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Attika 7 – Blood of My Enemies oder Reborn in Defiance?

Attika 7 – Interview mit Even Seinfeld

Als die Promotion-Agentur wegen Attika 7 Interviews anfragte war ich gleich Feuer und Flamme, schließlich kenne ich Evan Seinfeld schon eine ganze Weile, wir hatten uns bei einigen der ersten Biohazard Gigs und später auch in Freiburg kennengelernt.  Bei Attika 7 bekommt man leicht feuchte Hände, neben meinem Interviewpartner Ex-Biohazard Evan Seinfeld sind auch Rusty Coones, der aus der US- Serie „Sons Of Anarchy“ bekannt ist, und  Tony Campos, Mitbegründer von Static-X und  Mitglied von Soulfly und Prong mit von der Partie.

Attika 7 - Evan Seinfeld

Multitalent Seinfeld

Also mehr als genug Gründe einmal genauer nachzufragen. Mit einer dreiviertel Stunde Verspätung klingelt dann also das Telefon. Ein gut gelaunter Evan Seinfeld meldet sich von der anderen Seite des großen Teiches und erkundigt sich freundlich nach meinem Befinden und entschuldigt sich für die Verspätung. Er mag es nicht die Fragen die Journalisten oder seine Antworten zu beschneiden. Danach erkundigt er sich nach dem Medium für das ich schreibe.  The net is everything now, the net is the future. Nowadays magazines are like an antique, paper Magazines are just good for the toilet“  witzelt er und das Interview kann losgehen.

Als nächstes möchte mein Gesprächspartner wissen ob ich „Blood Of My Enemies“ schon bekommen und natürlich gehört habe. Sicher, doch – sonst würde ich kein Interview machen! Als erstes Frage ich nach der Bedeutung des Bandnamens, ich tippe einfach mal drauf los, denn den einzigen Anhaltspunkt denn ich finden konnte, ist die Attica Correctional Facility, ein Gefängnis in Attica im Bundesstaat New York?

Attika 7 - Rusty Coones

Rusty Coones

„Absolut genau!“ Glückstreffer oder gute Recherche? „Unser Gitarrist Rusty (Coones) hat mit die Band gegründet. Er hat die ersten Songs geschrieben während er 7 Jahre im Gefängnis war. So kamen wir auf den Namen Attika, vom Attica Gefängnis das durch Gewalt und Ungerechtigkeit bekannt geworden ist. Wir wollen damit aber Gefängnisse nicht glorifizieren sondern hervorheben wie furchtbar die Zustände dort sind und wie falsch die Gesellschaft ist. Von 10. Millionen Menschen die weltweit im Gefängnis sitzen 25% in den Vereinigten Staaten und dann behaupten Sie wir sollen das zivilisierteste Land der Welt sein?“

Und warum habt Ihr dann eine Sieben an den Bandnamen gehängt?
„7 years, 7 years in prision“, ok da hätte ich jetzt auch selbst drauf kommen können.

Ich spreche Evan auf seine eigene „Gefängniserfahrung“ während Oz an. Er spielte in der US-Soap „Oz“ Jaz Hoyt den Anführer der „Aryan Brotherhood“ – mit klar erkennbarem Davidstern Tattoo um den Bauch:
„ In meinem eigenen Leben wurde ich schon ein paar Mal verhaftet, ich saß in der Wache in U-Haft aber war noch nie im Gefängnis.“ Nein so war das nicht gemeint!
„Oz – ja da habe für fünf Jahre mitgespielt, aber das ist was ganz anderes, die haben mich dafür bezahlt da zu sein und ich durfte abends nach Hause, da gibt’s nicht wirklich was zu vergleichen. Die Musik auf diesem Album ist so voller Leidenschaft, Leid, Schmerz, Hoffnung, Angst und Kraft, sie hat so viel Leidenschaft. Als ich die Texte hörte die Rusty im Gefängnis geschrieben hat, war ich sehr inspiriert und ich wusste das ist es was ich machen wollte!“.

ATTIKA7 - Blood Of My Enemies

Lest das Review bei uns!

