Dubioza Kolektiv – Happy Machine
Nachdem die zig-köpfige Balkan-Truppe Dubioza Kolektiv mit ihrer EP “Happy Machine” schon im vergangenen September erste Einblicke in ein kommendes Album gegeben hatte, ist nun eben jenes Album, das siebte der Bandgeschichte, erschienen. Der Name: ebenfalls “Happy Machine”.
Zur Namensgebung liefert die Band auch gleich eine Erklärung mit: Die Happy Machine sei eine Vorrichtung zum Destillieren des feinen Balkan-Obstlers “Rakija” (Raki). Die Balkan-Romantik beschreibt die Beziehung zum beliebten Schnaps so: “Opa hat sein eigenes Geheimrezept und Oma trinkt jeden Morgen ein Gläschen auf die Gesundheit” — “sofortige Glücklichkeit und andere Effekte ähnlich eines LSD-Abenteuers” werden versprochen. Ja, die Jungs haben viel Spaß auf dem Balkan…
Doch dunkle Wolken zogen sich darüber zusammen, als die EU den Rakija-Fans einen Strich durch die Rechnung machte und nun selbst für das Brennen von Kleinstmengen zum familiären Eigenbedarf eine spezielle Genehmigung verlangt — und so “Familien zu Outlaws” macht. Aus Protest haben sie dann in bester Whistleblower-Manier gleich eine Aufbauskizze für die sagenumwobene Happy Machine auf das Cover gepackt und so tausend- — ach, was sage ich — millionenfach unter’s Volk gebracht.
Auch wenn diese Einleitung zugegebenermaßen etwas zum Schmunzeln einlädt, bietet sie doch einen ganz passenden Einstieg in die Welt und in die Musik von Dubioza Kolektiv. Kurz zusammengefasst: Party-Balkan mit Ska-, Rock- und sonstigen Einflüssen. Mit Blechgebläse-Fraktion, hauptamtlichen MCs und Hastenichgesehn. Die Musik lässt niemanden still stehen, ist aber stets von Ereignissen wie den Ausschreitungen im Istanbuler Gezi-Park oder auch der Flüchtlingskrise und Europas beschämender Haltung dazu inspiriert und behandelt somit auch sehr politische und ernste Themen.
Video zu “No Escape (From Balkan)”
In der ersten Single “No Escape (From Balkan)” mit Rock- und Dubstep-Elementen geht es beispielsweise um Gastarbeiter aus Osteuropa, die ihre Heimat verlassen, um im Westen ein besseres Leben zu suchen. Wie sie sich ändern und anpassen und ihre Wurzeln doch stets in ihrer DNA verankert haben.
“Free.mp3” ist dagegen, wie der Untertitel “(The Pirate Bay Song)” schon andeutet, den Gründern der Filesharing-Webseite “The Pirate Bay” gewidmet, denen wohl eine mehrjährige Haftstrafe bevorsteht. An dieser Stelle sei erwähnt, dass die Band mit den “high speed internet Robin Hoods” aus “Share-wood Forest” sympathisiert und ihre Musik konsequenterweise in digitaler Form auch kostenlos zur Verfügung stellt.
Doch diese beiden Titel waren, wie auch das erste komplett spanisch-sprachige Stück “Hay Libertad” (mit der katalanischen Ska-Rumba-Band “La Pegatina” zu Gast) schon auf der EP zu hören.
Im neu gebotenen Restprogramm des Albums sind darüber hinaus weitere Gäste zu hören: beim Opener “All Equal” sorgt der Punjabi-Sänger “BEE2 – The Sound Pipe” für einen orientalischen (bzw. noch orientalischeren) Touch und zum Abschluss singt der italienische Trompeter und Sänger Roy Paci das flotte Adriano Celentano-Cover “24,000 Baci”. Außerdem wirkte beim Punk-/Ska-Song “Boom!” der mazedonische Trompeter Džambo Agušev mit und — besonders illuster — auch Manu Chao und Skindreds Frontmann Benji Webbe brachten ihre eigene Note mit in “Red Carpet” bzw. das rockige “Riot Fire” ein.
Abwechslungsreich, zum Nachdenken, Tanzen und Abrocken anregend ist diese “Happy Machine”. Großartiges Album — und das nicht umsonst aber gratis! Und da es gewiss nicht kostenlos war, und die ganze Bandbreite der Stimmung sowieso erst live richtig entsteht, muss es abschließend natürlich heißen: guckt euch die Truppe live an und kauft am Merchandising-Stand ihre Musik (oder ein T-Shirt)! [edit: ansonsten kann das Album natürlich auch im Handel erworben werden!]
Hier ein Auszug über die anstehenden Termine:
- 14.05. Mainz
- 28.05. Aarau (CH)
- 04.06. Ellerdorf
- 05.08. Beerfelden Odenwald
- 06.08. Porta Westfalica
Wir haben Dubioza Kolektiv und “Free.mp3 (The Pirate Bay Song)” 2014 im Freiburger Jazzhaus erlebt. Hier unser Bericht.
“Our music is for free – you can download mp3” – Das Album könnt ihr auf der Band-Webseite gratis und ohne jegliche Schikanen herunterladen.Viele weitere CD-Reviews findest Du übrigens in unserem alphabetischen Index…