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Lacrimosa – Revolution

Lacrimosa kann man wahrscheinlich nur lieben oder hassen. Man liebt sie, weil Musik und Text perfekt harmonieren und sich ergänzen oder gar verstärken und damit Gefühle im Zuhörer auslösen, wie es nur wenige Musiker schaffen. Und aus genau diesem Grund hasst man sie wohl auch, denn nicht jedem Menschen ist es gegeben, Gefühle wie Trauer oder Einsamkeit zuzulassen, die Tilo Wolff in seinen Texten immer wieder thematisiert. Lacrimosa sind ja nicht gerade als komische Kapelle bekannt, ganz im Gegenteil, auch wenn ihr Markenzeichen der Harlekin ist. Wer jedoch einen Harlekin mit einem Zirkusclown gleichsetzt, liegt völlig daneben. Der Harlekin ist eher Rebell, er durfte auch im Angesicht von Herrschern in vergangenen Jahrhunderten den Mund aufmachen und seine Meinung sagen. Womit wir bei Lacrimosas neuem Album „Revolution“ wären.

„Revolution“ ist musikalisch keine echte Revolution, sondern setzt die Entwicklung von Tilo Wolff und Anne Nurmi konsequent fort. Der Sound ist vergleichsweise heavy geworden, orchestrale Elemente fügen sich neben rockigen und Wave-Passagen zu einem Ganzen zusammen, das sofort als Lacrimosa zu erkennen ist, aber härter denn je. Damit dürfte Lacrimosa ganz im Stil eines Harlekins den Fans nicht das geben, was sie gerne hören wollen, sondern wonach Tilo Wolff ist. Und der scheint sich weiterentwickeln zu wollen. Der rote Faden ist natürlich der Gesang von Tilo, der wieder gekonnt sein gesamtes Repertoire in die Waagschale wirft: Mal umschmeichelt er jedes einzelne Wort, dann spuckt er die Worte voller Verachtung aus oder verliert sich in herzzerreißendem Krächzen. Musikalische Überraschungen waren nicht zu erwarten und sind auch nicht auf „Revolution“ zu finden. Der Titelsong ist der zehnte und letzte Song des Albums und fällt ein wenig aus dem gewohnten Rahmen, da er zarte Industrial-Anleihen aufweist und gerade gegen Ende ziemlich heavy wird. Dadurch ist es Lacrimosa aber gelungen, ihrem neuesten Werk einen Spannungsbogen zu verpassen, der stimmig ist. Das Album beginnt mit „Irgendein Arsch ist immer unterwegs“, das textlich sehr direkt ist und durch die ersten Takte eines einsamen Pianos sich sofort als Lacrimosa-Song zu erkennen gibt, was durch die typischen Streichereinsätze und den Wechsel mit verzerrten Gitarren weiter verstärkt wird. Ein idealer Einstieg für langjährige Lacrimosa-Fans. Weiter geht es mit „If the world stood still a day“, das von Anne gesungen wird und ein klein wenig an alte Sisters of Mercy erinnert.

„Verloren“ zieht dann Tempo und Härte an, „This is the night“ bleibt auf diesem Kurs und wird durch „Feuerzug (Part 2)“ in etwas ruhigere Gefilde gesteuert. Der Song ist flott, aber teils sparsam arrangiert und lebt von Tilos eindringlichem Gesang und den tollen Melodien. Gänzlich anders das folgende „Refugium“, eine sanfte, leise und zunehmend intensiver werdende Ballade, wie man sie von Lacrimosa kennt. Mit „Weil du Hilfe brauchst“ fahren Lacrimosa schwere Geschütze auf, sprechen den Zuhörer direkt an und konfrontieren ihn mit vor Herzschmerz triefenden Worten – wer sich darauf einlässt, wird von Tilo Wolff auf eine Reise in die Abgründe der menschlichen Seele mitgenommen. Wie gut, dass sich die Instrumente meist zurück halten und ihm so den nötigen Raum geben, um seinen Text wirken zu lassen. „Rote Sinfonie“ ist der vorletzte Song vor dem sehr harten „Revolution“ und ganz anders, nämlich ein klassischer Lacrimosa-Song mit viel Piano und Orchester-Einsätzen. Das wäre auch mein Anspieltipp für Fans der alten Lacrimosa-Stücke – wer den Song mag und mit den Heavy-Passagen klar kommt, der mag auch den Rest. Tilo Wolff zeigt bei „Rote Sinfonie“ auch, wie geschickt er arrangieren kann, den Song muss man auf jeden Fall mehrmals hören. Damit ist auch der Kreis geschlossen, denn „Revolution“ ist ein Album, das zum mehrmals Anhören einlädt.

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