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Casper – Hinterland

Die Frage ist ja: wie macht man nach so einem Riesenerfolg weiter? Nach dem Debütalbum, das noch reinen Hip-Hop bot, öffnete sich Casper 2011 mit “XOXO” anderen musikalischen Einflüssen, erzählte intime Teile seiner Lebensgeschichte und traf damit den Nerv extrem vieler Menschen. Welchen Vorschuss Casper bei seinen Fans dadurch genießen darf, zeigte beispielsweise die Tatsache, dass der erste Teil seiner neuen Tour innerhalb von Stunden ratzeputz ausverkauft war. Also – wie will man also an so etwas anknüpfen?

Ganz einfach: man erfindet sich kurzerhand wieder irgendwie neu. Was wäre denn auch – wie der Promo-Text passenderweise sagt – die Alternative gewesen?! Wieder eine “richtige” Rap-Platte aufnehmen, zusammen mit US-Größen vielleicht? Die eigene Vergangenheit noch einmal erzählen?
Nein. Stattdessen geht Casper hin und begibt sich auf Reise in die amerikanische Heimat seines Vaters und lässt sich inspirieren vom Südstaaten-Flair und von allerlei Americana-Stilen. Er holt sich Unterstützung, ja. Aber nicht aus dem Reim- und Rhythmuslager sondern aus der Pop- und Indie-Szene – u.a. von Konstantin Gropper (Get Well Soon) oder auch von Tom Smith von den Editors. Erste Kostproben des Ergebnisses, die Singles “Im Ascheregen” und “Hinterland” ließen schon im Sommer aufhorchen und unruhig werden. Nun steht das Album “Hinterland” in den Regalen…

Wie “XOXO” beginnt die Platte ganz groß – mit besagtem “Im Ascheregen”, das mit Piano, Bläsern und Pauken ein zackiges Tempo anschlägt, aber eben auch gleich zeigt, dass dieses Album anders klingen wird. Dann gleich die zweite Single, der Titeltrack, der ganz ruhig mit Akustik-Gitarre und Claps beginnt, später dann aber auch zum Rhythmus findet.
Insgesamt spielt Casper mit ganz viel Bläsern und Chören und verschiedenen Stimmungen. Als extremstes Beispiel des veränderten Klangs ist “La Rue Morgue” zu nennen. Caspers Stimme mit viel Hall, darunter ein Blues-Rhythmus, ein nach Whiskey riechender Chor im Hintergrund. Auf andere Weise, aber ebenfalls Klasse wirkt das düster balladeske “Lux Lisbon”, bei dem Editors-Frontmann Tom Smith den Gesangspart im Refrain übernimmt. Gleich danach überzeugt das stille “Ariel” mit poppigem Cro-Refrain – das “Michael X” dieser Scheibe, mit dem Casper noch einmal einen Unglücksfall aus dem Umfeld seiner Familie thematisiert.

Wer den Stil und den Sound der Vorgänger sucht, wird nicht viel davon vorfinden. Denn mit Hip-Hop hat das Ganze nicht mehr viel zu tun. Am ehesten geht noch “Jambalaya” in diese Richtung. Und wer “XOXO” vermisst, der wird sich vielleicht gut mit „Ganz schön okay“ (feat. Kraftklub – fein!) oder dem ruhigen “Endlich angekommen” am Ende des Albums anfreunden.

“Hinterland” verblüfft aufs Neue mit ungewohnten Klängen und der Verquickung von Einflüssen verschiedenster, musikalischer Herkunft. Das Ganze benötigt etwas Eingewöhnung, wächst aber natürlich mit jedem Mal. Faszinierend ist tatsächlich, wie sich Casper scheinbar ganz locker an anderen Stilen bedient und sie sich zu eigen macht. Auch dazu trifft die Promo den Nagel auf den Kopf: “Sobald Casper den Mund aufmacht, ist es Casper-Musik”. Nough said!Viele weitere CD-Reviews findest Du übrigens in unserem alphabetischen Index

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Über den Autor des Beitrags

Gerald

Hört so ziemlich alle Genres querbeet, von Heavy bis Electro, von Folk-Pop über World und Rock bis Hip-Hop. Ehrliche, handgemachte Musik ist aber noch die beste und Radio-Rotation ist evil. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Ist zudem hauptsächlich für unsere Comic-Abteilung verantwortlich und spielt hin und wieder auch gerne mal an der (Nintendo-)Konsole.

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