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Review – Amorphis – “Live at Helsinki Ice Hall”

Konzerte, Live-Musik, jubelnde Menschen, Headbangen, Circle Pits – kennt ihr das noch? Die Covid-19 Pandemie hat uns ein Jahr beschert, in dem Konzerte, wenn überhaupt nur noch virtuell stattfanden. Wir nehmen einen Besuch dieser nicht mehr als selbstverständlich wahr, und vielleicht sind sogar verwackelte Handyvideos mittlerweile die letzte Nadel eines Süchtigen, an die er sich mit aller Gewalt klammert.

Die Hoffnung nicht aufgeben scheint das Motto der letzten und kommenden Monate zu sein. Wann wir endlich wieder dicht an dicht, mit anderen verschwitzten Metalheads in stickigen Clubs bei zu warmem Bier unseren Lieblingsbands huldigen, steht noch in den Sternen.

Amorphis im Z7 Pratteln/CH

Die finnischen Progressive-Death-Metaller von Amorphis verkürzen uns die Wartezeit mit ihrem Album „Live at Helsinki Ice Hall“. Aufgenommen in ihrer Heimatstadt ist es eines der letzten Konzerte der Band, bevor die große Absagewelle kam. Vor 30 Jahren wurde Amorphis in der Hauptstadt der Finnen gegründet. So verwundert es wenig, dass für dieses Jubiläumskonzert jene legendäre Halle in der Heimat gebucht wurde. Gitarrist Tomi Koivusaari erinnert sich: „Helsinki Ice Hall, was soll ich sagen … genau dort, wo wir als Kinder in den 80ern Bands wie Deep Purple, Iron Maiden, Metallica und viele andere gesehen haben.“

Die Setlist besteht aus einem Best-Of der letzten 30 Jahre, wobei der Schwerpunkt auf dem aktuellen Werk „Queen of Time“ liegt. Diese Platte steuert auch das furiose Intro „The Bee“ bei, welches garniert von Klatschen und Jubelschreien direkt Sehnsüchte weckt. In über 90 Minuten Spielzeit ziehen uns die Finnen, pilotiert von Lead-Sänger Tomi Joutsen durch ihre Historie, auch wenn Letzterer erst knapp die Hälfte der Bandgeschichte begleitet.

Die Abkehr vom puren Death Metal war durch das Engagement vom aktuellen Frontmann 2005 abgeschlossen, hat die Band aber auch einem breiteren Publikum geöffnet. Puristen mögen dies strickt ablehnen, doch die älteren Songs wie „Into Hiding“ von „Tales from the Thousand Lakes“ oder „Against Widows“ von „Elegy“ fügen sich in die Setlist perfekt ein. Sie zeigen zusammen mit „The four wise Ones“ von „Under the red Cloud“ sowie „Silver Bride“ von „Skyforger“ die Transformation und Varianz der Sechs.

Neben oben schon erwähntem Gitarrist Tomi Koivusaari, sind von der Gründungsbesetzung noch Jan Rechberger am Schlagzeug, sowie Esa Holupainen an der Lead-Gitarre übrig. Letzterer veröffentlich mit „Silver Lake“ in den kommenden Wochen auch noch ein Solo-Album.

Amorphis im Z7 Pratteln/CH

Aber zurück in die Helsinki Ice Hall. Der Sound der Platte ist fantastisch druckvoll abgemischt, ohne dabei sinnlos zu schneiden. Applaus und Ansagen sind in voller Länge drauf, das Mastering klingt ebenfalls mehr nach Halle als sterilem Studio. So kommt echtes Live-Feeling auf. Schließt man die Augen und lässt sich von den ruhigen Passagen von „Sampo“ tragen, sieht man vor dem inneren Auge flackernde Feuerzeuge, wiegende Menschenmassen und den einen Drängler, der ausgerechnet jetzt Richtung Toilette vorbei muss.

Amorphis beweisen mit „Live at Helsinki Ice Hall“ ihre Variabilität und kompositorisches Können. Der Querschnitt durch die Bandgeschichte ist der Beleg für eine eindrucksvolle Entwicklung. Diese gipfelt in den drei Zugaben. Mit „Silver Bride“ sowie dem zugehörigen Intro von „Skyforger“, „Black Winter Day“ und dem legendären „House of Sleep“ springen Sie noch einmal in ihrer Historie umher und machen Lust auf die Entwicklung der kommenden 30 Jahre.

Die Live-Scheibe verkürzt uns die Wartezeit und ist auch nach der fünften Runde immer noch spannend. Eine stetig gesteigerte Lautstärke (zum Leidwesen der Nachbarn), ein erhöhter Bierdurst und das dringende Bedürfnis endlich mal wieder einen Konzertsaal oder Open-Air Gelände zu stürmen, sind die Nebenwirkungen, die beim Hören auftreten.

Kleine Erkenntnis zum Schluss – Ein Moshpit macht mit 1,5m Abstand wenig Spaß und der Dreck auf den Festival Stiefeln ist leider nur Hausstaub.

„Live at Helsinki Ice Hall“ erscheint am 21. Mai beim Plattendealer eures Vertrauens in einer 2-CD Variante, bei den gängigen Streaming Diensten, sowie als 2-LP Variante auf Vinyl. Diese gibt es allerdings nur in Kombination mit allen Alben der Joutsen-Ära in der „Vinyl Collection 2006 – 2020“ welche gigantische 17 LPs umfasst. Jene ist allerdings schon an vielen Stellen ausverkauft, suchen und schnell sein lohnt sich also.

Setlist:
01. The Bee
02. Heart of The Giant
03. Bad Blood
04. The Four Wise Ones
05. Into Hiding
06. Sampo
07. Wrong Direction
08. Daughter of Hate
09. Against Widows
10. My Kantele
11. The Golden Elk
12. Pyres on The Coast
13. Silver Bride
14. Black Winter Day
15. House Of SleepViele weitere CD-Reviews findest Du übrigens in unserem alphabetischen Index

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Über den Autor des Beitrags

Eightrocks

Hört am liebsten Symphonic- sowie Powermetal, kann sich aber auch für Pagan und Metalcore begeistern. Wenn er gerade einmal nicht mit Achterbahnen spielt, ist die Kamera im Anschlag.

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