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The Cranberries & Amy Macdonald
12.08.2016 Foire Aux Vins, Colmar

Gespannt wie ein Flitzebogen war ich, als ich am vergangenen Freitagabend frühzeitig die Treppen des Open Air-Theaters der Colmarer Foire Aux Vins zur Bühne hinabging. Im Rahmen der Weinmesse waren in der Vergangenheit schon so manche große Musiker zu Gast. Für diesen Abend war ein Double-Feature mit der schottischen Singer/Songwriterin Amy Macdonald, bekannt vor allem für ihre Single “This Is The Life”, und die irische Band The Cranberries angekündigt.

Ausverkauft waren die rund 10.000 Karten wohl nicht — viel dürfte aber auch nicht dazu gefehlt haben. Die oberen Ränge des Theaters, vor allem die Sitzplätze, füllten sich zuerst. Im Stehbereich direkt vor der Bühne fanden sich zunächst nur die Hardcore-Fans ein. Gelegenheit für eine kleine Charakter-Studie: hauptsächlich war das Publikum mittleren Alters, ein “Amy here is your biggest fan”-Shirt hier, da ein “Ireland”-Hoodie, größtenteils aber Leute in “Zivil”. Vor allem in der ersten Reihe vor der Bühne dann die Fan-Shirts der Cranberries, spezielle T-Shirts für dieses Doppel-Konzert (die es vermutlich im Festival-Merchandising gab) und ein handgemaltes Schild “I wish I could meet you after the show” — wer wollte das nicht; es war wohl Dolores O’Riordan, der Frontfrau der Cranberries, gewidmet.

Um 20 Uhr kam Amy Macdonald auf die Bühne: schwarze Jeans, schwarzes Shirt mit Strass-Blingbling, lange dunkle Haare, den linken Arm voller Totenkopf-Tattoos und hohe schwarze Schuhe, an deren Fersen sich jeweils eine Reihe spitzer Nieten entlangzog.
Mit ihr kamen zwei Gitarristen, ein Bassist, ein Drummer und ein Keyboarder auf die Bühne, auf der hauptsächlich einige Scheinwerfer zu einem Bühnenbild aufgebaut waren. Sie selbst spielte Akustik-Gitarre und stand nahezu ausschließlich hinter ihrem Mikro. Ihre zentrale Position sollte sie erst zum abschließenden “Let’s Start a Band” einmal an den Haupt-Gitarristen abgeben, der dort dann zu einem Solo aufspielte.
Macdonald bedankte sich immer wieder artig in der Landessprache — “merci beaucoup” –, schwärmte von einer “such a wonderful crowd” und wies darauf hin, dass derlei warme Temperaturen für eine Schottin eher ungewohnt wären. Einmal wurde sie auch politisch, schimpfte über die “stupid people who want to leave the EU” und merkte gleich an, dass ihre Landsleute ja für “stay” gestimmt hätten.

Hier und da gab Macdonald Einblicke in ihr bald erscheinendes, neues Album, spielte also einen neuen Song. Einen ihrer bekanntesten Songs, “Mr Rock & Roll” spielte sie schon sehr früh, während sich die Fans zum beliebtesten, schon angesprochenen “This Is The Life” knapp eine Stunde, fast bis zum Ende des Auftritts, gedulden mussten. Stellenweise wurde das Publikum gesanglich eingebunden — die Gesangsleistung war aber durchaus steigerungsfähig.
Nach dem fulminanten “Let’s Start a Band” gingen die Musiker von der Bühne. Das Publikum hoffte noch auf eine Zugabe. Nur kurz später begannen die beiden großen Bildschirme auf den Seiten der Halle aber wieder, das Werbeprogramm des Festivals zu zeigen. Die zur Verfügung stehende Zeit war wohl zu begrenzt und The Cranberries dann doch der “Headliner” des Abends.

