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Eluveitie – Ategnatos

Wow, was für ein Auftakt! Eluveitie melden sich zurück, mit ihrem neusten Werk „Ategnatos“. Das erste komplett neue Album seit „Origins“, welches 2014 erschien und damit die längste Pause für neue Stücke in der Bandgeschichte markiert. Die letzen Jahre waren nicht leicht für die neunköpfige Band aus der Schweiz. Seit dem letzten Album wurde fast die komplette Band einmal durchgetauscht, nur Frontmann und Sänger Christian Glanzmann blieb an Board. „Evocation II“ hatte bei den Fans einen schweren Stand und zeigte deutlich, wie schwer es sein kann nach einer Neubesetzung wieder zurück zu finden. Auch die Live-Shows 2017 und Frühjahr 2018 waren nicht gerade von riesiger Freude der Fans geprägt. Im Sommer 2018 jedoch schien sich die Formation gefestigt zu haben. Ihre Show bei den Metal Days 2018 jedoch schien so etwas wie ein Weckruf gewesen zu sein. Mit Leichtigkeit und Freude spielte die Combo auf und beeindruckte das Publikum auf dem Nachmittags-Slot.

Als dann Gerüchte durch die Presse geisterten, dass die Schweizer sich wieder ins Studio zurückziehen wollten, war die Spannung groß. Schafft man es an alte Tugenden anzuknüpfen? Findet Sängerin Fabienne Erni ihren Platz und kann sich entfalten? Wird es wieder so soft wie „Evocation II“?

Zumindest letzteres lässt sich schnell mit einem „Nein“ beantworten. „Ategnatos“ ist ein massives Brett im Folk-Metal-Genre. Egal was man darüber schreiben mag, Folkcore, Pagan-Metal, Melodic-Death mit folkigen Einschlägen, Eluveitie waren eigentlich immer einer der festen Konstanten einer speziellen Szene, die sich irgendwo zwischen Mittelaltermarkt und Metalfestival bewegt. Mehr als ein Grund, sich das neue Werk etwas genauer anzuhören.

Mit 16 Songs und drei Bonustiteln gibt es einen vollgepackten Silberling zu hören, wahlweise natürlich auch Vinyl. Wir steigen ein mit dem Titelsong „Ategnatos“, welcher uns Eluveitie-typisch erst einmal langsam in die Welt der nächsten 60 Minuten einführt, um uns direkt mit alter Schweizer Härte zu überraschen. Die Fideln steigen früh mit ein, man fühlt sich wieder zu Hause. Sänger Christian übernimmt den führenden Part der Vocals, um sich im Refrain mit Fabienne ein druckvolles Duett zu liefern. Der Song knallt und macht sofort klar, dass nichts verloren gegangen ist. Harte Riffs, sanfte Töne aus den klassischen Instrumenten, fast Core-ähnliche Breakdowns. Was ein Auftakt!

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Video zu „Ategnattos“

„Ancus“ ist eine typische Bridge zwischen zwei Song und damit keiner weiteren Erwähnung wert.

In „Deathwalker“ dominiert zum Einstieg die Drehleier und gibt auch die Melodie in dem eher Low-Tempo angelegten Song. Im Mix bekommt Fabienne auch mehr Raum, um ihre Stimme zu entfalten. Okay, Low-Tempo wird relativ wenn zur Mitte die Blast-Beats eine deutliche Dominanz übernehmen. Eine sanfte Bridge unterbricht das Geknüppel, um dann unvermindert wieder alle Frequenzen aus den Boxen zu blasen, die möglich sind.

Fast schon doomig steigt „Black Water Down“ ein. Rhythmus dominiert und mit vielen Screams bahnt sich der Frontmann seinen Weg zum Refrain, in dem die weibliche Note übernimmt. Zur Mitte kommt deutlich Tempo rein, und man weiß wieder, warum Eluveitie dem Folk zuzuordnen ist. Doch dann überrascht und ein Hardrock-Gitarrensolo vom allerfeinsten, was man so definitiv nicht vermutet hat.

„A Cry In The Wilderness“ setzt nahtlos an, gibt immer mal wieder Luft für ein wenig Harfenmelodien, bleibt jedoch unverändert hart, wenn es drauf ankommt. Den Song hätte man ohne Probleme auf „Helvetios“ verstecken können. Ja, die Schweizer haben ihre Form wieder gefunden, glänzen aber zumindest in dieser Nummer nicht gerade mit Kreativität.

Jawoll, Druck von allen Saiten. „The Rave Hill“ gibt uns wieder richtig auf die Ohren, um uns kurz in chorale Gesänge zu entlassen. Der Rhythmus treibt und hat Bühnenpotenzial. Der Refrain lädt zum Mitgröhlen ein und ist dabei so simpel wie eingängig. Im letzten Drittel übernehmen dann nochmal die folkigen Instrumente die Führung, um uns in einen letzten fetten Refrain zu entlassen.

„The Silvern Glow“ ist wieder eine Bridge die gekonnt mit den Stereo-Kanälen spielt.

Huch, das geht zügig los. „Ambiramus“ steigt schneller ein, als man es nach der Bridge erwartet, um direkt das Tempo für einen wunderschönen weiblichen Vocal-Teil zu reduzieren. Nur im Refrain nimmt der Song Tempo auf, um direkt danach wieder abzubremsen. Das Zusammenspiel der Tempi macht den Song unverwechselbar, und zugleich nimmt er die Eluveitie-typischen Elemente immer wieder auf.

