Jennie Abrahamson – Gemini Gemini
Ein Picknick im Grünen, ein gemeinsamer Filmabend, fröhliches Partymachen – und überall ein paar junge Frauen, die genüsslich kichernd einen Sekt drinken. Eine “Hommage an Frauenfreundschaften”… Die Schweden haben ja schon so manchen musikalisch interessanten und/oder chart-technisch erfolgreichen Musik-Export verzeichnen können. Von der “Kate Bush Schwedens” hatte ich allerdings bis dato noch nichts gehört – außer den Auszügen aus “Hard To Come By”, die eben jenen TV-Werbespot untermalen.
Trotzdem war mir schon beim Hineinschnuppern in die Single “Phoenix”, spätestens aber beim ersten Durchhören von Jennie Abrahamsons viertem Album “Gemini Gemini”, klar, dass ich bislang etwas verpasst haben musste.
Die zehn Stücke rangieren irgendwo zwischen ruhigen, sparsam instrumentierten, geheimnisvollen Kompositionen und etwas flotteren Pop-Songs, die nie peinlich wirken – und auch nicht ausgelutscht, auch wenn immer Anleihen aus den Achtzigern aufblitzen. Es ist schwer an konkreten Einzelheiten auszumachen, aber die Vergleiche mit Kate Bush wirken nicht an den Haaren herbeigezogen. Immer wieder haben mich Harmonien und Momente im Gesangsstil aber auch an andere Sängerinnen und Songwriterinnen wie Tori Amos oder Heather Nova denken lassen.
Instrumentierung und Arrangement sind, wie gesagt, nicht selten ganz zurückhaltend. Zum Beispiel ist in “Snowstorm” hauptsächlich ein Xylophon zu hören, dessen Spiel irgendwie fernöstlichen Touch hat. Dann wieder wird Abrahamsons Gesang, ganz klassisch, nur von einem Piano begleitet (“Lake Geneva”), oder, wie im Album-Ausklinger “Wild Is The Heart” nur von einem Background-Chor.
Eine Besonderheit in dieser Sparsamkeit ist “Phoenix” (siehe eingebettetes Video). Zum bezaubernden Gesang in der Strophe gesellen sich nur ein paar Claps und leichte Percussion. Zum Refrain überrascht dann aber ein mutig eingesetzter Synth. Das wirkt erst einmal heftig, weil sehr konträr. Beim zweiten, dritten Mal hat man sich aber dran gewöhnt und hebt freudig den Daumen.
Ansonsten gibt es eben die schon angesprochenen Songs, die an Achtziger-Pop erinnern (“Saved” und vor allem das eingängigste Stück der Platte: “Wolf”) und weitere Lieder, in denen es z.B. mit sirenenhaftem Gesang (“The Entity” – macht auch verdammt süchtig) oder total wirren und wieder etwas orientalisch oder fernöstlich erscheinenenden Melodien (“Let’s Have a Child”) viel zu entdecken gibt.
(Spätestens) auf “Gemini Gemini” beweist Jennie Abrahamson großartige Songwriter-Qualitäten und ein gutes Gespür für außergewöhnliche Klanglandschaften. Außerdem hat sie das Album selbst produziert, mit Hilfe von Johannes Berglund (u.a. auch für “The Knife” an den Reglern), mit dem sie zusammen ein Tonstudio betreibt. Ein rundherum gelungenes, bezauberndes, ausgefallenes Album ohne Ausfall.Viele weitere CD-Reviews findest Du übrigens in unserem alphabetischen Index…