Siebzig bis Achtzig Prozent der Stücke auf dem Album beschäftigen sich mit Gefühlen und Umständen im Gefängnis oder mit den Gefühlen die einen dahin bringen können wie in „Creed And Power“. Ist das ein Konzeptalbum.
„So würde ich das nicht sagen. Das Album wurde aus harten Zeiten geboren – all the hard times we went through. Das Konzept des Albums ist wenn das Leben gegen Dich ist, wenn die Welt sich gegen Dich stellt und Du Dich in den schlecht möglichsten Umständen befindest. Was machst Du dann, zu wem gehst Du, hast Du genug in Dir um Dich selbst daraus zu ziehen, hast Du Freunde auf Du Dich verlassen kannst. Denn wenn die Kacke am Dampfen ist, findest Du heraus wer Deine Freunde sind und wer nicht! Und manchmal findet man sich ganz allein wieder. Natürlich geht nicht jeder ins Gefängnis oder ist in Gang-Fights involviert, aber wenn Ihr Euch schon einmal so gefühlt habt als sei die Welt, Euer Chef, Eure Eltern, Eure Lehrer oder wer auch immer gegen Euch, dann kann unsere Musik eine Inspirationsquelle sein.“

Auf der Platte sprichst Du auch ein Spoken-Word „The Hard Cold Thruth“ das in etwa das sagt was Du eben angesprochen hast.  Ich finde es interessant, dass es auf der Platte vor „No Redemption“ kommt.
„Es war eigentlich als ein Teil von „No Redemption“ gedacht. „No Redemption“ wurde zuerst geschrieben und wir haben das dann danach als etwas was zum Denken anregen soll geschrieben. „The Hard Cold Trutz“ handelt vom Leben, den Menschen und wie viele Leute nicht ehrlich und aufrichtig sind. You hate me, say it to my face! You´re my friend let me know it! Ich möchte wissen wie ich mit den Leuten stehe. Jeder kann nachvollziehen wie es sich anfühlt wenn man von anderen enttäuscht wird, es ist traurig dass das jeder kann. Wenn man jemanden im Leben hat dem man vertraut und dann enttäuscht wird, dann tut das weh und kann einen böse, hart oder kalt machen. Aber obwohl es weh tut befreit es einen am Ende“

Bleiben wir bei „No Redemption“ am Ende des Songs sagst Du „Eins, Zwei, Drei, Vier“ in Deutsch, warum gerade in Deutsch?
„Because I wanted all the German journalists to ask me“ flachst es auf der anderen Seite und wiederholt die Frage zu der weiblichen Stimme im Hintergrund um dann den fortzufahren: „Wenn Du in Amerika so was wie deutsches Zählen hörst dann klingt das irgendwie militärisch. Es sollte militärisch, wütend und repressiv klingen um die furchtbaren Gefängnisbedingen unter denen Menschen wie Tiere behandelt werden verdeutlichen.  One, two, three four didn’t really sound tough enough. Es sollte sich ein bisschen wie Nazi-Deutschland anhören.“

Das hatte ich auch so assoziiert, Danke für die Blumen. Ein Stilmittel das zuvor ja auch schon Rammstein benutzt haben. „Es ist eine sehr drastische Aussage um einer einzigen Zeile eines Songs drastisch Nachdruck zu verleihen“.

Attika7 - Evan Seinfeld, Rusty Coone

Evan & Rusty – Biker Kumpels

Anschließend entschuldigt sich Evan für einen Moment denn die nächste Telefonleitung klingelt. Zeit genug für mich, über die nächste Frage nachzudenken, denn ich führe Interviews gerne spontan. Also frage ich wie sich die Bandmitglieder kenngelernt haben, denn die Bio liest sich ein bisschen wie eine Supergroup aus Biohazard, Static-X, Prong, Soulfly und ich werde irgendwie an Evans Auftritt bei MTV Supergroup, mit Ted Nugent, Sebastian Bach (Skid Row), Scott Ian (Anthrax) und Jason Bonham erinnert.
„Was haben die bitte in unsere Bio geschrieben, ich ruf die an!“ empört sich Evan: „It’s hardly a Supergroup. Die TV-Show die ich gemacht habe, war eine Show und keine Band. Das hier ist mein Herz und meine Seele, das hat nichts mit Supergroup zu tun, Rusty und ich sind Freunde, beste Freunde. Wir kennen uns über die Motorrad-Szene und damals hat uns Jesse James (ja der Ex von Sandra Bullock) einander vorgestellt. Als ich Rusty traf wusste ich nicht dass er Musik macht und wir wurden Freunde und sind zusammen Motorrad gefahren und weg gegangen. Tony Campos kannte ich aus der Zeit als noch bei Static-X war, wir haben mit Biohazard damals ein paar Shows mit ihnen gespielt. Ich war auf der Suche nach den Musikern die ich finden konnte um mir zu helfen ein besserer Sänger zu sein und Jungs die das gleiche wollten wie ich. Denen es auch um etwas ging und die Leidenschaft hatten. Es sollte nicht nur um Gigs sondern einen Lebensstil gehen“.

