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Nick Cave – Mercy On Me

© Reinhard Kleist / Carlsen

Ein finsterer Western. Ein Junge verlässt die Enge seines Zuhauses, das mit einem tobsüchtigen Vater und der weinenden Mutter kein Heim mehr für ihn ist. Es ist der Text zu ‚The Hammer Song‘, der hier bebildert wiedergegeben wird. Szenenwechsel: Australien. Eine ‚Stand By Me‘-Idylle. Junge Lümmel, die sich mit Tagträumereien, Flegeleien und Mutproben durch den Tag schleppen. Dann Die 80er. Ein junger Mann voller Wut und Energie gründet in Australien mit Freunden seine erste Musikgruppe, die Punkband The Boys Next Door. Dass der Titelheld der Geschichte – Nick Cave – singt und somit Frontmann und Alphatier der Band ist, liegt daran, dass er zu dieser Zeit kein Instrument spielt.

© Reinhard Kleist / Carlsen

Zu Beginn werden bekannte Stücke von den Ramones oder Shaun Cassidy gecovert. Mit der ersten eigenen Platte im Gepäck suchte die Band ihr Glück fortan in London, nur um dort festzustellen, dass der Punkzug längst abgefahren ist und dafür die New Wave Bands boomen. In The Birthday Party umbenannt spielt man vor leeren Clubs für wenig Geld und lebte ein armseliges Leben in kalten Buden und Daurregen. Cave stellt das alles nicht zufrieden, er zieht weiter nach Berlin, wo er dann auf die Einstürzenden Neubauten trifft, um dann später im Club ‚Risiko‘ mit Blixa Bargeld und Mick Harvey die Bad Seeds zu gründen. Mädchen, Drogen, und mit dem Erfolg stellen sich auch richtige Probleme ein.

Die Fans kennen sie, die Biographie von Nick Cave. Die Graphic Novel ‚Nick Cave – Mercy On Me‘ von Reinhard Kleist (bekannt u.a. für seine Porträts ‚Castro‘ über Fidel Castro und ‚Cash – I see a darkness‘ über Johnny Cash, aber auch ‚Berlinoir‚) ist aber mehr als gezeichnete Stationen der erstaunlichen Karriere eines Musikers, mit den Stationen Australien, London, Berlin. Verwoben mit Caves eigener Geschichte ist auch das Schicksal seiner Schöpfungen, ob nun ‚Wild Rose‘ Elisa Day, dem Todeskandidaten aus ‚The Mercy Seat‘, dem Jungen aus ‚The Hammer Song‘ oder der Romanfigur Eucrid Eucrow aus ‚And the Ass Saw the Angel‘. Sie sind surreale Nebenstränge, dazu der Aufenthalt in einer Entzugsklinik, einem Fiebertraum gleich.

© Reinhard Kleist / Carlsen

Schwarz, weiß und wenig grau: Mit dem größtmöglichen Kontrast entstanden eindrucksvolle Bilder. Portraits, Auftritte, Fassaden, Clubs und ihre Konzertplakate, Publikum, Begegnungen oder die Albtraumhaften Illustrationen der Songtexte entwickeln einen spannenden Flow. Nick Cave selbst kommt hier als eigensinniger und unzufriedener Charakter rüber, der auch nicht übertrieben sympathisch dargestellt wird. Die Leidenschaft für Musik, Lyrik und Literatur, die an schierer Besessenheit grenzt werden dafür aber sehr gut transportiert, gerade durch die großen Bilder, die Cave an der Schreibmaschine oder dem Klavier zeigen. Der Fokus liegt ganz klar auf dem manischen Musiker Nick Cave, die wilden Zeiten als Begleiterscheinungen des Rock’N’Roll, der Sex und die Drogen, spielen eine untergeordnete Rolle.

Eine Biographie als Rahmenhandlung, dazu die Begegnung mit den Protagonisten aus Nick Caves Schaffen, eine ungewöhnliche, aber höchst unterhaltsame Verbindung.

Eine Leseprobe findet ihr auf der Verlagsseite zum Buch bei Carlsen.Viele weitere Comic-Reviews findest Du übrigens in unserem alphabetischen Index

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Über den Autor des Beitrags

Chris

Hört gerne Musik und redet/schreibt darüber.

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