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Avatar – Hail The Apocalypse

Ändert eine Band ihren Stil im Laufe der Zeit ab, mag das zwar unter den bestehenden Fans oft zur Enttäuschung führen, gleichzeitig tun sich aber neue Türen zu neuen Zielgruppen auf – ein glückliches Händchen bei der Renovierung natürlich vorausgesetzt.
Den richtigen Schritt scheinen die Jungs von “Avatar” mit ihrem 2012er-Album “Black Waltz” gemacht zu haben. Ursprünglich spielte die 2001 gegründete Schweden-Kombo erst einige Alben lang Göteborg-typisch Melodic Deathmetal. Dann öffnete man sich aber irgendwie einem breiteren Publikum. “Black Waltz” klang kompatibler und groovte mehr – was ja nicht heißen muss, dass man das Grunzen gleich ganz aufgeben muss… Das Ergebnis, jedenfalls: der größte Erfolg bislang und sogar Airplay mit zwei Stücken im US-Rockradio.
Direkt nach den Aufnahmen zu jenem Album verließ Gitarrist Simon Andersson auf Grund anderer Vorstellungen die Band. Ein langjähriger Bekannter der Band wurde schließlich für ihn eingestellt: Tim Öhrström, der interessanterweise auch gleich einen großen Teil des Songwritings übernahm.

Bedeutet das also einen erneuten Richtungswechsel auf der nun neuen Veröffentlichung “Hail The Apocalypse”? Keineswegs! Man kannte sich, wie gesagt, schon länger und liegt auch irgendwie musikalisch auf der gleichen Wellenlänge. Insgesamt hinterlässt das neue Werk also einen ähnlichen Eindruck wie sein Vorgänger. Allerdings ist der Einfluss des neuen Bandmitglieds (und dessen Whammy Bar Vorliebe, also die für den Tremolohebel seines Arbeitsgerätes) kaum zu überhören.

Das krasseste Beispiel ist der Titelsong (gleichzeitig die erste Single), das durch das Divebomb-artige Spiel extrem ungewöhnliche, bohrende Klänge bietet. Zusammen mit dem stampfenden, hämmernden Rhythmus wähnt man sich dann fast in der Werkstatt, in der irgendein Mordor die Waffen für einen apokalyptischen Kampf schmiedet. Nebenbei: Das Guitar Lessons Video zu diesem Stück bietet interessante Einblicke in die Spielweise der beiden Gitarristen.

Der besagte, stampfende Rhythmus ist es wohl übrigens auch, warum der Band auch Rammstein’sche Einflüsse nachgesagt werden. Daneben schwirren noch zwei andere Namen für Vergleiche herum: Alice Cooper und System of a Down.
Mister Cooper wird vermutlich genannt, weil auch Avatar ein bisschen Maskerade betreiben und schocken wollen. Frontmann Johannes Eckerström macht in Interviews zwar einen sehr netten Eindruck, bei Auftritten oder in Videos setzt er aber sein Clown-Gesicht auf und wird vom Sym- zum Psychopath.
Warum System of a Down als Referenz genannt wird, wird bei “Death of Sound” am deutlichsten. Das irre und irre schnelle Gitarrengeschrammel in den Strophen und Kontrast-Refrain erinnert schon gut an die armenischen Kalifornier. Der hier im Refrain mal harmonische Gesang lässt mich übrigens außerdem an Faith No More denken.

Harte Sounds und Eckerströms Gurgeln werden mit fast schon balladenartigen Songs, sachten Songteilen und harmonischen Gesängen durchmischt. Mal marschiert ein Song rhythmisch straight durch, mal groovet es richtig. In “Puppet Show” wird auch noch einmal das mit “Black Waltz” gefundene Jahrmarkt-Thema musikalisch herausgeholt.
Zu erwähnen sind auf jeden Fall noch drei Titel: Das sehr starke, etwas creepy wirkende “Murderer” und “Tsar Bomba”, das wieder irre bohrende Gitarren-Attacken fährt und bei dem Eckerström über weite Strecken deutsch singt (und das eigentlich recht gut!). Und schließlich “Something in the Way”, das etwas doomig wirkende Nirvana-Cover, das einzige “Hätte-wirklich-nicht-sein-müssen”-Stück der Platte.

Auf “Hail The Apocalypse” wirkt Avatar immer noch frisch, überraschend und überzeugend. Als Schlusssatz möchte ich mein Fazit zu “Black Waltz” noch einmal herauskramen und nur leicht abändern: “Wer Knüppel-Rock mit gutturalem Gesang mag oder sich damit anfreunden könnte, sollte reinhören.” – ersetze “sollte” mit “MUSS”.Viele weitere CD-Reviews findest Du übrigens in unserem alphabetischen Index

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Über den Autor des Beitrags

Gerald

Hört so ziemlich alle Genres querbeet, von Heavy bis Electro, von Folk-Pop über World und Rock bis Hip-Hop. Ehrliche, handgemachte Musik ist aber noch die beste und Radio-Rotation ist evil. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Ist zudem hauptsächlich für unsere Comic-Abteilung verantwortlich und spielt hin und wieder auch gerne mal an der (Nintendo-)Konsole.

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