Blue King Brown – Born Free
Vielen dürfte Blue King Brown hierzulande immer noch kein Begriff sein. Die achtköpfige Band um Frontfrau Nattali Rize (eigentlich Natalie Pa’a’pa’a) kommt aus dem weit entfernten Melbourne und macht hauptsächlich Musik im Reggae-, Dancehall-, Roots-Bereich. Mit “Stand Up” gaben sie 2006 ihr Debüt und überzeugten darauf mit einem Reggae-Roots-Rock-Gemisch. 2010 folgte das Doppelalbum mit “Worldwize Part 1 – North & South”, in dem der Rock-Einfluss durch Pop und Soul ersetzt wurde. In dieser Zeit gab es neben Europa-Gigs auch bei uns etwas Airplay für “Never Fade Away”.
Nun erscheint ihr drittes Studioalbum. “Born Free” setzt den “Worldwize”-Ansatz fort. Herausragend ist sicher die erste Single “All Nations”, eine Dancehall-Hymne mit fettem Basslauf. Auch sonst ist logischerweise immer wieder Dancehall und Reggae zu hören – z.B. bei “Renegade”, “Rize Up” oder “Righteous Ones”. Zwischendrin finden sich dann aber auch ganz ruhige Akustikstücke wie “One People” und “Educate the Masses”, die im Gegensatz zu den meist stark produzierten Songs sehr sparsam auskommen.
So ziemlich alle Stücke haben bei BKB jedenfalls eine Gemeinsamkeit: das politische Statement. Die Band setzt sich u.a. für Menschenrechte oder konkret z.B. für ein von Indonesien unabhängiges West-Papua ein. Die ungefähre Marschrichtung dürfte man bei den schon erwähnten Titeln wie “One People”, “All Nations” oder “Rize Up” erahnen können.
Video zur Single „All Nations“
Dabei scheint das Konzept ziemlich durchdacht, basiert schließlich der Bandname praktisch schon auf den Farben der Bewegung – quasi einer Flagge: blau, gelb und braun. Im Video zu “All Nations” (s.o.) sind außerdem weitere Flaggen zu sehen. Bei fahrenden Pickups mit Leuten auf der Ladefläche, die schwarze Flaggen mit weißen Symbolen in den Fahrtwind halten, hat man dieser Tage zwar leider auch andere Assoziationen im Kopf. Die hier verwendeten Symbole sind allerdings an das indianische Medicine Wheel angelehnt und stehen in diesem Fall mit den in alle Himmelsrichtungen zeigenden Pfeilen praktisch für “all nations – one people – one destiny”.
In this global time we realise that we are a part of the whole and that we must reclaim our freedoms in order to free our collective future.aus der Albumankündigung
Schon zum letzten Album entstand eine Connection zwischen den Australiern und Musikern auf Jamaika. So wurden auch für das neue Album ein paar Songs auf der Karibik-Insel in Kingston aufgenommen. Vor allem interessant ist aber die Zusammenarbeit in Form von gefeatureten Künstlern. Der in Jamaika wohl angesagte Jesse Royal steuert einen Part zu “Righteous Ones” bei und “Babylon a Fall” wird von den alten Reggae-Legenden von “The Congos” veredelt (der Gesang hört sich im ersten Moment strange an, er macht das Ganze aber einzigartig interessant). Zudem ist bei “One Sign” mit Logan Bell (“Katchafire”) ein weiterer, allerdings nicht von Jamaika sondern aus Neuseeland stammender Gast-Sänger zu hören.
Wer den anfänglich, auf dem Debüt, eindrucksvoll gezeigten Stil-Clash bei “Worldwize Part 1” vermisst hat bzw. mit dessen gefälligeren Mischung nicht so zurechtkam, wird auch bei “Born Free” nicht das Gesuchte finden. Anstelle des Charmes des Handgemachten ist zum Teil mehr die Perfektion des Sounds getreten. Mir persönlich gefiel das Vorgängeralbum allerdings sehr gut, und ich finde auch dieses aktuelle Album, das im direkten Vergleich etwas abwechslungsreicher geraten ist, großartig. Freunde der genannten Genres sollten unbedingt reinhören!
Zu unterstützen sind BKB sowieso – nicht nur ihrer Ideale und ihres Engagements wegen, sondern auch, weil sie eine von der Plattenindustrie weitgehend unabhängige Band sein wollen bzw. sind.Viele weitere CD-Reviews findest Du übrigens in unserem alphabetischen Index…