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Tori Amos – Native Invader

Ursprünglich hatte Tori Amos den Plan, sich für ihr neues Album nur bei einem Trip im vergangenen Sommer durch die Smoky Mountains in North Carolina inspirieren zu lassen, einem Ausflug in das Land ihrer Cherokee-Ahnen. Schließlich haben dann aber noch zwei ganz andere einschneidende Ereignisse die Themen der Songs mit beeinflusst: Zum einen eines aus dem Umfeld der Familie — ihre Mutter Mary erlitt einen Schlaganfall und ist seitdem stark beeinträchtigt, und zum anderen jenes, das seither die ganze Welt beschäftigt — die Wahl von Donald Trump zum Präsidenten der USA.

Auf die Songs auf “Native Invader” haben also die verschiedensten Dinge eingewirkt. Gemeinsam haben sie aber, dass sie alle auf eine Art und Weise Sorgen behandeln — zum Teil persönliche von Amos selbst, und oft eben auch öffentliche, die sie sicher mit vielen Menschen teilt. So spricht Amos schließlich auch von einem “politischen” Album.

It wasn’t going to be a record of division. But the Muses insisted that I listened and watched the conflicts that were traumatizing the nation and write about those raw emotions.Tori Amos

Inspiriert durch die Eindrücke aus den Smoky Mountains geht es immer wieder um Gaia, die mächtige Mutter Natur und den Klimawandel und Klimaschutz. Der einflussreichste Leugner der vom Menschen verursachten Erderwärmung hat da natürlich eine große Rolle gespielt. Letztendlich ist es offenbar sogar ihm bzw. seiner Wahl ins Weiße Haus zu “verdanken”, dass Amos’ Tochter Natasha Hawley (“Tash”) im thematisch zentralen, etwas flotteren “Up The Creek” ebenfalls einen Gesangspart übernommen hat und die beiden darin gemeinsam zur Auflehnung gegen die “Klimablinden” aufrufen — Opas (bzw. Ur-Opas) Spruch “Good Lord willin’ and the creek don’t rise” (etwa “so Gott will”) als Hookline. Das “… and the creek don’t rise” meint eigentlich so etwas wie “… und wenn der Bach nicht überschwemmt”. Möglicherweise ist hier aber auch eine Doppeldeutigkeit mit den Creek-Indianern (bzw. Muskogee) beabsichtigt.
Weitere Themen, u.a.: Der Fall “Juliana vs. United States” (in “Benjamin”) — jugendliche Umweltaktivisten klagen gegen die US-Regierung, medial kaum beachtet, das Thema Einwanderer (“Bang”: “we are all made of stars”) oder eben auch der Schicksalsschlag ihrer Mutter (“Mary’s Eyes”).

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Lyric-Video zu “Reindeer King”

Nach dem klassischeren und orchestralen “Gold Dust” (2012) und dem zum Pop zurückkehrenden “Unrepentant Geraldines” (2014) sind die Songs auf “Native Invader” wiederum ziemlich poppig geworden, ohne dabei allerdings so leicht und locker zu klingen wie auf dem Vorgänger. Einige Stücke klingen nach früher — Piano und hauchzarter Gesang, ungewöhnliche Melodien, Akzente und großartige Harmonien. Stärkstes Beispiel dafür ist gleich der Opener “Reindeer King” (siehe Lyric-Video oben), oder auch “Climb”.
Immer wieder ist der Bösendorfer aber auch eher im Hintergrund platziert, im Vordergrund verschiedene Gitarren, mal akustisch, mal eine E-Gitarre (z.B. “Wildwood”) mal mit Wah-Pedal (“Broken Arrow”), Handtrommeln, Hammond-Orgel und sogar mal ein Rhythmus aus der Dose (“Wings”).

Tori Amos ist mit “Native Invader” ein tolles 15. Studio-Album gelungen — ergreifend, musikalisch vielschichtig, mit Verbeugung vor der Natur, Besorgnis, Mahnung und Protest als roten Faden. Kleine Längen gibt es während der guten Stunde (ohne die beiden sehr ruhigen und reduzierten Bonus-Tracks “Upside Down 2” und “Russia” auf der Deluxe-Ausgabe) schon auch. Die können aber das Gesamtbild nicht trüben. Klare Empfehlung, natürlich!Viele weitere CD-Reviews findest Du übrigens in unserem alphabetischen Index

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Über den Autor des Beitrags

Gerald

Hört so ziemlich alle Genres querbeet, von Heavy bis Electro, von Folk-Pop über World und Rock bis Hip-Hop. Ehrliche, handgemachte Musik ist aber noch die beste und Radio-Rotation ist evil. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Ist zudem hauptsächlich für unsere Comic-Abteilung verantwortlich und spielt hin und wieder auch gerne mal an der (Nintendo-)Konsole.

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