Die zeigten sich dann um 21:30 Uhr. Nach einem pompösen Percussion-Intro betraten die Musiker die tief in Blau getauchte Szenerie: die Brüder Noel (Gitarre) und Michael Hogan (Bass), eine Background-Sängerin, ein Schlagzeuger, ein Mann an den Tasten und natürlich Sängerin Dolores.
Während Noel an der Gitarre im Folgenden zeitweise richtig abrockte und Michael seinen Bass eher im Standmodus betrieb, bewegte sich die Frontfrau irgendwo dazwischen. Eine wirklich energiegeladene Bühnenpräsenz bot sie nicht. Die meiste Zeit schlenderte sie von einer Bühnenseite auf die andere und wieder zurück. Nur gelegentlich, wie bei “Ridiculous Thoughts” wurden mal ein paar Tanzschritte eingebaut. Gesanglich zeigte sie aber eindrucksvoll und nahezu makellos, was die Band neben den großartigen Kompositionen vor mittlerweile über 20 Jahren einst so berühmt hat werden lassen.

Und sie wusste auch das Publikum mitzunehmen. Auch sie sprach ein paar Brocken Französisch, bedankte sich mit einem netten “merci beaucoup mes amis”, verbeugte sich, fasste sich ans Herz, verteilte Luft-Küsschen. Und auch sie rief die Zuschauer immer mal wieder zum Mitsingen auf.
Aber auch hier war nicht all zu viel zu hören — zumindest bis ihr “Zoooombieee!” zum Abschluss des Hauptprogramms den immer noch größten Titel der Band angekündigte. Plötzlich waren zahlreiche Handys über den Köpfen zu sehen und das Publikum sang den Refrain mit, war laut und deutlich zu hören und das ohne dass die Band dafür leiser gespielt hätte. Daneben war übrigens “Ode To My Family” einer der Stimmungshöhepunkte.

Nach rund 70 Minuten beendete die Band den primären Part des Sets und verabschiedete sich. Eine ganze Weile voller beeindruckendem Jubel des Publikums brachte die Musiker aber noch einmal für eine Zugabe von vier Stücken zurück: das fast unplugged anmutende “Empty”, zu dem der Drummer nur mit zwei Hand-Trommeln ausgestattet war, “You And Me”, das rockige “Promises”, zu dem Dolores wieder (wie auch bei “Free To Decide” und “Zombie”) die weiße E-Gitarre in die Hand nahm und das ebenfalls richtig groß gefeierte “Dreams” zum allerletzten Abschluss. Vor allem bei den letzten beiden Stücken kam auch der zweistimmige Gesang von Dolores zusammen mit der Background-Sängerin richtig stark zur Geltung — ein gelungenes Finale.

Ein richtig feiner Abend, schließlich — ohne riesige Bühnenshows, dafür mit zwei tollen Bands und tollen Sets großer Lieder. Gutes Wetter, begeistertes Publikum, zweieinhalb Stunden großartige Musik. Alles top, gerne wieder!

Setlist The Cranberries:
  1. Analyse
  2. Animal Instinct
  3. Wanted
  4. Linger
  5. When You’re Gone
  6. Ode To My Family
  7. Just My Imagination
  8. Loud And Clear
  9. Free To Decide
  10. Be With You
  1. Conducted
  2. Desperate Andy
  3. Schizophrenic Playboys
  4. Salvation
  5. Ridiculous Thoughts
  6. Zombie
  7. Empty (Zugabe)
  8. You And Me (Zugabe)
  9. Promises (Zugabe)
  10. Dreams (Zugabe)

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Über den Autor des Beitrags

Gerald

Hört so ziemlich alle Genres querbeet, von Heavy bis Electro, von Folk-Pop über World und Rock bis Hip-Hop. Ehrliche, handgemachte Musik ist aber noch die beste und Radio-Rotation ist evil. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Ist zudem hauptsächlich für unsere Comic-Abteilung verantwortlich und spielt hin und wieder auch gerne mal an der (Nintendo-)Konsole.

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12.08.2016 Foire Aux Vins, Colmar”

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