther“. Es fällt schwer, in Worte zu fassen, was diese Band und dieses Konzert darstellt. Vier sichtlich gealterte Herren, mehr Make-Up auf der Bühne als bei einem normalen Konzert im ganzen Publikum, sexistische Witze am laufenden Band sowie nach Standard-Rezepten gestrickter Hair-Metal. Man weiß nie ob die Formation rund Sänger Michael Starr wirklich ernst meint, was sie da gerade auf der Bühne verzapfen, oder ob sie einfach nur den Postillion unter den Metalbands darstellen.

Die Show ist bunt, schrill, politisch inkorrekt, kurzum: Das Publikum liebt sie! Fans, die die 80er nur vom Hörensagen kennen, grölen und kreischen zu jedem Augenzwinkern von Gitarrist Satchel oder fallen zum Kussmund von Bassist Lexxi Foxx fast in Ohnmacht. Zu ihrem Tourfinale drehen die vier aus Las Vegas richtig auf. Die Witze gehen noch ein Stück mehr unter die Gürtellinie als gewöhnlich, Musik gibt es zwischen den ganzen Moderationen in ordentlicher Lautstärke, anstatt der Nebelkanonen werden einfach Haarspraydosen gelehrt.

Es herrscht das kreative Chaos, auf der Bühne. Man weiß nie, ob jetzt alles perfekt einstudiert ist, oder die verpassten Einstiege und anschließenden Beleidigungen der Bandmitglieder tatsächlich Zufall sind. Ein Balanceakt auf den Grenzen des guten Geschmacks, oder auf dem Niveau des Bierzelt-Humors, all dies zelebrieren die vier als ob sie es wirklich ernst meinen.

He is the Harvey Weinstein of Heavy Metal

Satchel zu Michael Starr

Achja, die Musik. Songs wie „Goin‘ in the Backdoor“, „Asian Hooker“ oder „Community Property“ pulverisieren alle Bemühungen feministischer Bewegungen in wenigen Akkorden, sind simpel gestrickt, erreichen aber beim feierwütigen Publikum ihren Zweck. „Steel Panther“ klingen wie die Promenadenmischung aus „Bon Jovi“ und „Alestorm“, wobei sich hier durchaus die jeweils guten Gene durchgesetzt haben.

Als zu „Party all day (and fuck all Night)“ die Bühne mit allen willigen Frauen vollgestellt wird, laufen die Herren zur Hochform auf. Direkt werden der Klassiker „Pour some sugar on me“ und „Livin‘ on a prayer“ nachgeschoben. In der Menge kocht die Stimmung. Immer wieder albert die band herum, wirft sich Hüte, Drumsticks und Kleidungsstücke zu, vergisst dabei fast ein bisschen, Musik zu machen. Zum großen Finale geben sie noch „Gloryhole“ zum Besten, welcher vom Publikum textsicher mitgetragen wird.

Nach 105 Minuten endet diese Persiflage des Glam-Metal. Für alle auf der Bühne ein durchaus gelungenes Tourfinale im ausverkauften Z7. Die prattelner Zuschauer feiern den Exportschlager aus der Stadt der Sünde. Mit dem Anspruch auf komplexe und virtuose Arrangements ist hier eh niemand angereist. „Steel Panther“ beweist, dass man nicht alles ernst nehmen muss — weder sich, noch das Leben, erst recht nicht den Metal. Es gibt einen Platz in der Szene für solche Bands, und wenn das nächste Konzert an einem Wochenende wäre, dann würden vermutlich auch die Bierabsätze noch ein wenig steigen.

 

Über den Autor des Beitrags

Eightrocks

Eightrocks

Hört am liebsten Symphonic- sowie Powermetal, kann sich aber auch für Pagan und Metalcore begeistern. Wenn er gerade einmal nicht mit Achterbahnen spielt, ist die Kamera im Anschlag.

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