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Stratovarius Interview: Jens Johannsson erzählt vom Tourleben und dem aktuellen Album Nemesis

Die Gelegenheit  das Stratovarius Konzert in der Rockfabrik Ludwigsburg zu besuchen und mit Jens Johannson ein Interview zu führen, wollte ich mir als großer Stratovarius Fan nicht entgehen lassen. Im sehr chaotischen Tourbus sprach Jens mit mir über das Tourleben, die aktuelle Scheibe und auch einige private Dinge.

Stratovarius Band

Stratovarius starten mit ihrem Album Nemesis und neuer Besetzung an den Drums durch

Wie läufts aktuell mit eurer Tour? Wie sind eure Eindrücke bisher?

Hier im Bus geht gerade ein Virus um und ich denke, dass Du ihn Dir auch einfangen wirst, denn der Bereich hier ist voller Viren, die wir mit nach Ludwigsburg schleppen (lacht). Aber davon abgesehen ist es an jedem Ort bisher recht angenehm. Wir haben eine gute Bandzusammenstellung und kommen alle miteinander zurecht. So eine Tour ist harte Arbeit und läuft daher sehr strukturiert
ab, wobei sich so auch viel effizienter arbeiten lässt. Wir haben sechs Tage Programm und einen Tag frei, was manchmal wirklich hart ist. Du versuchst auf dem Weg zum nächsten Gig etwas zu schlafen, doch manchmal machen dir die Straßen einen gehörigen Strich durch die Rechnung. Aber auch daran gewöhnt man sich mit den Jahren. Zwei Wochen stehen nun noch aus und wir haben noch neun Konzerte vor uns. Wir sind quasi weit über den Mittelpunkt unseres Busabenteuers hinaus.


Welche Location gefällt dir hier in Deutschland besonders gut?

Welche Location? Ich weiß nicht genau…ich denke für mich ist einfach das Ruhrgebiet, wo Jörg herkommt. Das macht es zu einem besonderen Ort. Ich habe viel Zeit dort verbracht und kenne dort viele nette Leute. Auch die dortige Geschichte und Entwicklung der Industrie und des Kohlebergbaus erinnern mich an einige Orte in Schweden, in denen ich früher aufwuchs. Außerdem ist es wahrscheinlich die Gegend, in der ich in Deutschland bisher am meisten Zeit verbracht habe.

Was war ausschlaggebend dafür mit Seven Kingdoms und Amaranthe auf Tour zu gehen?

Nun, es war Jörg, der diese Aufgabe anfangs übernommen hat und sich dafür entschied, Amaranthe als Co-Headliner mit auf Tour zu nehmen. Es war aber auch so, dass wir bemerkten, dass sie wahrscheinlich auch ohne uns auf Tour gegangen wären und dann auch zur selben Zeit unterwegs gewesen wären. Es wäre eine Art Wettstreit gewesen, da dann Amaranthe, Helloween, Gamma Ray und Stratovarius zur selben Zeit in den gleichen Gewässern gefischt hätten.  Also sollte das Ganze durch diese Zusammenstellung effizienter gestaltet werden, denn ich glaube, dass es auch für die Fans so besser ist, wenn diese sich dann zumindest zwischen diesen zwei Bands nicht mehr entscheiden müssen. So müssen sie sich nur zwischen unserem und dem Helloween/Gamma Ray-Paket entscheiden, wenn es mit dem Geld knapp wird. Es ist ja auch nicht so, dass die Wirtschaft überall fair ist.  An manchen Orten müssen die Leute echt für ihre Existenz kämpfen und haben verständlicherweise nicht viel Geld für Konzerttickets übrig. Es war aber für mich allgemein ein ganz netter Gedanke, da ich Jake, den Sänger von Amaranthe kannte und ich die ganze Band sowieso mag, von daher…

„Also ist es nicht nur der Bookingmanager allein, der entscheidet, welche Bands zusammen auf Tour gehen?“