Als Biohazard Fan der ersten Stunde fiel mir als erstes der Gesang von Evan auf, der auf „Blood Of My Enemies“ so ganz anders klingt als auf dem Album seiner Ex-Band.
„Der Grund warum Biohazard verlassen und eine neue Band gegründet habe, war dass ich als Sänger wachsen wollte. Ich wollte mich neu erfinden und zu meinen Wurzeln zurück finden. Ich komme eigentlich aus dem Heavy-Metal und Classic-Rock und mag auch Blues. Ich wollte nicht immer wieder die gleiche Platte aufnehmen. If you are not growing you are dying“.

Mich erinnert die Stimme ein bisschen an den Black Sabbath Coversong „After Forever“ den Biohazard damals zum „Nativity In Black: A Tribute To Black Sabbath“ beisteuerten und ich habe mich damals schon gefragt warum er das nicht öfters so macht.

„Now you can feel my pain. Ich habe Biohazard 1997 gegründet, ich war damals 19 und Biohazard war eine Idee die ich hatte. Ich wollte Heavy-Metal machen mit ein bisschen Hardcore, ein bisschen Rap und wollte ein Sänger sein. Ich fühlte mich aber nicht gut genug oder konstant genug, ich habe auch gerappt weil ich meinem Gesang nicht getraut habe. Ich wusste immer, dass ich es könnte, aber ich wollte dass es großartig klingt. Der kreative Prozess bei Biohazard hatte viele Hauptlinge aber keine Indianer.“

Ein interessantes Ausspruch steht doch ganz unten auf der Attika 7 Homepage in der About Sektion das Seinfeld Zitat „I feel as though I AM reborn in Defiance!“ ein Seitenhieb auf die Ex-Kollegen und den Titel ihrer neuen Platte?

Attika 7 About

Screenshot von der Attika 7 Homepage

„Hab ich das gesagt, steht das da? Manchmal bin ich so ulkig. Ich habe auch eine Menge Arbeit in „Reborn In Defiance“ gesteckt und ich glaube es ist eine sehr gute Biohazard Platte. Wir haben so um die zehn Alben gemacht und fünf davon waren großartig und fünf nicht so großartig. Man kann nicht alles perfekt machen, schau Dir irgendeine andere Band an, nicht jedes Album kann das Beste sein. „Reborn In Defiance“ ist musikalisch sehr gut, aber für mich war es eben wieder das gleiche alte Ding. Es gab viele Dinge die ich gerne anders gemacht hätte aber ich konnte meine kreativen Ideen in Biohazard nicht verwirklichen. Es waren zu viele Spannungen und jeder hatte eine Meinung zu allem, wenn jeder eine Meinung hat dann macht man viele Kompromisse. Und ein Kompromiss ist am genau das nach was es klingt, ein Kompromiss. Ich will blau und Du willst rot, also machen wir am Ende lila und keiner ist damit glücklich. Es war in Ordnung „Reborn In Defiance“ zu machen,  aber es hat mich nicht inspiriert und ich habe so hart nach Inspiration gesucht, speziell bei beim Texten. Die Jungs sind keine 18 mehr und wohnen auch nicht mehr in Brooklyn, niemand wohnt mehr in Brooklyn. Wir sind alle erwachsen geworden aber die Musik ist nicht mit gewachsen. Sie ist gut und ich bin stolz darauf, aber in meinem Herzen wusste ich, dass ich etwas Besseres machen konnte.“

Ich war ja nun schon ein paar Mal in New York und Brooklyn hat nichts von dem beschriebenen Epos. Für mich als Mitteleuropäer aus einer Kleinstadt ist die ganze Hardcore und Tough-Guy Romantik ohnehin nicht nachzuvollziehen. Teenager im „Pimp“ Outfit verlangen mir hierzulande ein Lächeln ab.
„Ich wohne selbst nicht mehr in New York. Es hat sich verändert und ist jetzt wie homogenisierte Milch, die Leute mit denen ich aufgewachsen bin leben jetzt in Florida oder Kalifornien. Die Leute die jetzt nach New York ziehen sind nette Bürger die sagen, wir leben in Brooklyn und es ist so toll. Ich passe da nicht mehr rein, ich gehe ein- zweimal im Jahr zurück nach N.Y. um meine Familie und Freunde zu sehen. Ich gehe in Restaurants und unterstütze meine New Yorker Sport Teams! Aber es hat sich sehr verändert. Das Leben verändert sich, die Stadt und die Leute verändern sich, wenn man sich nicht mitverändert entwickelt man sich zurück. Ich fühle mich wie neu erfunden mit Attika 7, die Musik lässt mich lebendig fühlen es personifiziert wer ich bin und meinen Lebensstil. Ich kümmere mich nicht darum  wie Leute die mich als neunzehnjähriger gekannt haben mich jetzt beurteilen. I don’t give a fuck!“

