Review | The Night Flight Orchestra – Give us the Moon

“Fly me to the moon” ist zwar keine Songzeile von “The Night Flight Orchestra”, dennoch beschreibt sie ziemlich gut, was uns auf dem neusten Werk der schwedischen Supergroup erwartet. Während die einen nach dem Mars streben, beschenkt uns die Gruppe rund um Björn Strid, mit knapp 60 Minuten nostalgischem Eskapismus.
„Give us the Moon“ zitiert herrlich unaufgeregt die Stilmittel des 80er Rock, und schafft es doch immer wieder moderne Songstrukturen einfließen zu lassen. Kommt mit auf eine Reise in Vergangenheit und Zukunft zu gleich.
Wir starten mit dem Intro „Final Call“ welches uns auf den kommenden Trip vorbereitet. Die Mitglieder der Band werden energisch zum Einstieg gebeten und die typischen Hintergrundgeräusch eines Flughafens lassen direkt Fernweh aufkommen.
„Stratus“ hebt direkt in satten Synthie-Sound ab und bringt Schwung in die Runde. Triebwerke auf Vollgas startet Björn energisch aber mit viel Gefühl am Gesang. „Good Vibes Only“ vermittelt der Track von der ersten Note an. Ein ausgedehntes Gitarrensolo läutet das letzte Drittel ein und lädt zum Mitgrooven ein.
Weiter geht’s mit „Shooting Velvet“ welches einen fiesen Ohrwurm produziert. Wenn es Song von der Platte immer weiter gepfiffen wird, dann ist es definitiv dieser. Der Chorus ist derart eingängig, dass ich mir jetzt schon die singenden Massen auf der kommenden Tour vorstellen kann. Hit-Potential vom Feinsten und ein Kandidat für die entspannte Heavy-Rotation-Playlist, oder um es ins Genre zu transformieren – diese Rillen auf der Platte werden sich schnell abnutzen.
„Like the beating of a heart” schlägt einen ähnlichen Sound an, ist dabei aber etwas ruhiger und wieder mehr auf die Synthies konzentriert. Eher was zum entspannt an der Bar mitnicken und einen geschüttelten Martini schlürfen, wahlweise natürlich einen von der Flugbegleiterin überreichten Champagner in der Business-Class auf dem Weg nach Miami.
Mehr an alten Stadion-Rock erinnert die Hymne „Melbourne, may I“. Ausgeprägte Gitarrensoli ziehen sich durch den Song, verleiten zum mit-riffen in der Luft und zum wilden Schütteln der Haarpracht (sofern noch vorhanden).
„Miraculos“ schlägt in dieselbe Kerbe, lässt aber etwas Charakter vermissen. Der Song plätschert etwas vor sich hin, ohne Besonderheiten. So bleibt etwas Zeit zu verschnaufen, oder um kurz die Bordtoilette aufzusuchen. Auch das Synthie-Solo im letzten Drittel holt einen nicht so stark ab, wie vielleicht gehofft.
Romantisch wird es „Paloma“. Die wunderbar gefühlvolle Ballade vermittelt Bilder von Palmen besäumten Stränden im Kopf. Dazu eine Kokosnuss oder Pina-Colada, während man vom Liegestuhl aus den gebräunten Schönheiten (m/w/d) zusieht. Man will gleich ins Reisebüro rennen und den nächsten Flug in die Sonne buchen.
Das Intro von „Cosmic Tide“ mit seinen ausgeprägten Drums könnte man schon fast in die späten 70er verlagern, passt doch auch der Rest des Sounds zum Space-Race der damaligen Zeit. Auch wieder eine Nummer mit Ohrwurm-Charakter und einem ganz eigenen Sound, welcher Genre-Grenzen verschmelzen lässt.
Kommen wir nun zum Titeltrack des Albums. „Give us the Moon“ ist weniger eine Aufforderung zur Inbesitznahme des Himmelskörpers, mehr ist es eine Hommage ans Träumen und Schwärmen für scheinbar Unerreichbares. Wieder haben wir eine Hook die zum Mitsingen einlädt, begleitet von einem sehr tanzbaren Rhythmus, zaubert der Song wieder ein breites Grinsen auf das Gesicht der Hörer.
„A Paris Point of View“ ist ein verdammt grooviger Song, mit einer Bass-Line, die das Blut in Wallung bringt. Wer dabei ruhig sitzen bleiben kann, sollte vielleicht doch mal die Cocktails beiseitestellen.
Wenn wir bis jetzt noch keine Bilder im Kopf hatten, dann zaubert einem „Runaways“ einen kompletten Film in den Frontallappen. Das Hollywood der 80er zieht seine Bahnen durch unsere Synapsen und „The Night Flight Orchestra“ liefern den perfekten Soundtrack dafür. Ein Song, welcher zum Träumen einlädt und wieder einmal Sehnsucht weckt.
„Way to spend the Night” regt mal wieder unsere Phantasie an. Hotel-Bars, lange Flure und der entspannte Vibe weitläufiger Anlagen. Wo wollen wir die Nacht verbringen? In der sich abkühlenden Nacht unter den Sternen, an der trubeligen Bar oder in den zerwühlten Laken unseres Bettes? So viele Möglichkeiten, sucht euch eine aus.
Nun aber zum krönenden Finale mit „ Stewardess, Empress, Hot Mess (And the Captain Of Pain)”. Ein über Sieben Minuten langes Epos der Classic-Rock-Geschichte. Die Band packt hier alle prägenden Elemente des Albums in einen Song, der vor Kraft und Dynamik nur so strotzt. Was ein Monstrum an Melodie und Melancholie. Kann dieser Track bitte niemals enden?
Mit „Give us the Moon” beweisen “The Night Flight Orchestra” erneut, dass es sich lohnt alte Pfade nochmals zu gehen. Die Mischung aus Retro-Sound und moderneren Architekturen ist einzigartig und zieht einen in den Bann. Man bekommt einerseits Lust nochmal die ganz alten Platten auszukramen, andererseits aber auch Tickets für die nächste Show oder einen Urlaub unter Palmen zu buchen.
„Give us the Moon“ erscheint am 31.01.2025 bei Napalm Records. Direkt danach geht es auf große Release-Tour. Unsere Ankündigung dazu könnt ihr hier lesen.
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