Ich denke wir haben auch viel zu sagen. Und in dieser Band ist es ja auch deshalb kompliziert, da der Bookingmanager der ehemalige Schlagzeuger der Band ist. Deshalb ist alles ein bisschen…verworren könnte man sagen. Aber wir haben auch ein sehr komplexes System in der Band, in dem jeder Einfluss hat und oft über dies und jenes und überhaupt geredet wird…aber trotzdem alles irgendwie funktioniert (lacht). Und ich weiß nicht, ob sich diese Tour ohne Amaranthe überhaupt ausgezahlt hätte, aber ich wette, dass es bei Weitem nicht so gut gewesen wäre, wie es jetzt ist. Es ist schlussendlich besser, die Kräfte zu vereinen, anstatt sich gegenseitig das Leben schwer zu machen. Ich denke auch, dass man mehr von diesen Paketen sehen wird. Helloween und Gamma Ray sind da auch ein typisches Beispiel dafür. Vor allem jetzt auch, weil sich jeder seine Alben aus dem Internet kostenlos herunterlädt anstatt dafür zu bezahlen. Es macht ja auch so gut wie keiner mehr Gewinn mit richtigen Platten und deshalb sind auch alle auf den Straßen unterwegs. Das ist auch der Grund warum es inzwischen viel schwerer ist als noch vor fünf Jahren.

JensJohannsson

Keyboard Legende Jens Johansson bringt die Tasten zum glühen

Keiner verkauft mehr! Das Ganze ist wirklich ziemlich schnell eingebrochen…Ich denke aber, dass es auch irgendwann wieder zurück kommen wird. In der Zwischenzeit sind wir halt auf den Straßen unterwegs. Und es macht ja auch Spaß, denn es ist eine Sache, im Studio zu sein  und Musik zu machen und eine andere Sache, zu reisen und zu sehen, wie die Fans darauf reagieren.

Eure Bandgeschichte ist mit vielen Aufs und Abs verbunden. Zeitweise stand die Band sogar kurz vor dem aus. Woher habt ihr die Kraft und Motivation genommen weiter zu machen?

Ich denke es ist, weil jeder darüber glücklich ist, Musiker zu sein. Es war manchmal hart, aber ich denke das jede Band so etwas schon durchgemacht hat. Es ist auch so, dass sämtliche Bandmitglieder seit Beginn schon zweimal ersetzt wurden und es sich deshalb ein wenig wie in einem Hockeyteam anfühlt. Vielleicht hat es auch damit etwas zu tun, dass durch die vielen Wechsel wieder jüngere und enthusiastischere Leute in die Band gekommen sind.

2012 gabe es ja den besetzungswechsel am Schlagzeug. Warum habt ihr euch für Rolf  Pilve entschieden? Kanntet ihr euch vorher schon?

Wir haben uns sehr viele Videos angeschaut, welche die Leute auf Youtube hochgeladen haben, was es zu einem langwierigen Prozess gemacht hat. Wenn sich jemand die Mühe macht, einen Song zu lernen und das Video dazu hoch zu laden, ist es das das Mindeste was sie verdienen, dass es sich jemand anhört und darüber nachdenkt. Wir haben uns wirklich alles angehört was man uns geschickt hat. Es waren wirklich sehr viele gute Musiker dabei, aber es muss natürlich auch die Chemie stimmen und das ist der Grund warum wir uns für Rolf entschieden haben. Das ist die Kurzform der Geschichte.

In eurem neuen Album Nemesis, sind viele moderne Elemente und es ist etwas düster gehalten. Kannst du mir etwas über den Entstehungsprozess erzählen?

Ich würde sagen er war exakt derselbe wie bei Polaris und Elysium. Jeder sammelt Material und schreibt seine Ideen auf und legt diese vor und wir entscheiden alle gemeinsam. Niemand hat gesagt „lasst uns jetzt etwas moderner werden“, es hat sich alles einfach so ergeben. Dies reflektiert die musikalischen Geschmäcker eines jeden Bandenmitglieds was auch wieder viel interessanter ist und sowohl bei mir wie auch bei den Fans für mehr Überraschungen sorgt. Es wäre ja auch langweilig wenn jedes Album irgendwie gleich klingt, so wie bei AC/DC (lacht). Die sind eine tolle Band, aber die Fans wollen doch nur alte Versionen der neuen Alben hören.

Gibt es eine Track auf Nemesis der für dich eine besondere Bedeutung hat?

Es gibt da einen Track, den wohl jeder zu vergessen scheint. Er heißt „One must fall“ und gehört zu meinen momentanen Lieblingstracks. Aber wie gesagt, ich denke das er zu denen gehört der von den anderen am wenigsten beachtet wird. Er ist sehr dynamisch, weil er sehr hohe und sehr tiefe Intensitäten beinhaltet. Es ist nie leicht, denn wenn man mittendrin in dem Ganzen ist,  bekommt man eine Art Tunnelblick sobald alles aufgenommen worden ist. Man hört sich mehrere Monate lang überhaupt nichts anderes mehr an. Man muss versuchen, konzentriert zu bleiben und man darf auch nicht den Verstand dabei verlieren. Wenn man sich die Lieder dann später noch mal anhört, kann man sie aus einer anderen Perspektive beurteilen.