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Video zu „Ambiramus“

„Mine Is The Fury“ hält was der Titel verspricht und verbreitet eine düstere Grundstimmung, die durch die bösen Growls unterstützt wird. Schnell werden die Gitarren geschreddert, der Schlagzeug-Rhythmus treibt uns an. Ein kleines Solo auf der Drehleier gibt Luft zu verschnaufen und legt das melodische Grundgerüst für den zweiten Teil. Herrlich wie dieses antike Instrument hier wieder Stimmung aufbauen kann.

Im Intro von „The Slumber“ erwarten wir eigentlich eine typische Pagan-Ballade, doch der Song kann neben den dominanten Harfen noch richtig Druck aufbauen. Er entwickelt sich zu einem fetten Power-Duett, in dem die beiden Hauptstimmen der Band zeigen können, dass sie endlich zusammen gefunden haben. In der Bridge zum letzten Refrain fühlt man sich endlich wieder richtig zu Hause. Trotz Neubesetzung klingt der Sound so vertraut wie vor fünf Jahren, und dennoch etwas frischer. Im Outro bekommen wir noch dezente Flöten mit Naturgeräuschen untermalt.

Nahtlos gehen diese in das Intro von „Worship“ über, welches uns erstmal mit einer langen Textpassage begrüßt. Ein chorales Zwischenepos, das unvermittelt an Härte gewinnt und uns Bilder von dunklen, mittelalterlichen Hafenstädten in den Kopf malt. Eher langsam ist das Tempo, zumindest für die Verhältnisse der Schweizer. Ein langer Instrumentalteil zeigt die Harmonie der neuen Musiker auf, man spürt förmlich, wie die Band über das Album zusammengewachsen ist.

Mal wieder eine Brücke zwischen zwei Songs, so kommt man natürlich auch auf eine große Titelzahl. Typisch für Eluveitie bereiten uns solche Brücken auf das vor, was als nächstes kommen mag. Das ist auch bei „Trinoxtion“ nicht anders.

Leise wispert uns Fabienne ihre Zeilen entgegen. Doch auf einmal drischt die Snare und ein Schrei dazwischen, fast wie ein schlechter Hollywood-Jump-Scare. Der wird nur eingesetzt, wenn dem Regisseur nichts mehr einfällt, wie er sein Publikum erschrecken kann. Nach dem kurzen Schreck geht es actionreich weiter, denn „Threefold Death“ wandelt sich komplett. Hier hat die Brücke ausnahmsweise mal untertrieben.

Flöten-dominiert steigt „Breathe“ ein, sanft mit viel Harfe unterlegt kommt der weibliche Gesang besonders gut zur Geltung. Hier hat Fabienne auf jeden Fall die Oberhand. Der ruhig angelegte Song weiß in jeder Strophe Spannung aufzubauen, damit im Refrain richtig Druck abgebaut werden kann. Der Rhythmus lädt dabei schön zum Kopfnicken ein. Im Finale brüllt Christian nochmal dazwischen bis wir zu einem abrupten Ende kommen.

Nach diesem heftigen Atemzug werden wir wiedergeboren. In den ersten Sekunden glaubt man, dass sich mit „Rebirth“ ein Song von den „Apokalyptischen Reitern“ auf die Platte verirrt hat. Doch schnell setzen die typischen Instrumente der neunköpfigen Band ein. Der Stil bleibt aber härter als man es kannte, da muss wohl nochmal was raus. Es wird ordentlich geknüppelt, ohne dabei an melodischen Elementen zu sparen. Ein gelungenes Werk.

Als letztes gibt es dann noch „Eclipse“. Ein stimmliches Solo von Fabienne rundet die Platte hiermit ab. Wir werden entlassen aus diesem Bollwerk einer Pagan-Metal-Platte.

Eluveitie haben wieder zu sich gefunden, oder auch sich neu erfunden. Denn vieles erinnert an alte glanzvolle Zeiten, jedoch bekommen die neuen Musiker alle ihren Raum sich selbst zu verwirklichen. Sei es durch Soli oder ausgeprägte Melodieführung. Die Varianz der Instrumente webt einen dichten Klangteppich, durchbricht immer mal wieder gewohnte Muster und zeigt, dass man eine Band auch trotz ein, zwei schwachen Jahren nicht einfach abschreiben sollte.

„Ategnatos“ erscheint am 5. April auf CD und Vinyl, bringt dann auf dem Silberling sogar noch drei Bonus-Songs mit. Und wer möchte, kann sich die Scheibe auch noch als Special-Edition mit einem Patch besorgen. Und weil zu einer Platte auch eine Tour gehört, stehen jede Menge Termine auf dem Plan. Nach der Festivalsaison wird Zentraleuropa so dicht abgegrast, da sollte für jeden ein Konzert in der Nähe drin sein.Viele weitere CD-Reviews findest Du übrigens in unserem alphabetischen Index

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Über den Autor des Beitrags

Eightrocks

Hört am liebsten Symphonic- sowie Powermetal, kann sich aber auch für Pagan und Metalcore begeistern. Wenn er gerade einmal nicht mit Achterbahnen spielt, ist die Kamera im Anschlag.

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