Das scheint sich wie ein roter Faden durch das Leben des Sängers zu ziehen, denn die  schillernde Persönlichkeit war in den Indie Filmen Angry Dogs, Kiss Me Now, und Wizard of Gore zu sehen. Über ihn und seine ehemalige Lebenspartnerin Tera Patrick wurde in den Dokus „Rockstar Wives“, „A Day in the Life of Tera Patrick“ oder „VH1’s Greatest Metal Songs“ berichtet.  Mit seiner oben genannten Ex-Frau hatte Seinfeld auch seine Pornokarriere als Spyder Jonez gestartet und auch seine aktuelle Lebenspartnerin Luepe Fuentes kommt aus dieser Branche. Musikalisch war der Attika 7 Frontman neben Biohazard noch bei Damnocracy und The Spyderz. Daneben ist er auch als Synchronsprecher bei diversen Rockstar Games Spielen wie Manhunt, Grand Theft Auto IV und Grand Theft Auto: Vice City zu hören.

„Das war meine persönliche Attitüde, aber es war nicht die von den anderen Jungs in Biohazard, die haben sich in eine andere Richtung entwickelt, deshalb sind wir seit langer Zeit auseinandergedriftet. Als ich Biohazard gegründet habe ging es darum zusammenzuhalten was auch immer die andern sagen und am Ende war es das genaue Gegenteil und nichts hätte von der weiter von der ursprünglichen Idee entfernt sein können. Ich wollte es nicht machen um Geld zu machen. Ich wollte etwas machen, das ich wollte. Ich fühlte dass die Jungs alles beurteilen was ich machen, warum sollte ich mich mit solchen Menschen umgeben?“

Attika 7 - Tony Campos

Tony Compos – Rauschebart und Wunderhände

Du hast in der Zwischenzeit auch mal bei The Spyderz gespielt, was ist aus der Band geworden?

„Das war eine Idee die ich hatte, eine klassische Rock Band zu machen. Ich habe ein Album aufgenommen aber nie veröffentlicht, es war nicht wirklich das was ich machen wollte. Wir haben etwa 12 oder 15 Shows gespielt. Es war eine Art Fun Band. Ich dachte es macht mich glücklicher als es das am Ende tat. Ich weiß nicht alles, ich habe viele Fehler gemacht bis ich hier ankam. Die Musik war kein Fehler, aber ich dachte ich würde es mehr genießen und es war zu weit weg von dem was ich wirklich wollte.“

Du sagtest vorhin in Biohazard hätte es zu viele Chefs und Meinungen gegeben, wie läuft das bei Attika 7 ihr seid zu viert – wer sind da die Chefs?
„Es ist anders dort, jeder hilft und wir arbeiten zusammen um ein Album zu machen. Jeder in Attika respektiert die Meinung es anderen und lässt den anderen machen wenn es was Gutes schreibt. Das ist mein elftes Album in meinem Leben und das Album bei ich die meiste Freiheit und Kreativität hatte und mit Sicherheit die beste Gesangsleistung in meinem Leben. Es ist das worauf ich musikalisch am Stolzesten bin. Es ist am Ende egal ob der Prozess für jemanden anderen gut war, denn er war gut für mich. Es ist mir egal was man über mich denkt, denn das war etwas das ich für mich tun musste.“

Dann war das Problem mit Biohazard also, dass ihr wie Biohazard klingen musstet?
„You’re very smart to notice that!“ Danke, kann ich das nochmals hören, doch es geht schon weiter: „That was the big problem in Biohazard. Viele der Entscheidungen in Puncto Musik wurden aus Furcht gefällt, aus der Furcht davor was die Leute denken. Ich habe mich ständig darüber gestritten, ich habe immer gesagt man muss tun was man Herzen fühlt und nicht was man glaubt was die Leute mögen. Die Leute folgen Menschen die neue Dinge machen, die kreativ sind. Manche Bands entwickeln sich weiter and andere nicht. Manche Bands machen immer wieder dasselbe Album. Jeder wollte „Urban Discipline“ nochmals machen.“

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Über den Autor des Beitrags

Hody

Gründungsmitglied von Tribe Online, ehemaliger DJ. Mag Groove und Melodie, Hardcore und Female Fronted Metal, mal ein bisschen Rap oder Industrial, Sportspiele und RPGs - bastelt gerne an PCs und liebt seine Xbox

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