Warum habt ihr euch entschieden für Halcyon Days ein Musikvideo zu machen?

Dieses Mal war es die Entscheidung des Plattenlabels. Wir haben dem Label eine Auswahl vorgelegt, weil die Leute dort diejenigen sind, die das Video vermarkten und dafür bezahlen. Wir haben quasi dem Manager gesagt, dass wir ein Video zu einem Track machen wollen und er eines auswählen soll. Es gibt auch noch eine Geschichte zur Unbreakabel Single. Es gibt eine finnische Radio Station, Radio Rock. Der Chef dieses Senders ist ein sehr guter Freund von Timo. Als sie sich auf ein paar Bier trafen, fragte ihn Timo „Welchen Song würdest du im Radio hören wollen?“ Seine Wahl fiel auf Unbreakable.

Was hört die Band privat an Musik?

Ich denke der Musikgeschmack der Band ist sehr vielseitig. Alle hören viele verschiedenen Arten der Musik, wie z.B.. Rock,Jazz…einfach alles.


Wie bist du auf den Metal gekommen?

Es war eher ein Unfall. Damals in Schweden bin ich von einer Band in die nächste gestolpert und diese wurden zunehmend härter. In einer dieser Bands haben wir ein Demotape gemacht und da kam dieser Typ der Yngwie (Malmsteen d. Red.) heißt und mich nach Kalifornien einlud, um zusammen was aufzunehmen. Danach wusste ich das Musik zu machen meine Bestimmung ist.


Gibt es einen Künstler der dich immer wieder auf Neue inspiriert?

Ich bin mir nicht sicher, aber wenn ich mir einen aussuchen müsste dann wären es wahrscheinlich Deep Purple, denn ich habe viel Musik von ihnen gehört als ich noch jung war. Als ich dann älter wurde habe ich erkannt das es verdammt cool ist in einer Band zu spielen…viel cooler als Fahrrad fahren oder andere langweilige Dinge zu machen. Ich kann mit Sicherheit sagen, dass jede Band in der ich bisher war niemals ohne Deep Purple existiert hätte.


Ich hab noch ein paar Fanfragen für Dich:

„Gibt es überhaupt genug Zeit auf einer Tour um zu schlafen?“

Schlafen! Das ist was ich am liebsten mache. In den ersten 2 Wochen nach Tourbeginn, ging es mir hundeelend und ich war sehr krank und habe versucht soviel wie möglich zu schlafen. Als es mir dann besser ging wurden die anderen alle krank, wahrscheinlich hab ich die angesteckt.

Du mußt es einfach versuchen. Letzte Nacht zum Beispiel..ich weiß gar nicht wann wir fertig waren, vielleicht um zwei Uhr nachts? Nach der Show ist man meistens noch so aufgeregt, dass man einfach nicht einschlafen kann. Ich glaube wir sind erst um vier Uhr  ins Bett. Ich habe furchtbar geschlafen, denn die Straßen in den Schweizer Alpen sind verdammt….pfffffrr…aaah!! fuck! shit!

Ist es bei euch so, dass der Ruhm und die weltweite Anerkennung Eitelkeiten mit sich bringt ? Wie schafft ihr es Tour und Privatleben gleichzeitig zu managen?

Ich denke, man wird ein bisschen zynisch. Es ist schwer für uns zu sagen, inwiefern wir jetzt Arschlöcher geworden sind. Es ist nie leicht Privat und Tourleben unter einen Hut zu bringen. Die Leute haben Beziehungen, machen miteinander Schluss, Scheidungen, all das gibt es sehr häufig. Aber was will man dagegen machen?

„Danke für deine Zeit und das tolle Interview!“

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Über den Autor des Beitrags

Runa

..immer da wo Metal spielt! Heavy, Black, Death, Pagan, Symphonic - Metal muss es sein. Bei Tribe-Online schreibe ich überwiegend Konzertberichte und mache Konzertfotos. Gerne dürft ihr mich auf FB adden und mir Konzertvorschläge zukommen lassen, oder für eure Events bei mir werben.

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