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Billy Gibbons and The BFG’s – Perfactamundo

Da bringt der gute alte Südstaaten-Blues-Rocker in Eigenregie ein Solo-Album heraus, und stellt dabei sämtliche Hörgewohnheiten auf den Kopf. Beim Namen Gibbons denkt sich der geneigte Hörer schließlich: Solider Blues-Rock mit Sägezahn-Gitarre, Bass, Drums und Reibeisen-Vocals. Fertig. Der Wiedererkennungswert ist kaum zu übertreffen, ähnlich einer australischen Hard-Rock Band mit Strom. Daran ändert sich auch bei diesem Werk nichts. Gegerbte Reibeisenstimme und die unverwechselbare Gitarre sind da. Und dennoch ist plötzlich alles anders. Aber so richtig! Schon nach dem ersten Takt wird klar: mit ZZ Top hat das hier nicht mal annähernd zu tun.

Gibbons bewegt sich noch weiter in südliche Gefilde und serviert latin-lastige Sounds. Mit dabei das eine oder andere Cover, wie z. B. der Opener Got „Love If You Want it“ von Slim Harpo oder „Baby Please Don’t Go“ von Big Joe Williams. Die Kiste grooved teilweise bis zum Geht-nicht-mehr. Obendrauf ist der Sound von einer anderen Welt. Jeder einzelne Song und jedes einzelne Instrument trieft vor Effekten. Beim Abmischen der einzelnen Tracks dürfte im Studio kein einziges Gerät ungenutzt gelieben sein, und deren LEDs dürften ein größeres Spektakel geboten haben als jeder amerikanische Vorgarten zur Weihnachtszeit. Ganz nach dem Motto: Viel hilft viel. Überraschenderweise tut es das in diesem Fall tatsächlich. Die Effekte sind stimmig und passen zu den Songs, liefern gar einen Sound, der sich von allem anderen deutlich abhebt. Bis dahin alles erste Sahne.

Doch jetzt kommt das große Aber: Die Effekte machen auch nicht Halt vor Billys Stimme. Um genauer zu werden: Autotune bis zum Abwinken. Ganz ehrlich, was soll der Sch…? Gut, auch ZZ Top haben ihren Sound in den 90ern generalüberholt und sich damit neu erfunden. Es ist ja nunmal nicht so, als könne Herr Gibbons nicht singen. Ganz im Gegenteil. Vielleicht möchte er einfach mit der Zeit gehen. Allerdings macht das eher den Eindruck, als wolle er sich bei der Jugend anbiedern. Hätte er so etwas nötig? Sicherlich nicht! Es gibt auf dem gesamten Album keinen einzigen Song, bei dem die Stimme nicht extrem durchgewurstet wird. Zwar wird nicht immer Autotune verwerndet. Hin und wieder wird der Effekt – noch schlimmer! – durch einen Vocoder ausgetauscht.

Wer sich an einer solchen Vocal-Bearbeitung nicht stört, wird mit „Perfectamundo“ seine helle Freude haben. Die Arrangements wirken teils extrem produziert – dies allerdings wirklich gut! – und haben zwischendurch immer wieder Jam-Session-Charakter. Für diejenigen, die sich an extremem Autotune oder Vocoder stören, ist das Album spätestens nach dem ersten Durchlauf unhörbar. Ansonsten ist alles …perfekt. Zurück bleibt jedenfalls ein ewig nachhallendes Warum?!Viele weitere CD-Reviews findest Du übrigens in unserem alphabetischen Index

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Über den Autor des Beitrags

Gunnar

Würde gern Gitarre spielen wie Angus oder Slash.

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