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Der Erlöser 01: Der Mann, der die Gebete der toten Kinder hört

der-erloeser-01-der-mann-der-die-gebete-der-toten-kinder-hoert-tribe-online-magazinGut betucht, einflussreich und unverschämt gut aussehend — der 35-jährige Franzose Jean Ravelle ist Präsident eines der größten Unternehmen innerhalb der BRICs-Schwellenländer, genauer gesagt der Ravel Corporation mit Hauptsitz Rio de Janeiro. Die futuristischen Firmengebäude mit Privatunterkünften für die “Chefetage” ragen aus den Steilwänden des Zuckerhuts heraus und bieten allerlei luxuriösen Schnickschnack. Eigentlich könnte es sich Ravelle also so richtig gut gehen lassen. Ihr ahnt es schon…: Tut er aber nicht!

Anstatt auf die Eröffnung der nächsten Fabrik mit einem schier unbezahlbaren Champagner mit seiner natürlich umwerfend hübschen Frau und Geschäftspartnerin anzustoßen und all die Scheinchen zu zählen, betätigt sich Ravelle in seiner Freizeit als jemand, der Gesetz und Gerechtigkeit — spezialisiert auf Verbrechen gegen Kinder — auf unkompliziertem, direktem Weg selbst durchsetzt. Selbstjustiz könnte man es nennen. Etwas wohlwollender ausgedrückt, ist er aber der “Erlöser” geschundener Kinderseelen.

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© für die deutsche Ausgabe: Splitter Verlag

In seiner Tasche hat Ravelle ein Büchlein, in dem er die Gesamtzahl ihm bekannter Kinder-Opfer — ob nun gequält, verkauft, verdingt oder getötet — notiert und mit jedem “besuchten” Gangsterboss, jedem beseitigten, zwielichtigen Verantwortlichen um die Anzahl Kinder herunterzählt, die dieser Person zum Opfer gefallen waren. SEK, Richter und Henker in Personalunion quasi. Allerdings: seine Hausbesuche müssen nicht unbedingt im Tod des Schurken enden: “Ich lasse Ihnen die Wahl: ein Geständnis und einen Prozess vor einem dortigen Volksgericht… oder ein Urteil hier und jetzt.

Den größeren Rahmen erhält die Story durch das wirtschaftliche Geflecht, durch das sich Ravelle auf der Suche nach den Verantwortlichen eines ganz speziellen Falls schlägt. Ausgerechnet in einer der “Typ-C-Fabriken” des eigenen Firmen-Imperiums kam es bei einem Vorfall offenbar zu einigen Opfern. Details hierüber erfährt der Leser aber vorerst nicht. Was vorgefallen ist und was in diesen Fabriken überhaupt gewerkelt wird, bleibt bislang ein Geheimnis. Der Fall scheint aber ein ganz besonders heißes Eisen zu sein. Denn plötzlich steht Ravelle selbst auf der Abschussliste — auf der seiner eigenen Gattin und vor allem seines mächtigen Schwiegervaters Wong Tze Qi, der im fernen China wohl selbst einige Leichen im Keller liegen hat.
Unterstützung bekommt Ravelle derweil von ein paar Getreuen: Ex-Anwalt Schlomo, der in seiner schrägen, coolen und etwas heftigen Art Vincent Vega und/oder Jules Winnfield Konkurrenz machen könnte, außerdem die smarte Chef-Sekretärin Julianna und schließlich Banker und “Steuergenie” Mandu Ali Markus. Ein kleines Team zwar, aber es reicht aus, um die Unterwelt mächtig aufzumischen…

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© für die deutsche Ausgabe: Splitter Verlag

Das vornehme Auftreten, der Sinn für spektakuläre Action und das knallharte und souveräne Vorgehen des Protagonisten ermutigen natürlich zu Vergleichen mit James Bond. Und schließlich führt die Spur zu den Geheimnissen um die schon erwähnten Fabriken 007-like rund um die Welt: von malerischer Natur und Armenvierteln in Rio, über den Protz in Dubai zum schicken Opernhaus in Zürich. Allerdings wird Ravelle von purem Idealismus getrieben, während Bond daneben die Ziele des Auslandsgeheimdienstes verfolgt. Ravelle wiederum ist eher der Typ Robin Hood, der auf Kinderleiden spezialisierte Batman Rios.
Lalors Zeichnungen im franko-belgischen Stil sind vor allem in den detailreichen Schauplätzen und den dynamischen Actionszenen atemberaubend. Insgesamt etwas auffällig ist, dass Gelegenheiten auf nackte Haut und zufällige — sagen wir: Einblicke — von Desberg und Lalor offenbar gerne ergriffen werden.

Gänzlich makellos habe ich “Der Erlöser 01: Der Mann, der die Gebete der toten Kinder hört” nicht empfunden. Ein, zwei Mal bin ich mal über einen logischen Haken gestolpert, und der Slogan mit dem “Gebetehören”, der sicher drei, vier Mal auftaucht, scheint mir auch etwas dick aufgetragen. Insgesamt bedient die Story ordentlich Klischees. Andererseits hat sie aber gleichermaßen auch eine gewisse charmante Eigenart und zu bieten. Und da in diesem ersten Band noch so manches kaum beleuchtet oder sogar gänzlich ohne Erklärung bleibt, ist die Spannung auf das zweite Buch schon ziemlich hoch.

Eine Leseprobe mit ein paar Seiten findet ihr auf der Verlags-Seite zum Buch bei Splitter.Viele weitere Comic-Reviews findest Du übrigens in unserem alphabetischen Index

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Über den Autor des Beitrags

Gerald

Hört so ziemlich alle Genres querbeet, von Heavy bis Electro, von Folk-Pop über World und Rock bis Hip-Hop. Ehrliche, handgemachte Musik ist aber noch die beste und Radio-Rotation ist evil. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Ist zudem hauptsächlich für unsere Comic-Abteilung verantwortlich und spielt hin und wieder auch gerne mal an der (Nintendo-)Konsole.

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